Geldbörsen droht langsames Ausbluten – neuer Trend zwingt uns alle zum Handeln

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Während Covid, Russlands Krieg, Energiekrise und Inflation die Schlagzeilen dominieren, zeichnet sich in der Wirtschaft ein Trend ab, der Verbrauchern künftig das Geld aus den Taschen ziehen wird. Wie die Zukunft schlussendlich aussehen wird, liegt jedoch gänzlich an uns. Ein Kommentar.
After-Sales-Strategie
Mikrotransaktionen und Abo-Modelle auf dem VormarschBildquelle: Jack Bkk / shutterstock.com

Es gibt wohl kaum einen Gaming-Experten, der sich noch nicht über den kontinuierlichen Anstieg an Mikrotransaktionen und sonstigen In-Game-Käufen beschwert hat. Seien es Lootboxen, zusätzliche Skins oder der Kauf von Mana-Kristallen – das Resultat ist immer das Gleiche: Man bezahlt Unmengen an Geld für Spiele, die man mitunter bereits gekauft hat. Und dieses Konzept gewinnt nun auch in der „echten Welt“ immer mehr an Popularität.

After-Sales-Strategie – oder wie man Gewinne aus dem Nichts generiert

Waren es bisher größtenteils Gamer, die von Mikrotransaktionen betroffen waren, bekommen diese im Rahmen von sogenannten „After-Sales-Strategien“ derzeit immer mehr an Zuspruch vonseiten ganz anderer Unternehmen. Insbesondere in der Automobilbranche scheint der Samen auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. In jüngster Zeit sorgten gleich zwei große Autobauer mit Abo-Modellen für Schlagzeilen, die früher undenkbar gewesen währen. Den Anfang machte dabei BMW mit einem Abonnement für die Sitzheizungs-Funktion. Fahrer, die besagtes Feature nutzen möchten, müssen monatlich 17 Euro auf den Tisch legen. Dabei befindet sich die dafür benötigte Hardware ab Werk im Fahrzeug und wurde lediglich softwareseitig deaktiviert. Immerhin bietet BMW seinen Käufern die Möglichkeit die Sitzheizungs-Funktion für 385 Euro dauerhaft freizuschalten – anders als Mercedes-Benz.

Mercedes möchte an einer anderen Stelle Geld verdienen. Angefangen mit den Modellen Mercedes-EQ EQE und Mercedes-EQ EQS möchte der deutsche Autobauer einen Beschleunigungs-Boost im Abo-Modell verkaufen. Oder anders ausgedrückt: Der Hersteller drosselt die bereits vorhandene Motorleistung und schaltet diese nur gegen eine monatliche Gebühr wieder frei. Kostenpunkt: 1.200 US-Dollar pro Jahr (etwa 1.150 Euro). Zwar ist das Abo aktuell nur in den USA buchbar, doch der Trend zeichnet sich überdeutlich ab. Und das auch abseits der Automobilbranche.

Als weiteres Beispiel lassen sich an dieser Stelle die Pläne benennen, die der US-amerikanische Hersteller von Audio-Produkten, Bose, Berichten zufolge verfolgt. Demnach wolle Bose ein Abonnement für Kopfhörer einführen, das native In-App-Einstellungen wie etwa einen Equalizer freischaltet. Welche Features konkret hinter einer Bezahlschranke verschwinden sollen, ist allerdings noch nicht bekannt.

Und das sind nur einige wenige Beispiele. Zahlreiche Unternehmen bieten ähnliche Services, wie etwa der deutsche Hersteller von Smart-Home-Produkten Tado. Dessen Thermostate erkennen geöffnete Fenster nur dann, wenn man monatlich 2,99 Euro für ein Abonnement hinblättert.

Sinnvoll oder lupenreine Geldschneiderei?

Bevor die Kritiker angesichts der zuvor thematisierten Sachverhalte auf die Barrikaden gehen, sei gesagt, dass After-Sales-Maßnahmen und Abo-Modelle grundsätzlich nichts Schlimmes sein müssen und ihre Daseinsberechtigung haben können. Das wohl beste Beispiel hierfür stellen Navigationssysteme dar. Es werden ständig neue Straßen gebaut und bestehende Knotenpunkte im Straßenverkehr abgeändert – wie etwa eine Kreuzung, die durch einen Kreisverkehr ersetzt wird. Die Kartendaten aktuell zu halten, erfordert daher viele Ressourcen und ist kostenintensiv. Folglich ist es auch in Ordnung, wenn diese Kosten in Form eines Abonnements auf den Endverbraucher abgewälzt werden (89 Euro pro Jahr bei BMW). So funktioniert unser Wirtschaftssystem nun mal.

In manchen Fällen sind solche Services sogar direkt im Kaufpreis enthalten. Smartphones erhalten beispielsweise in den meisten Fällen mindestens zwei Jahre lang (Sicherheits-)Updates. Doch auch hier muss kontinuierlich Arbeit vonseiten der Unternehmen in eine Leistung fließen, welche die Endverbraucher über einen längeren Zeitraum beziehen. Anders, als es in den oben beschriebenen Beispielen der Fall ist.

Hier wollen Unternehmen ihr Geld mit Funktionen verdienen, die bereits in Form von Hardware in die Fahrzeuge integriert ist. Niemand muss auch nur einen Finger krumm machen, damit die Features funktionieren. Ein digitales Häkchen reicht, und schon ist die Funktion aktiv. Nun könnte man behaupten, dass Services wie eine Sitzheizung schon immer mehr gekostet haben und dass BMW sich schlicht die Kosten spart, die bei der Herstellung unterschiedlicher Autokonfigurationen anfallen würden. Und damit hätte man recht. Nur würde dies aus einem anderen Betrachtungswinkel bedeuten, dass der Autobauer nicht nur Kosten einspart, sondern darüber hinaus auch noch gezielt abkassiert. Eine Win-win-Situation, bei der BMW beide Male selbst profitiert.

Ein Blick in die Zukunft

Sollte sich dieser Trend fortsetzen, müssen wir einer Zukunft entgegenblicken, in der man für ein einzelnes Produkt standardmäßig mehrere Male zur Kasse gebeten wird. Teilweise sogar dauerhaft, im Rahmen zahlreicher Abo-Modelle. Und das ist alles andere als eine Übertreibung, wie die Gaming-Branche zeigt. So betrug der Anteil an In-Game- und In-App-Käufen am Gaming-Umsatz in Deutschland laut Informationen des Marktforschers GfK satte 43,4 Prozent im Jahr 2021. Dabei bezieht sich diese Zahl nicht nur auf die Spiele selbst. Sondern auch auf Hardware-Verkäufe wie Gaming-PC-Zubehör (15,4 Prozent), Gaming-PCs (10,0 Prozent) und Konsolen (8,0 Prozent). Einzelkäufe belegen dagegen mittlerweile nur noch 10,9 Prozent an den Gesamtumsätzen.

After-Sales-Strategie
Anteil von In-Game-Käufen am Gaming-Umsatz

Als Endverbraucher liegt es nun an uns, ein klares Zeichen zu setzen. Denn wie die künftige Entwicklung von Real-Life-Mikrotransaktionen und Abo-Modelle für bereits erworbene Produkte verläuft, hängt maßgeblich davon ab, ob die angebotenen Services in der Bevölkerung Anklang finden – oder eben nicht.

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Alex

    Was hat der Artikel nun mit Geldbörsen zu tun?

    Antwort
  2. Nutzerbild helmi

    Marktmacht des Verbrauchers/Kunden nutzen und solche Marken links liegen lassen. So 20% Umsatzrückgang reichen sicher schon, um solche Abzocke zu vehindern. Und ob man überhaupt Spiele nutzen muß, die inapp Käufe erfordern,
    sei dahingestellt. Wird sich aber durch die hohen Heiz-/Strom-Lebensmittel-/Kraftstoffkosten ohnehin zu einem Großteil erledigen. Ein warmer Hintern ist wichtiger als teure Spiele (deutsch für Games) zu zocken.
    Alles wird gut.

    Antwort

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