KOMMENTAR

Superintelligenz: Rettet Meta die Welt? Oder ist das PR-Bullshit?

8 Minuten
Mark Zuckerberg erklärte diese Woche, dass Meta der sogenannten „Superintelligenz“ immer näherkommt. Und nicht nur das: Jede und jeder von uns soll seine eigene Version davon erhalten. Klingt nach Weltrettung – oder doch eher nach einem Albtraum? Ich verrate dir, wie ich das sehe.
Die Silhouette eines Tech-CEOs steht vor einer Miniaturausgabe einer gespaltenen Welt.
Wohin geht die Reise der Menschheit mit SuperintelligenzBildquelle: KI-generiert

Wir haben bereits darüber berichtet, dass Zuckerberg überzeugt ist, Meta sei der Superintelligenz einen großen Schritt näher. Die entscheidende Frage an dich: Hast du dir eigentlich schon einmal ernsthaft überlegt, was das bedeuten könnte? Ich schon – und dabei sind mir gleich mehrere Punkte in den Kopf geschossen, die alles andere als beruhigend sind.

Mal ganz ehrlich: Sind wir uns nicht einig, dass Zuckerbergs große Ankündigung weniger nach echter Zukunftsvision klingt und vielmehr nach cleverer PR-Show? Gerade beim Verkünden von Quartalszahlen gehört es inzwischen fast schon zum guten Ton, das Publikum mit optimistischen Zukunftsbildern zu beeindrucken. Elon Musk hat diese Methode zur Perfektion getrieben: Elon Musk hat diese Strategie perfektioniert, fast jede Ankündigung des Tesla-Chefs versprüht diesen penetranten Duft von Vaporware – also einer Zukunftsvision, die nie wirklich in der Realität landet.

Was ist eigentlich Superintelligenz?

Bevor wir weiter über Zuckerbergs Ankündigung sprechen, lasst uns kurz klären, worum es überhaupt geht. In der KI-Welt tauchen immer wieder Begriffe wie AGI, ASI und Superintelligenz auf. AGI – also Artificial General Intelligence – ist der nächste große Meilenstein, an dem OpenAI, Google und Co. arbeiten. Damit ist eine KI gemeint, die so schlau ist wie ein Mensch. Nicht nur in einer Disziplin, wie ChatGPT beim Schreiben, sondern in allen Bereichen – von sozialem Umgang über Mathematik bis hin zu Kreativität.

Eine Person arbeitet an einem Laptop mit dem ChatGPT-Logo, daneben eine Kaffeetasse.
ChatGPT ist ein mächtiges Werkzeug – aber noch weit weg von „AGI“.

ASI (Artificial Superintelligence) wird meist gleichbedeutend mit Superintelligenz verwendet und bezeichnet eine KI, die den Menschen weit übertrifft. So sehr, dass selbst die klügsten Köpfe der Welt zusammen nicht an ihre Problemlösungsfähigkeiten herankommen. Genau von so einer Stufe spricht Mark Zuckerberg – und er will, dass jeder von uns in naher Zukunft seine eigene Version davon hat.

Zwei Dinge solltest du zu diesen Begriffen noch wissen:

  • Keine einheitliche Definition: OpenAI betrachtet AGI als erreicht, wenn KI die meisten wirtschaftlich wichtigen Aufgaben besser löst als ein Mensch. Google orientiert sich eher an Benchmarks und realer Nutzbarkeit. Die Grenzen sind schwammig – perfekt für PR, weil jedes Unternehmen sich die Definition so drehen kann, wie es gerade passt.
  • Unklare Zeitpläne: Fachleute sind sich nicht einig. Manche halten AGI bis 2030 für realistisch, andere bezweifeln, dass wir sie jemals erreichen werden.

Was Zuckerberg sagt, was er meint – und wieso das furchtbar ist

Gleich vorweg: Ich spreche hier zwar über Zuckerbergs Pläne, aber täusch dich nicht – ähnliche Gedanken dürften auch in den Köpfen anderer Tech-Giganten herumschwirren. Mit seiner jüngsten Ankündigung hat Mark Zuckerberg jedenfalls klar gezeigt, dass er sich nicht mit AGI aufhält. Sein Ziel ist direkt die Superintelligenz. Und was das für uns heißen kann, formulierte er unmissverständlich:

Die Vision von Meta ist es, jedem Menschen persönliche Superintelligenz zugänglich zu machen. Wir glauben daran, diese Kraft in die Hände der Menschen zu legen, damit sie sie für das einsetzen können, was ihnen in ihrem Leben wichtig ist.

Er zeichnet damit ein Bild in leuchtenden Farben: Superintelligenz, die uns hilft, Ziele zu erreichen, Abenteuer zu erleben, unser volles Potenzial zu entfalten. Klingt traumhaft, oder? Aber Vorsicht – wir reden hier von demselben Mann, der einst mit Facebook die Welt „offener und vernetzter“ machen wollte.

Und wo stehen wir heute? In einer Welt, in der die Menschen sich an die Gurgel gehen – vielleicht vernetzter, aber auch gespaltener denn je. Zuckerberg und sein Algorithmus haben daran kräftig mitgewirkt.

Das Ironische: Ich glaube ihm sogar, dass er die Welt wirklich verbinden will. Aber er liebt eben auch Macht und Geld. Spätestens sein Kniefall vor Trump Anfang 2025 macht ihn in meinen Augen ungeeignet für die Rolle des Weltretters – auch wenn er sich darin wohlfühlt.

Mein größtes Problem, was ich damit habe, liefert er im selben Text mit, in dem er auch den Stand bei der Superintelligenz thematisiert. Er offenbart uns nämlich auch die Lösung, in Form von smarten Brillen, wie wir sie bereits kennen – Brillen wie die Ray-Ban Meta Skyler.

Ray-Ban Meta | Headliner
Geht es nach Meta, schauen wir alle bald täglich durch eine solche Ray-Ban-Meta-Brille.

In seinem Brief betont er, wie toll es ist, dass diese Brillen sehen, was wir sehen, und hören, was wir hören. Genau da wird es unheimlich: Die wohl größte Datenkrake der Welt ist längst nicht mehr mit unseren Namen, Fotos oder Gedanken zufrieden. Bald will Meta auch noch jedes Bild und jedes Geräusch deines Tages mitschneiden.

Das hieße: Wir kippen Meta noch mehr Daten zu – einen extrem wertvollen Rohstoff, um uns besser zu durchleuchten, KI zu trainieren und Unmengen Geld zu verdienen. Alles bequem innerhalb des eigenen Metaversums, sprich: Metas geschlossenem Ökosystem. Wer die Superintelligenz nutzen will, müsste sich Meta praktisch vollständig ausliefern: Nimm unsere Daten, sperr uns in deinen Walled Garden – und verkauf uns am besten gleich noch deine neue Brille dazu.

Mehr Geld, mehr Macht – und weniger Transparenz

Meta betont, dass Superintelligenz eine hochriskante Technologie sei – und will deshalb nicht mehr alles öffentlich machen. Open Source gilt künftig nur noch für die Bereiche, die Meta freigibt. Das klingt verdächtig danach, gezielt zu verhindern, dass andere ebenfalls Superintelligenz entwickeln können.

Ich traue dem Unternehmen außerdem zu, dass es mit diesem Ansatz gleich noch einen Hebel gegenüber der Politik in der Hand hat. So in der Art: „Ihr wollt uns streng regulieren? Aber wollt ihr wirklich verhindern, dass wir allen Menschen in Europa eine persönliche Superintelligenz schenken?“

Unser generelles Problem mit Superintelligenz

Dabei geht es gar nicht nur um Mark Zuckerberg und Meta – die anderen Tech-Giganten denken nicht anders. Das eigentliche Problem sitzt tiefer: Unsere Gesellschaft ist für eine so mächtige Technologie schlicht noch nicht bereit.

Die größte Gefahr ist nicht, dass uns eine KI auslöscht. Das eigentliche Risiko liegt darin, dass wir selbst nicht verantwortungsvoll genug mit ihr umgehen können. Aus meiner Sicht gibt es drei zentrale Hürden:

  • Globale Uneinigkeit – Ob Kultur, Religion oder Wissensstand: Wir sind zu verschieden, um uns auf einheitliche Regeln zu einigen. Ohne globale Standards droht ein Flickenteppich aus Alleingängen.
  • Ungleiche Machtverteilung – Geld und Einfluss konzentrieren sich auf wenige Personen und Unternehmen. Manche CEOs sind mächtiger als Regierungen – und ihr Einfluss wächst mit jeder neuen Technologie.
  • Exklusivität statt Offenheit – Wer Superintelligenz zuerst hat, wird sie kaum freiwillig teilen. Im Gegenteil: Die Versuchung, sie zu monopolisieren, ist riesig.

Wir brauchen ein Level Up für die Gesellschaft

Ehrlich gesagt: Wir haben in über 30 Jahren nicht einmal das Internet wirklich verstanden. Wie sollen wir dann in kurzer Zeit begreifen, was Superintelligenz bedeutet? Wir brauchen dringend eine kompetentere, gebildetere, medienerfahrenere Gesellschaft – ein echtes Level Up. Erst wenn wir Fake News erkennen, Fakten akzeptieren und uns auf Regeln verständigen, können wir diese Technologie verantwortungsvoll nutzen.

Ein comichaftes Bild, das einen digitalen Riss in der Gesellschaft darstellt – mit Senioren llinks und jüngeren Menschen rechts des Risses.
Der digitale Riss geht mitten durch unsere Gesellschaft

Aber wie und wie schnell soll das funktionieren? Schaut Euch im Netz um: Wohin man blickt, streiten Leute. Nicht nur der digitale Graben spaltet uns. Wir schmoren in unseren ideologischen Bubbles im eigenen Saft, und blicken zu selten über Tellerränder. Als Gesellschaft haben wir noch ein paar harte Jahre vor uns. Wir werden wohl erst durch einiges Chaos gehen müssen, bevor es besser wird.

Es braucht eine Gesellschaft, die reif genug ist, um solche Entscheidungen zu treffen – eine, die nicht mehr in Wahl-Desastern wie Trump endet. Wir müssen Strukturen finden, um egoistische Entscheider loszuwerden, die eine überlegene KI nur für sich behalten würden, aus Macht- oder Profitgier. Erst dann können wir hoffen, dass eine mächtige KI wirklich Probleme löst, die heute noch unlösbar wirken: Hunger, Krankheiten, Klimawandel und vieles mehr.

Mein persönliches Fazit

Ja, eine positive, vielleicht sogar utopische Zukunft ist durchaus möglich. Aber sie ist nur eine von zwei Wegen. Ebenso leicht können wir in eine Dystopie abbiegen. Das Bittere: Eigentlich wäre es einfach – mit Zusammenhalt, Empathie und dem Willen zur Veränderung könnten wir schon heute viel bewegen. Doch wie wollen wir uns bei so etwas Komplexem einigen, wenn’s nicht mal bei Tempolimits oder der Zeitumstellung klappt?

Genau deshalb reicht es nicht, nur auf Politik und Tech-Milliardäre zu zeigen. Es betrifft uns alle. Wir müssen offener, verantwortungsvoller und vielleicht auch unbequemer werden. Bevor uns Superintelligenz helfen kann, müssen wir erst uns selbst helfen.

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