Die Politik möchte den Klimawandel aufhalten. Dazu gehört auch das Verbrenner-Aus bis 2035 in der Europäischen Union. In 13 Jahren, so die Vorgabe, sollen nur noch Fahrzeuge mit Elektroantrieb vom Band rollen. Dem E-Auto gehört demnach die Zukunft. Doch während einige Autobauer bereits heute alles auf eine Karte und das Elektroauto setzen, warnen andere vor dem E-Auto. So wie der Renault-Chef Luca De Meo, der vielen Menschen davon abrät, ein Elektroauto zu kaufen, wenn sie eine bestimmte Möglichkeit nicht haben.
Die E-Auto-Branche ist dem Untergang geweiht
Vor Kurzem meldete sich auch der Stellantis-Chef zu Wort. Das Unternehmen hinter Marken wie Opel, Fiat und Peugeot, baut in erster Linie Autos für die Mittelschicht. Doch genau diesen Kunden droht in den kommenden Jahren ein Preisschock, warnte der Konzern-Chef Carlos Tavares im März. „Wir müssen uns vor dem Moment fürchten, ab dem sich die Mittelschicht kein Auto mehr leisten kann“, sagte Tavares. Erst vor wenigen Tagen warnte er erneut. Vor dem Zusammenbruch des gesamten Markts. Die Branche sei dem Untergang geweiht, wenn Elektrofahrzeuge nicht billiger werden. Und nun legt der größte Autobauer der Welt nach.
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In einem Interview mit dem britischen Fachmagazin Autocar sagt Gill Pratt, Chef des Forschungszentrums von Toyota, dass ein Plug-in-Hybrid derzeit in den meisten Fällen die bessere Wahl ist. Für ihn ist die Lösung des Problems keine einzelne Technologie. „Der Fehler, den jetzt viele machen, ist, zu denken, das E-Auto sei der Königsweg“, sagt Pratt. Doch ihm zufolge eignet sich der Stromer nicht für jedermann. „Sie leben vielleicht in einer Wohnung oder Sie müssen möglicherweise lange Strecken in einem Gebiet ohne Ladegeräte fahren.“ In Norwegen etwa sei der Anteil an grüner Energie so hoch, dass die dort vorhandenen Elektroautos sehr sauber fahren können. Auch die Ladeinfrastruktur sei gut, was wunderbar ist.
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Doch wenn man nach Osteuropa schaue, sehe das ganz anders aus. Die Energieerzeugung dort sei stark auf Kohle angewiesen und die Ladeinfrastruktur hinke weit hinterher. Die Politik verlangt, dass sich das ändert. „Aber von osteuropäischen Ländern zu verlangen, Norwegen zu kopieren, ist einfach nicht machbar“, erklärt der Forscher bei Toyota. „Sie haben nicht die gleichen natürlichen Ressourcen. Und das bedeutet, dass es möglicherweise bessere Möglichkeiten gibt, CO₂-Reduktionsziele zu erreichen, als nur ein Datum für den Umstieg aufs E-Auto festzulegen.“
Reichweitenangst und Rohstoffverschwendung
Pratt weiß, dass viele Menschen, die sich ein E-Auto kaufen wollen, mit Reichweitenangst konfrontiert werden. Die von den Autoherstellern angebotene Lösung besteht darin, Autos mit immer größeren Batterien zu verkaufen. Das Ergebnis sind ihm zufolge größere Batterien mit selten genutzter Kapazität, was sich im Gewicht der Stromer bemerkbar macht. Der Toyota-Manager bringt ein Beispiel.
„Meine Frau und ich haben ein Tesla Model X gekauft, weil wir mit einem Chefingenieur dieses Autos gut befreundet sind. Es ist ein unglaubliches Auto. Aber meine Frau hat es benutzt, um rund 50 Kilometer pro Tag zu pendeln, was bedeutete, dass 90 Prozent der Batterie die meiste Zeit nicht verwendet wurden. Wir haben all dieses Gewicht, all diese Rohstoffe aber dennoch mit uns herumgeschleppt.“
Das CO₂ ist der Feind, nicht der Verbrenner
Zwar führt auch für Toyota kein Weg am E-Auto vorbei. Doch wie bei BMW oder Honda scheint man sich im Klaren darüber zu sein, dass die Welt nicht von heute auf morgen auf das E-Auto umsteigen kann. Denn der Umstieg ist mit hohen Kosten für den Autofahrer verbunden. Trotz großer Finanzspritzen können sich selbst hierzulande viele ein neues E-Auto nicht leisten. Und der Gebrauchtwagenmarkt spuckt ebenso teure wie von der Technologie her veraltete Stromer aus. Der Verbrenner ist also noch lange nicht tot. Das wissen vor allem die japanischen Autobauer und reagieren mit deutlich weniger Aktionismus als manch anderer Hersteller.
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Doch für Pratt ist ebenso klar: „Der Klimawandel ist ein unglaublich ernstes Problem und wir müssen bis 2050 auf Netto-Null-CO₂ kommen. Aber wenn sich die Wissenschaft über die besten Wege dorthin ändert, müssen wir ihr folgen“ erklärt der Toyota-Manager. Zur ganzen Wahrheit gehöre auch, dass wir nicht wissen, mit welchen Technologien wir uns am besten vom CO₂ befreien können.“ Und ihm zufolge sei schließlich das Kohlendioxid der Feind und nicht ein bestimmter Antriebstyp.