„Das Bild, dass der reichste Mann der Welt die ärmsten Kinder der Welt umbringt, ist nicht schön!“ – Diesen Satz sagte Gates im Gespräch mit der Financial Times. Thema war eigentlich die Zukunft seiner Stiftung, die bis 2045 aufgelöst werden soll. Bis dahin will er noch rund 200 Milliarden US-Dollar spenden. Mit dem Kommentar zielt Gates klar auf Musk ab, mit dem er sich seit Jahren öffentlich streitet. In einem ausführlichen Interview mit der New York Times legt Gates nach und erklärt, warum er Musk so hart kritisiert.
Klebt wirklich Blut an Musks Händen?
Natürlich tötet Elon Musk keine Kinder mit den eigenen Händen. Die Vorwürfe beziehen sich auf Musks Rolle beim Department of Government Efficiency (DOGE). Er hat maßgeblich dafür gesorgt, dass die US-Entwicklungsbehörde USAID fast komplett abgewickelt wurde. Laut Medienberichten fielen rund 80 Prozent der Programme weg. Zum Vergleich: USAID stellte 2023 weltweit knapp 44 Milliarden US-Dollar für Entwicklungshilfe bereit.
Obwohl US-Gerichte das schnelle Vorgehen als wahrscheinlich verfassungswidrig bewerten, wurden 1.600 Menschen entlassen. Im Ausland mussten fast alle Beschäftigten ihre Arbeit niederlegen. Besonders dramatisch: Die Regierung hat auf DOGE-Empfehlung viele Hilfsgelder eingefroren, auch für das bekannte HIV/AIDS-Programm Pepfar. Laut der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC Africa könnten dadurch zwei bis vier Millionen zusätzliche Todesfälle entstehen.
Und Tesla-Chef Musk? Der prahlt damit, die Behörde – die er als „Schlangennest von linksradikalen Marxisten, die Amerika hassen“ bezeichnet – in einem Wochenende „geschreddert“ zu haben, statt Party zu machen. Genau darauf spielt Gates im Interview an, wenn er sagt:
„In den nächsten vier Jahren – oder vielleicht acht Jahren, das weiß ich nicht – werden die tatsächlichen Geldmittel für diese Zwecke gekürzt, und zwar viel stärker, als ich erwartet hätte. Bei den Todesfällen von Kindern, die in den kommenden Jahren eigentlich von fünf Millionen auf vier Millionen hätten sinken sollen, werden wir nun – sofern es keine große Kehrtwende gibt – vermutlich von fünf Millionen auf sechs Millionen ansteigen.“
Fatale Situation in Mosambik
Im Gespräch mit der New York Times hat Bill Gates besonders auf die Situation in Mosambik hingewiesen, genauer gesagt auf die Region Gaza. Übrigens führte die Namensgleichheit mit dem Gazastreifen dazu, dass die US-Regierung fälschlicherweise behauptete, man habe Millionenbeträge für Kondome ausgegeben, die an Hamas-Kämpfer geliefert worden seien.
Gates betont, dass in dieser afrikanischen Region in den letzten 25 Jahren riesige Fortschritte erzielt wurden – Erfolge, die seiner Meinung nach viel zu wenig wahrgenommen werden. Jetzt aber fehlen dort durch die Kürzungen die Medikamente, die verhindern, dass Babys mit HIV geboren werden. Auf die Folgen angesprochen, sagt Gates: „Wegen dieser Kürzungen werden Millionen von Kindern zusätzlich sterben.“
Eine vorsichtige Einordnung
Lass uns das Ganze mal möglichst nüchtern betrachten. Klar ist: Impfungen, Malaria-Schutzprogramme und HIV-Behandlungen haben nachweislich Millionen Leben gerettet. Und klar ist auch: Ohne US-Gelder wäre das meiste davon kaum möglich gewesen.
Andererseits können wir aktuell nicht sicher sagen, dass wirklich Millionen tote Kinder direkt auf Elon Musks Handeln zurückzuführen sind. Dafür fehlen schlicht belastbare Daten – zum Beispiel, ob andere Länder oder Organisationen einspringen und Lücken füllen. Außerdem trägt Musk nur eine Mitschuld. Er handelt ja nicht im Alleingang, sondern setzt die Vorgaben von US-Präsident Donald J. Trump um.
Was bleibt? Das Handeln von Musk bzw. der US-Regierung ist unverantwortlich, da sind sich die meisten einig. Trotzdem ist es legitim – und wichtig –, auch die Entwicklungshilfe selbst zu hinterfragen. Stichwort: zu viel Bürokratie oder die Frage, ob das Geld wirklich dort ankommt, wo es gebraucht wird.
So oder so: Es werden Menschen sterben. Und leider auch solche, die ohne das Ende von USAID gute Überlebenschancen gehabt hätten. Bill Gates liegt mit seiner Einschätzung also grundsätzlich richtig. Aber die Behauptung, dass es Millionen Leben sind, die Elon Musk zu verantworten habe, sollte als Überspitzung eingeordnet werden.