Jeder zweite Haushalt von drastischer Änderung für Heizsystem betroffen

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits mit dem Heizungsgesetz im vergangenen Jahr für Verunsicherungen in der Bevölkerung gesorgt. Jetzt könnte vielen Haushalten ein weiteres Bangen um die eigenen Heizsysteme bevorstehen. Denn der Politiker wünscht sich einen Gasnetz-Rückbau.
Jeder zweite Haushalt von drastischer Änderung für Heizsystem betroffen
Jeder zweite Haushalt von drastischer Änderung für Heizsystem betroffenBildquelle: Foto von Julian Hochgesang auf Unsplash

Die kommenden Jahre werden für Haushalte, die Gas beziehen, keine erfreulichen werden. Dieses Mal steht dabei nicht die mögliche Preisexplosion für das Gas im Vordergrund, sondern ein Abbau der Netze, die das Gas überhaupt zu den Heizsystemen liefern. Jeder zweite Haushalt in Deutschland ist davon betroffen und könnte so bereits bis 2034 ohne eine Gasversorgung sein. Dabei wären sogenannte „H2 Ready“-Gasheizungen, die zukünftig mit Wasserstoff betrieben werden könnten, nach dem Heizungsgesetz eigentlich erlaubt.

Wasserstoff wird nicht in ausreichender Form zur Verfügung stehen

Habecks Ministerium scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, den bereits zahlreiche Experten vorhersagten: Wasserstoff wird als Rohstoff nicht in der benötigten Menge vorhanden sein, um Gasheizungen flächendeckend damit zu betreiben. Selbst wenn es gelingen sollte, sich ausreichend Ressourcen des hergestellten Elemets zu sichern, wären die Kosten viel zu hoch, um damit tatsächlich zu heizen. Insbesondere, nachdem nun zahlreiche Projekte, die Wasserstoff für Deutschland hätten liefern sollen, nicht mehr zu den gleichen Preisen realisiert werden konnten. Die Folge: Wasserstoff könnte noch teurer werden, als man bereits in den ursprünglichen Berechnungen angenommen hat. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint ein weiterer Ausbau oder Umbau der Gasnetze auf Wasserstoff als Alternative nicht zielführend zu sein. Stattdessen will sich Habeck für einen Rückbau der Netze einsetzen. Die Stilllegung für zahlreiche Haushalte soll innerhalb der nächsten 20 Jahre geschehen.

Bis 2045 sollen die Gasnetze drastisch zurückgebaut worden sein. Aus Sicht der Regierung werden die Gasverteilernetze für die Erdgasversorgung nicht mehr in der gleichen Form oder demselben Umfang benötigt, wie es heute der Fall ist. Bisher beziehen mehr als 50 Prozent der Haushalte in Deutschland Gas. Somit wäre jeder zweite Haushalt in Deutschland von einem Rückbau der Gasversorgung betroffen. Aber: Laut Energiebranche sollen es zukünftig weniger als 20 Prozent der Haushalte sein, die weiterhin mit einer Gasheizung heizen. Für Millionen von Vermietern und Mietern in Deutschland bedeutet das, in den kommenden 20 Jahren bleibt das Gas womöglich aus. Eine Umrüstung des Heizsystems wird dadurch erforderlich. Sowohl finanzielle Hilfen als auch ausreichend Zeit zum Umstieg auf andere Heizsysteme will man der Bevölkerung gewähren. Eine konkrete Planung, wann welche Zonen von einem Rückbau betroffen sein werden, liegt bisher jedoch nicht vor.

FDP spricht sich weiterhin für Wasserstoff und Biomethan aus

Nachdem bereits das Heizungsgesetz auf wenig Gegenliebe in der Bevölkerung gestoßen war, dürfte es mit der neuen Ankündigung ähnlich aussehen. Zu groß sind die Unsicherheiten für Besitzer von Gasheizungen. Insbesondere, wer in jüngster Vergangenheit in die Heizsysteme investiert hat, dürfte diesen neuen Regierungsplan kaum begrüßen. Vielen steht nun eine zweite Phase des Bangens bevor, welche genauen Veränderungen auf sie zukommen. Und mit wie hohen Kosten für private Haushalte sie letztlich verbunden sein werden.

Die FDP spricht sich derweil weiterhin für Wasserstoff und Biomethan als Alternativen zum heutigen Erdgas aus. Die Partei möchte das Heizgesetz weiterhin so technologieoffen für möglich halten. Fraktionsvize Lukas Köhler bezieht gegenüber der „Bild“ hier eine klare Stellung. „Es ist kein Hexenwerk Wasserstoff herzustellen“, teilte er mir. Darum rechne er damit, dass Wasserstoff frühestens in etwa zehn Jahren „gut und günstig verfügbar“ sein werde. Pläne, die eine Stilllegung von Gasnetzen vorsehen, hält er für nicht angebracht. Den Preis-Optimismus der FDP scheint jedoch niemand zu teilen.

Zwar gibt es Projekte, die sich mit einer möglichst günstigen Produktion von Wasserstoff über Offshore-Windturbinen beschäftigen oder die nach natürlichen Wasserstoffquellen weltweit suchen. Bisher gibt es jedoch keinen Durchbruch auf dem Gebiet, der tatsächlich für einen branchenweit günstig verfügbaren Wasserstoff in ausreichender Form spräche. Insbesondere grüner Wasserstoff, wie er zum Erreichen der 65-Prozent-Quote nötig wäre, kann nicht in ausreichender Menge verfügbar sein, um sämtliche deutschen Haushalte mit Gasheizungen flächendeckend mit Wärme zu versorgen. Zahlreiche Industrien in Deutschland werden das Rohstoffvorkommen benötigen, um die Produktion von wichtigen Gütern klimaneutral fortsetzen zu können. Das dürfte nicht nur Unmengen der herstellbaren Ressourcen beanspruchen – es treibt auch den Preis für grünen Wasserstoff zusätzlich hoch. Bedenkt man zugleich, dass man von dem teuren Wasserstoff rund sechsmal so viel benötigt, um einen Raum zu heizen wie im Vergleich zum Einsatz einer effizienten Wärmepumpe, wird das ein teures Erwachen für Gasheizungsbesitzer.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Karsten Frei

    Ich hoffe, dieser Minister wird zur Verantwortung gezogen, für all das, was er angerichtet hat.

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