Früher Morgen. Unser Redakteur hat sich entschieden. Am Abend zuvor durchforstete er die Angebote auf eBay, um sich einen Ersatz für seine 2020 erworbenen In-Ear-Kopfhörer Samsung Galaxy Buds+ zu kaufen. Nicht etwa, weil diese nach so langer Zeit den Geist aufgeben. Im Gegenteil: Weil sie nach wie vor hervorragend funktionieren. Und siehe da, anscheinend ist dasselbe Modell als Restposten bei einem eBay-Händler noch immer zu haben. Nach so langer Zeit für einen Preis von nunmehr lediglich 25 Euro. „In-Ear-Kopfhörer Galaxy Buds+ R175N True Wireless Earbud, Bluetooth“ heißt es in der Produktbeschreibung. Samsung wird nicht erwähnt. Dafür findet sich der Schriftzug auf vielen Bildern der Kopfhörer und ihrer Boxen. Und der Verkäufer? 100 Prozent positive Bewertungen bei 89 Verkäufen (mittlerweile 99,5 Prozent bei 1.172 Verkäufen). Ein No-Brainer! Zumindest, bis die Kopfhörer einige Tage später geliefert werden.
Ein böses Erwachen
Wäre unser Redakteur ein durchschnittlicher Neukäufer, wäre die Geschichte hier vermutlich zu Ende. Schnelle Lieferung, Ware wie bestellt, gerne wieder. Möglicherweise hätte sich der Käufer später über die vergleichsweise schlechte Tonqualität geärgert und sich vorgenommen, beim nächsten Mal zu einem anderen Hersteller zu wechseln. Doch diesmal lief es anders ab. Denn unser Redakteur war kein „Neukäufer“, sondern nutzte exakt die gleichen Kopfhörer bereits seit knapp fünf Jahren. Außerdem hatte er ein originales Modell für den Abgleich zur Hand. Und dieser offenbarte eine ganze Menge.
An dieser Stelle dürfte allen bereits klar sein, dass es sich bei dem eBay-Kauf um eine Fälschung handelte – vermeintlich. Da Samsung sich nicht in der Lage sah, uns anhand von Fotos weder die Falschheit noch die Echtheit der Kopfhörer zu bestätigen, sprechen wir folgend trotz der unten aufgeführten Unterschiede von einer vermeintlichen Fälschung. Allerdings einer, die auf den ersten Blick kaum von dem Original zu unterscheiden ist. Die gleiche Verpackung, das gleiche Case, die gleichen Ohrstöpsel. Erst der zweite Blick offenbart zahlreiche Ungereimtheiten.

So findet sich auf der Verpackung zwar oben ein Samsung-Schriftzug, nicht jedoch auf dem Bild. Die Case-Kappe hat kaum Widerstand und schwankt daher munter hin und her, während der Schriftzug „Samsung Sound by AKG“ draufgedruckt und nicht reingestampft ist. Im Inneren sind die Ohrhörer etwas anders positioniert und auch das Material scheint ein anderes zu sein. Die Anzeige „L R“ ist derweil nicht gummiert und das leicht schief verbaute Lämpchen leuchtet voll geladen blau und nicht grün. Abschließend ist der Druck auf der Unterseite des Cases mangelhaft und das Gewicht ist mit 40 gegenüber 53 Gramm (Original) zu gering. Alles in allem: mangelhafte Produktqualität. Das jedoch fällt in den meisten Fällen nur auf, wenn man die echten Samsung-Kopfhörer kennt. Und genau das ist der Knackpunkt.

Sind deine Kopfhörer, Wearables und Co. wirklich original?
Wie bereits erwähnt, dürfte es dem Otto Normalverbraucher schwerfallen, die vermeintlich gefälschten Kopfhörer als solche zu identifizieren. Zumal sich die Kopfhörer tatsächlich verbinden lassen und funktionieren, obwohl die Soundqualität natürlich nicht ansatzweise mithalten kann. Und dennoch, betrachtet man die fast durchgehend positiven Bewertungen – die wohlgemerkt teils auch von Käufern stammen, die andere Produkte des Händlers erworben haben –, scheint es so, als seien diese mit der vermeintlichen Fälschung zufrieden. Wie das?
Höchstwahrscheinlich, weil sie eben nicht bemerken, wenn es sich bei der gelieferten Ware um eine Fälschung handelt. Es kann also durchaus der Fall sein, dass auch du schon mal in Kontakt mit Technik-Plagiaten gekommen bist, ohne dass es dir auffiel. Doch was, wenn man nach einigen Tagen, Monaten oder gar Jahren feststellt, dass die Samsung-Kopfhörer nicht von Samsung oder die Fitbit-Aktivitätstracker nicht von Fitbit sind? Welche Rechte haben deutsche Käufer in so einem Fall? Insbesondere, wenn Widerrufsrecht, Garantie und Gewährleistung bereits abgelaufen sind?
Allgemeines Recht
Laut der Verbraucherzentrale tritt grundsätzlich keine Erfüllung ein. „Juristisch sagt man, dass es aliud geliefert wurde“, erklärte uns ein Sprecher. Käufer haben das Recht, auf die Lieferung der vereinbarten Ware zu bestehen. Das allerdings nur im Rahmen der regelmäßigen Verjährung – also innerhalb von drei Jahren. Wobei die Frist nach Angaben von eBay erst in dem Moment beginnt, in dem die Käufer bemerken, dass es sich bei einem Artikel um eine Fälschung handelt. Wenn der Käufer den Kaufvertrag aufgrund einer Täuschung anfechten möchte, muss er dies ferner schriftlich innerhalb eines Jahres tun, nachdem er Kenntnis von der Täuschung erlangte.
eBay-Käuferschutz
eBay unterstrich uns gegenüber, dass das Anbieten von Fälschungen und rechtswidrigen Repliken/Kopien bei eBay grundsätzlich nicht erlaubt sei. Wurde eine solche Ware erworben, können Käufer den eBay-Käuferschutz in Anspruch nehmen. Hier liegt die maximal mögliche Reklamationsfrist allerdings bei nur 30 Tagen nach geplanter Zustellung. Dabei wendet man sich zuerst an den Verkäufer, hat jedoch anschließend die Möglichkeit, eBay zur Klärung des Falls unmittelbar einzubeziehen. Diese Option dürfte einfacher und schneller sein, setzt jedoch voraus, dass die Täuschung schnell auffliegt. Was anscheinend nicht immer der Fall ist.
Gefälschte Produkte erkennen und vermeiden
Sowohl eBay als auch Samsung versicherten uns gegenüber, gegen Plagiate vorzugehen. Bei Samsung würden dazu etablierte Prozesse existieren, die unter anderem ein laufendes Monitoring über unterschiedliche Marktplätze hinweg einschließen. Bei Verdachtsfällen und aufgedeckten Verstößen würde man entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Auch verriet der südkoreanische Hersteller, auf welche Merkmale Verbraucher im Allgemeinen achten müssen: „Dazu gehören unzureichende Kennzeichnungen, mangelhafte oder minderwertige Verpackungen, unsauber gedruckte Etiketten sowie nicht verlinkte QR-Codes. Je nach Produktart kann zudem auffallen, dass sich das Produkt nicht wie vorgesehen mit den offiziellen Samsung-Applikationen über Bluetooth verbinden lässt.“
Derweil gab uns eBay die folgende Liste mit Hinweisen für Käufer an die Hand, wobei einige davon eher auf Betrugsfälle im Allgemeinen denn konkret auf gefälschte Produkte ausgelegt zu sein scheinen:
- Auf realistische Preise achten (unrealistisch niedrige Preise können ein Warnsignal sein)
- Detaillierte Produktbeschreibungen und aussagekräftige Originalfotos prüfen
- Auf kurzzeitige Angebote achten – besonders bei Laufzeiten von nur einem Tag
- Nur über eBay-Nachrichten kommunizieren und keine Käufe oder Zahlungen außerhalb von eBay abschließen
- Sichere Zahlungsmethoden nutzen, die vom eBay-Käuferschutz abgedeckt sind
Eine weitere Möglichkeit, gefälschte Bestellungen frühzeitig zu entlarven, ist, das Produkt bei einem Elektronikhändler mit dem Original abzugleichen. Oder zumindest die offiziellen Fotos auf der Herstellerseite zurate zu ziehen.
Ernstgemeintes Angebot: 8 Euro Erstattung
Zurück zu unserem Fall: Wir haben den vermeintlichen Braten ziemlich schnell gerochen und über eBay Kontakt mit dem Verkäufer aufgenommen, um eine Rückerstattung des Kaufpreises zu veranlassen. Zuerst wollte der Verkäufer weitere Details haben, dann zeigte er sich jedoch einsichtig und bot uns eine Erstattung in Höhe von 8 Euro an – bei einem Kaufpreis von knapp 25 Euro. Erst als wir nicht locker ließen und das beinahe schon dreiste Angebot entschieden ablehnten, erklärte sich der Verkäufer bereit, die volle Rückerstattung per Rückgabeantrag vorzunehmen. Als Grund sollten wir „nicht mehr benötigt“ oder „kein Grund“ auswählen. Das selbstverständlich, damit sein Profil sauber bleibt und er nicht in den Fokus von eBay gerät.
