Die perfekte Solarzelle aus Europa? EU schmiedet Pläne für China-Konkurrenz

4 Minuten
Schlüsseltechnologien wie Solarzellen möchte Europa nicht der asiatischen Konkurrenz überlassen. Ein Pilotprojekt soll nun helfen, die idealen Produktionsbedingungen für Solarzellen zu ermitteln, damit Europas Solarwirtschaft mit den Kampfpreisen aus Asien konkurrieren kann.
Die perfekte Solarzelle aus Europa - EU schmiedet Pläne für China-Konkurrenz
Die perfekte Solarzelle aus Europa - EU schmiedet Pläne für China-KonkurrenzBildquelle: Foto von Zbynek Burival auf Unsplash

Europas PV-Hersteller leiden bereits seit Monaten unter dem hohen Konkurrenzdruck durch chinesische Importe. Von einem regelrechten Preiskrieg ist die Rede, da die chinesischen Module in Deutschland teilweise unterhalb der realistischen Herstellungskosten angeboten werden. Lokale Hersteller sehen sich dadurch zunehmend in Bedrängnis. Nicht nur von möglichen Insolvenzen, sondern auch von einer Abwanderung aus Deutschland ist bei vielen Unternehmen die Rede. Ein Pilotprojekt soll jetzt die perfekte Solarzelle aus Europa liefern, bevor die lokalen Hersteller vollständig vom Markt verdrängt werden.

Die perfekte Solarzelle aus Europa – Qualität zu günstigen Preisen

PV-Anlagen haben sich als ein tragendes Element der Energiewende in Deutschland herauskristallisiert. Ihre Beliebtheit verdankt die Technologie primär der Kostenerleichterung, die sie auch privaten Haushalten liefert. Obwohl Solarzellen schon seit Jahrzehnten gefertigt werden, ist man noch längst nicht am Ende der technischen Möglichkeiten für die Zellen angelangt. Günstige Modulpreise sorgen für einen Zuwachs an PV-Anlagen in vielen Städten in Deutschland. Doch nicht immer ist ein günstiger Preis für alle Marktteilnehmer dabei eine gute Nachricht. Während private Haushalte so leichter denn je ihre Stromkosten senken, bedrohen die günstigen Preise aus China die lokalen Unternehmen. Wenn europäische Anbieter langfristig bestehen möchten, muss sich in den Fertigungsanlagen in Europa vieles ändern. Angefangen damit, wesentlich leistungsstärkere Solarmodule zu liefern.

Während man die konventionellen Module auf Siliziumbasis fertigt, entstehen in Laboren schon die Solarzellen der nächsten Generation. Sie werden auf Basis von Perowskiten hergestellt – einem Material, das seinem Namen einer besonderen Kristallstruktur verdankt. Dadurch können Module nicht nur dünner und leichter gefertigt werden und trotzdem einen höheren Wirkungsgrad liefern. Sie könnten auch wesentlich günstiger und einfacher herzustellen sein, sodass eine kosteneffiziente Massenfertigung in Europa keinerlei Schwierigkeit darstellt. Diese perfekte Solarzelle aus Europa soll die lokale Solarwirtschaft in die nächste Generation führen und gegen die asiatische Konkurrenz bestehen.

„Platform Zero“ soll die idealen Produktionsanlagen hervorbringen

Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, braucht es dafür eine möglichst effiziente und weitgehend automatisierte Fertigung der Solarmodule. Mit dem Ziel, genau eine solche Produktionsanlage zu schaffen, rief man das EU-Projekt „Platform Zero“ ins Leben. „Platform Zero“ entwickelt innovative Fertigungsansätze für vier Pilotanlagen, mit denen man die Produktionskosten senken will, obwohl die Produktqualität zugleich steigen soll. Damit das umsetzbar ist, muss die Fertigung so präzise erfolgen, dass man Ausschussware ausschließen kann.

Unterstützung erhält „Platform Zero“ dabei von zwei bekannten österreichischen Institutionen. Zum einen dem Austrian Institute of Technology (AIT), dessen Spezialgebiet innovative, Informatiklösungen darstellen, zum anderen das spezialisierte Forschungsunternehmen RISC Software aus Oberösterreich. Eine der neuen Anlagen soll beim Tiroler Photovoltaik-Start-up Sunplugged entstehen. Die ultradünnen Solarzellen, die mit der neuen Fertigung herstellbar sind, können flexibel eingesetzt werden. Vom Einsatz in Smartwatches bis hin zu großen PV-Anlagen wäre praktisch jede Anwendungsart vorstellbar.

Qualitätskontrolle soll über KI-Systeme erfolgen

Um die neuen Solarzellen herzustellen, sind zahlreiche Beschichtungsprozesse notwendig. Für Dünnschichtphotovoltaik arbeitet man hier mit aufbauenden Produktionsschritten, die verschiedene Beschichtungsprozesse durchlaufen. Alle nötigen Bestandteile der Zelle werden wahlweise aufgedampft oder mit einer präzisen Drucktechnik aufgesetzt – ganz gleich, ob es sich dabei um Halbleiter, leitende Elemente oder sogar die Verschaltung der Zellen selbst handelt. Die neue Fertigungsanlage soll die Resultate der einzelnen Produktionsschritte in einem Steuerungssystem genau überwachen. Dafür kommen nicht nur Kamerasensoren zum Einsatz, die oberflächliche Fehlstellen erkennen, sondern auch spektrografische Auswertungen, durch die das System Rückschlüsse auf die genaue Materialzusammensetzung der Schichtdicken ziehen kann. Für eine möglichst effiziente und genaue Kontrolle der Ware, will man das Fertigungssystem dafür mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) ausstatten, die man in Zusammenarbeit mit dem AIT speziell für diese Anlagen entwickelt.

Die künstliche Intelligenz soll mithilfe von Machine-Learning-Analysen lernen, verschiedene Fehlercharakteristika automatisch zu erkennen. Zusätzliche Hilfestellung soll die KI über ein physikalisches Modell erhalten, das den Fertigungsprozess auf Basis von aktuellen Messdaten mathematisch beschreibt. Die vier Pilotanlagen, die im Rahmen von „Platform Zero“ entstehen, werden auf diese digitalen Qualitätssicherungssysteme setzen. Neben der Anlage in Tirol sind weitere Standorte in Spanien, Deutschland und Polen geplant. Gelingt die Ermittlung von idealen Produktionsverfahren, könnten schon bald günstige und wesentlich effizientere Solarzellen direkt in Europa verfügbar sein.

Und was sagst du?

Bitte gib Dein Kommentar ein!
Bitte gibt deinen Namen hier ein