Elektroauto im Winter: Tipps für mehr Reichweite bei Frost

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Wenn im Winter die Temperaturen fallen, solltest du beim Autofahren einige Dinge beachten. Nicht nur bei klassischen Pkw mit Verbrennungsmotor, sondern auch bei Elektroautos. Denn es gibt einige Dinge, die du wissen solltest, wenn du im Winter mit einem E-Auto unterwegs bist.
Prototyp des Mercedes-Benz EQA in winterlicher Abendsonne.
Schnee und winterliche Temperaturen sorgen für Nachteile bei der Reichweite von E-Autos.Bildquelle: Mercedes-Benz

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Kälte deinem Smartphone erheblich zusetzen kann. Im Winter haben Minusgrade direkten Einfluss auf die Akkulaufzeit, wenn das Handy draußen an der frischen Luft zum Einsatz kommt. Auch bei einem Elektroauto sorgen frostige Temperaturen für Einschränkungen. Denn Temperaturen unterhalb oder nur knapp oberhalb des Gefrierpunkts sorgen dafür, dass die oft ohnehin nicht sonderlich üppige Reichweite eines Elektroautos noch zusätzlich beschnitten wird. Grund ist der im Winter erhöhte Energiebedarf. „Bei Temperaturen von etwa +10 Grad Celsius und darunter laufen die physikalischen Prozesse in den Akkus von Elektromobilen langsamer ab“, weiß ein Sprecher von DEKRA zu berichten.

Elektroautos lieben ihre „Komfortzone“

„Bei dem aktuellen Stand der Batterie-Technik in Elektro- und Hybridfahrzeugen hat die Umgebungstemperatur immer Einfluss auf die Reichweite“, weiß eine Sprecherin des koreanischen Automobilherstellers Kia zu berichten. „Die bestmögliche Leistung erreichen Lithium-Ionen-Akkus in ihrem Wohlfühlbereich von circa 15 bis 25 Grad Celsius.“ Denn bei kalten Außentemperaturen nimmt der Innenwiderstand der Batterie zu, die Leitfähigkeit entsprechend ab. Und das wiederum sorgt dafür, dass sich auch weniger Energie entnehmen lässt als normalerweise üblich. „Niedrige Batterietemperaturen führen bei Lithium-Ionen-Batterien zu einer Erhöhung des Innenwiderstands der Batterie und damit zu einer Verschlechterung der Stromentnahme beim Fahren beziehungsweise der Stromaufnahme beim Laden“, ergänzt eine Sprecherin des japanischen Herstellers Mazda.

Die Folge: Auch wenn man sein E-Auto im Winter nur langsam fährt, um Energie zu sparen, sinkt die Reichweite. Bei ADAC und DEKRA geht man von 20 bis 30 Prozent weniger Reichweite aus als bei sommerlichen Temperaturen. Fährt man täglich mehrere Kurzstrecken ist der Reichweitenverlust unter Umständen noch höher. Denn dann ist es notwendig, das Fahrzeug mehrmals neu aufzuheizen, um für eine Wohlfühlatmosphäre an Bord zu sorgen. Und dieses Aufheizen ist der größte Energiefresser überhaupt.

Nicht zu vernachlässigen ist auch noch ein anderer Punkt. Auch das Akkupaket selbst muss man erst einmal auf Temperatur bringen, um es leistungsfähig zu machen. „Der Kapazitäts- und Reichweitenverlust kann durch die Vorwärmung von Innenraum und Batterie an einem Ladepunkt reduziert werden“, weiß ein Sprecher von Hyundai Motor Deutschland zu berichten. „Die Batterieheizung entnimmt hierbei die Energie aus dem Ladepunkt. Die Innenraumheizung hat die Funktion einer Standheizung, wobei die Energie ebenfalls aus dem Ladepunkt genommen werden kann.“ Eine Ladestation dient also nicht nur zum Aufladen des Autos. Sie übernimmt auch andere Funktionen, um den Komfort des Autos zu erhöhen.

WLTP-Reichweite ist nur ein Anhaltspunkt

Welche Auswirkungen Temperaturen außerhalb der „Komfortzone“ eines Elektroautos haben, wird deutlich, schaut man sich exemplarisch den Reichweitenrechner für den Skoda Enyaq (Test) an. Das tschechische Elektroauto der Tochtermarke von Volkswagen steht aktuell abhängig vom gewählten Modell mit einer WLTP-zertifizierten Reichweite von bis zu 573 Kilometern zur Verfügung. Tatsächlich hängt die echte Reichweite aber nicht nur von der Reisegeschwindigkeit ab, sondern auch von anderen Faktoren wie dem gewählten Fahrmodus, der Größe der Reifen, ein- oder ausgeschalteter Klimaanlage oder der Außentemperatur.

Fährt man etwa den Skoda Enyaq Coupé 85 im Sommer hauptsächlich innerorts (maximal 50 km/h) im Normalmodus ist eine Reichweite von bis zu 534 Kilometern möglich; bei 22 Grad Celsius Innentemperatur. Im Winter sinkt die Reichweite bei identischen Voraussetzungen auf 397 Kilometer. Die Reichweite sinkt also nach Berechnungen von Skoda um rund 30 Prozent. Ähnlich sieht es auf der Autobahn aus. Hier geht Skoda im Sommer bei einer Fahrt im Normalmodus bei eingeschalteter Klimatisierung von 398 Kilometern Reichweite aus. Im Winter sind bei einer Fahrt mit dem Skoda Enyaq Coupé 85 nur noch 296 Kilometer Reichweite realistisch – ein Minus von knapp 26 Prozent.

WLTP-Reichweite: Alles nur Theorie

Das alles sind aber nur theoretische Werte. Denn realistischer ist schließlich, dass man innerstädtisch mehrere kurze Strecken zurücklegt statt wenige lange. Und mehrere kürzere Ausflüge wirken sich in der Regel negativ auf die tatsächliche Reichweite aus. Vor allem dann, wenn im Winter zwischen den einzelnen Touren größere Pausen liegen und der Innenraum eines Elektroautos häufiger neu aufgeheizt werden muss.

Die in einem Pkw-Datenblatt hinterlegte WLTP-Reichweite liegt also gerade im Winter in der Regel deutlich über der tatsächlich zu erzielenden Reichweite. Gerade wer viel auf Autobahnen unterwegs ist, wird sein Auto häufiger neu aufladen müssen als im Sommer. Es ist also nicht nur ein flapsiger Spruch, wenn man sagt, dass sich E-Autos bei sommerlichen Temperaturen sehr viel wohler fühlen als im Winter. Es ist knallharte Realität.

Reichweite sinkt auch durch andere Verbraucher

Um die Reichweite eines E-Autos zu erhöhen, solltest du im Winter nach Möglichkeit darauf verzichten, zusätzliche Verbraucher zu aktivieren. Extras wie Heckscheibenheizung oder Spiegelheizung mögen zwar für mehr Komfort sorgen, verbrauchen aber reichlich zusätzliche Energie. Hingegen sind Sitzheizung und Lenkradheizung weniger energiehungrig. Ganz im Gegensatz zum Hochvolt-PTC-Heizer. Der kommt für die Erwärmung des Innenraums zum Einsatz und kann bei einzelnen Elektroautos bei hohen Minusgraden aber auch die Batterie heizen.

Denn Elektroautos können nicht auf die Abwärme eines Verbrennungsmotors zugreifen. Da die verbauten E-Motoren kaum Verlustwärme abgeben, muss eine zusätzliche Luftheizung zum Einsatz kommen. Sie heizt das Auto als Standheizung zwar anders als bei einem Verbrenner sofort und praktisch ohne Aufwärmphase auf, benötigt dafür aber auch reichlich Storm. Und je wärmer der Fahrer die Temperatur im Innenraum einstellt, desto mehr knabbert dies an der Reichweite seines Fahrzeugs. Tipp: Heizung auf Umluft stellen. Denn im Umluftbetrieb erwärmt sich der Innenraum schneller.

Energie sparen lässt sich auch, indem man ein elektrifiziertes Fahrzeug vorausschauend bewegt. „Dadurch wird mechanisches Bremsen vermieden und stattdessen kann rekuperiert werden, um Energie zurückzugewinnen“, sagt ein Sprecher von Volkswagen in Wolfsburg. Er rät auch, darauf zu achten, dass ein Elektroauto mit LED-Scheinwerfern ausgestattet ist, wie sie zum Beispiel beim VW ID.3 serienmäßig zum Einsatz kommen. „Diese benötigen rund 73 Prozent weniger Energie als herkömmliche Halogen-Scheinwerfer.“

Tipp im Winter: Elektroauto vorheizen

Um den Energieverbrauch eines Elektroautos während der Fahrt zu reduzieren, sollte man es im Winter möglichst schon vorheizen, während es zum Beispiel noch an der Wallbox geladen wird. Oft lässt sich dieser Vorheizvorgang über eine App des Autoherstellers starten. Der ADAC rät zudem, das Auto im Winter nach Möglichkeit immer in einer Garage zu parken, um ein Auskühlen des Akkus zu vermeiden. Trotz Isolierungen ist das nämlich hauptsächlich bei hohen Minusgraden schnell möglich.

In jedem Fall solltest du bei eisigen Temperaturen zudem immer damit rechnen, dass die vom Bordcomputer errechnete Maximalreichweite nach einer frostigen Nacht am Morgen geringer ausfällt als noch am Vorabend. Wenn du also im Winter eine längere Strecke am Folgetag geplant hast, kann es sich lohnen, dein Elektroauto abends nochmals aufzuladen.

Außerdem ist es wichtig, zu wissen, dass eine Elektroauto-Batterie länger benötigt, um aufzuladen, wenn sie kalt ist. Deswegen ist es ratsam, einen Ladevorgang besser abends nach einer Fahrt zu beginnen als morgens mit stark abgekühlten Akkus. Während der Fahrt ist es nach Angaben des ADAC zudem ratsam, den Fahrmodus auf „Eco“ zu stellen. Im besten Fall verhinderst du auf schneebedeckten Straßen so nämlich das Durchdrehen der Reifen, was ebenfalls Energie spart. Und sportliches Fahren ist auf schneebedeckten Straßen ohnehin unangebracht.

Wissen solltest du zudem: Das Laden eines E-Autos dauert im Winter länger. Das ist auch so gewollt. „Da eine zu hohe Stromentnahme beziehungsweise Stromaufnahme die Alterung der Batteriezellen bei niedrigen Batterietemperaturen beschleunigen würde, wird bei sehr niedrigen Temperaturen die Motorleistung beziehungsweise Ladeleistung beim DC-Schnellladen durch das Batteriemanagementsystem begrenzt“, weiß eine Sprecherin von Mazda zu berichten.

Wärmepumpe im Elektroauto kann ein hilfreiches Extra sein

Wenn du im Winter häufig unterwegs bist, empfiehlt sich der Einsatz einer von vielen Herstellern optional angebotenen Wärmepumpe. Sie verdichtet Kältemittel unter hohem Druck. Die dabei entstehende Wärme lässt sich nutzen, um durchströmende Kaltluft zu erhitzen. Dadurch wird weniger Energie aus der Batterie für die Heizung genutzt. „So werden aus 1 kW elektrischer Energie aus der Batterie bis zu 2 kW Wärme“, erklärt ein Sprecher von Volkswagen. Zunehmend sind Wärmepumpen Teil der Serienausstattung eines E-Autos.

Grundsätzlich fahrbereit sind Elektroautos bis zu einer Temperatur von etwa –40 Grad Celsius. Temperaturen, die in Deutschland so schnell nicht zu erwarten sind. Ein Plug-in-Hybrid-Fahrzeug wird in der Regel bei Temperaturen unter –10 Grad in aller Regel immer mit dem Verbrenner starten. Der benötigt im Frostbereich zwar auch mehr Energie, um warmzulaufen, schont aber die empfindliche Akkutechnik und verlängert so deren Lebensdauer.

Zudem ist Besserung im Hinblick auf die Reichweite in Sicht. Denn die Forschung an Batterien für E-Autos wird konsequent vorangetrieben. Das dürfte in den kommenden Jahren mit weiteren Zugewinnen bei der Reichweite verbunden sein.

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4 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Andreas V.

    Ich glaube verstanden zu haben daß der Wohlfühlbereich eines Li-Ionen-Akkus eher mal zw. 25 u. 40 °C liegt.

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  2. Nutzerbild Hans-Joachim Bremer

    Ich frage mich ständig ,,was wollen uns die Hersteller mit nicht ausgereiften Produkten eigentlich sagen,, Wer die Bedeutung von ,,Eigentlich,, kennt weiß sehr wohl das es immer nur um Profit geht!!!!!!!! Meine Strategie bleibt immer; Preis/Leistungsverhältnis muss stimmen!!!!!!!!! Schlussendlich heißt es auch ,,Marktwirtschaft,, und dies bedeutet Folgerichtig ich kaufe nur Produkte die ich brauche bzw. von deren Brauchbarkeit ich überzeugt bin. Davon ist die Elektroautobranche noch ,,Meilenweit,, entfernt. Und ich hoffe immer noch , das der Markt nicht die Nachfrage reguliert, sondern der Markt sich öffnet nach Angebot/ Nachfrage ( Brauchbarkeit sollte immer an erster Stelle sein ?????)

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  3. Nutzerbild Hans-Joachim Bremer

    Noch eine Anmerkung; Für Kurzstrecken geh ich immer zu Fuß….ein Auto muss in der heutigen Zeit viel mehr bieten, wenn es um Nachhaltigkeit geht!!!!!! Nicht leicht, ich weiß…..jedoch stelle ich auch keine Autos her, das überlasse ich den ,,Profis,,

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  4. Nutzerbild Karsten Frei

    Ist das noch Auto fahren oder sportliches Extremstromsparen?
    Was sollen bitte schön alle Autofahrer machen, die über Nacht das Auto draußen parken?
    Wenn ich die Tipps lese, kriege ich Angst vom E-Auto.

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