Glasfaser-Ausbau vor dem Aus: Vorwürfe gegen die Telekom

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Der Ausbau des schnellen droht Internets zu scheitern. Der Grund: Zwei Anbieter verfolgen unterschiedliche Strategien – mit weitreichenden Folgen für tausende Haushalte. Einer von ihnen: die Telekom. Sie sieht sich mit Vorwürfen übersäht. Was steckt dahinter.
Glasfaserkabel von der Deutschen Telekom an einer Baustelle.

Der Glasfaserausbau ist teuer. Kann sich ein 0-Euro-Angebot da rechnen?

Das private Glasfaserunternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG) hat angekündigt, ihr Ausbauvorhaben im hessischen Taunusstein nicht weiterzuverfolgen. Hinter der UGG steckt ein Gemeinschaftsunternehmen der Telefónica und der Allianz. Erst vor einigen Monaten hatte man den Mitbewerber Infrafibre übernommen, was in Bezug auf Entlassungen und Zukunftspläne nicht ganz geräuschlos erfolgte. Nach Darstellung von UGG erfolgte der Rückzug in Taunusstein, nachdem die Deutsche Telekom in ausgewählten Ortsteilen mit dem Ausbau begonnen habe. Aus Sicht der UGG handelt es sich dabei um einen „investitionsschädigenden Verdrängungswettbewerb“. Die Telekom sieht das – wenig überraschend – anders. Sie verweist unter anderem darauf, dass sie gar nicht selbst ausbaut, sondern über das Joint Venture GlasfaserPlus vor Ort tätig ist.

2.000 Häuser bleiben durch Rückzug ohne Glasfaser

Konkret wirft UGG dem Wettbewerber vor, punktuell auszubauen, ohne ein flächendeckendes Konzept zu verfolgen. Dadurch werde der eigenwirtschaftliche Glasfaser-Ausbau alternativer Anbieter wirtschaftlich untragbar. „Wenn jedoch durch Überbau oder Rosinenpicken anderer ausbauender Unternehmen die Wirtschaftlichkeit verloren geht, hat UGG keine andere Wahl als sich zurückzuziehen“, heißt es in einer Stellungnahme. UGG betont, dass ihr Modell auf einer Mischkalkulation beruht, bei der stark und weniger stark rentable Gebiete gemeinsam erschlossen werden.

Die Folge: Rund 2.000 Häuser werden vorerst nicht ans Glasfasernetz angeschlossen. Diese müssten künftig mit staatlicher Förderung erschlossen werden. Das kritisiert UGG scharf: „Am Ende bedeutet das: Verzögerungen, Doppelausbau, unnötige Belastung.“ Auch die Verschwendung öffentlicher Mittel stehe im Raum.

Die Telekom weist die Vorwürfe gegenüber inside digital entschieden zurück. Das Unternehmen betont, „dass es sich nicht, wie von der UGG dargestellt, um einen Verdrängungswettbewerb handelt.“ Viel mehr sei richtig, „dass das Interesse der GlasfaserPlus an Taunusstein bereits seit vielen Jahren feststeht“, heißt es in einem gemeinsamen Statement von Telekom und GlasfaserPlus, das unserer Redaktion vorliegt. Die Ausbaupläne seien offen und transparent kommuniziert worden, auch gegenüber der Stadt. „Die Stadt verfügt über eine klare und belastbare Information darüber, welche Gebiete im Rahmen unseres eigenwirtschaftlichen Ausbaus berücksichtigt werden – und welche nicht.“

Telekom: „Vermarkten Anschlüsse seit 2023“

Ein weiterer Punkt der Telekom: „Das gebaute Netz steht im Anschluss allen Anbietern zur Nutzung (Open Access) frei.“ Damit könne auch UGG das Netz nutzen. Zudem sei die Kooperation mit der Stadt frühzeitig gestartet. Bereits im Januar 2023 habe die Telekom auf dem Netz der GlasfaserPlus begonnen, Endkundenprodukte zu vermarkten. Eine Vereinbarung der UGG mit der Stadt sei laut Telekom hingegen erst im Sommer 2024 erfolgt.

Derzeit befinde man sich in drei definierten Ausbaugebieten im aktiven Bau der Glasfaser-Infrastruktur. Der Baufortschritt verlaufe planmäßig. Die Telekom betont zudem die hohe Zustimmung aus der Bevölkerung. „Es gibt eine klare und aktive Nachfrage von Kundinnen und Kunden, die sich die Tarif- und Serviceangebote der Telekom (auf dem Netz der Glasfaserplus) ausdrücklich wünschen.“

Die Debatte zeigt: Der Glasfaserausbau in Deutschland bleibt ein schwieriges Feld, in dem wirtschaftliche Interessen, kommunale Planung und digitale Teilhabe oft schwer in Einklang zu bringen sind. Problematisch sind und bleiben aber auch die gegenseitigen Schuldzuweisungen, was den Überbau und das gegenseitige Rosinenpicken angeht. Der Spruch „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ gilt beim Glasfaser-Ausbau leider nicht. Pikant in diesem Fall übrigens: Nach einem Bericht der Wirtschaftswoche vom Juni hat die UGG sämtliche neuen Ausbaugebiete auf Eis gelegt, das komplette Team dafür entlassen. Ein Sprecher widersprach dieser Darstellung gegenüber Golem.

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