Im Februar 2019 klingelt es an der Tür einer Hamburger Wohngemeinschaft. Als ein WG-Bewohner die Tür öffnete, begrüßte ihn ein von Vodafone Kabel Deutschland beauftragter Service-Mitarbeiter, der die Kabel-Buchse vermessen wollte. Da es dem Bewohner komisch vorkam, dass der Techniker ohne Terminvereinbarung erschien, ließ er ihn nicht in die Wohnung.
Doch dann, nur fünf Minuten später, erhielt der WG-Bewohner eine E-Mail von Vodafone Kabel Deutschland. Man teilte ihm mit, dass seine Bestellung eingetroffen sei. Kurz darauf folgte eine schriftliche Auftragsbestätigung über die Produkte „Vodafone TV Connect“ und „Vodafone GigaTV inklusive HD Premium Cable“. Der Preis: 29,99 Euro pro Monat zuzüglich Anschlussgebühr in Höhe von 49,99 Euro.
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Verbraucherzentrale zerrt Vodafone vor Gericht
Die Verbraucherzentrale Hamburg brachte diese und einige andere Fälle, bei denen es um vorgeschobene Verträge geht, vor Gericht. Bereits seit Längerem steht fest: Bestätigt der Kabelnetzbetreiber künftig wahrheitswidrig den Abschluss von Verträgen über die Produkte „Vodafone TV Connect“ oder „Vodafone GigaTV inklusive HD Premium Cable“, wird eine Vertragsstrafe fällig. Zudem untersagte das Landgericht München dem Anbieter nun, Verbrauchern den Abschluss eines Vertrags über das Produkt „Vodafone Giga TV App“ zu bestätigen, wenn diese die App gar nicht bestellt haben. Sollte Vodafone dagegen verstoßen, wird ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro fällig.
inside digital hat bei Vodafone nachgefragt, wie es zu solchen vermeintlich untergeschobenen Verträgen kommen kann. „Wenn Vertriebspartner gegen die klaren Vodafone-Richtlinien verstoßen und in Einzelfällen Verträge einreichen sowie Produktbestellungen auslösen, die von den Kunden nicht gewollt sind, gehen wir gegen diese Partner rigoros vor – von Abmahnungen bis hin zur Beendigung der Zusammenarbeit“, versichert man uns.
Auch Mobilfunkkunden sind von Vodafone-Abzocke betroffen
Es sind aber nicht nur Kabel-Kunden betroffen. Ein Fall aus dem niedersächsischen Syke zeigt, dass Vodafone auch Mobilfunkkunden Verträge unterschieben will – in diesem Fall sogar auf eine dreiste und fragwürdige Art.
Ein Service-Techniker von Vodafone hat Ende April bei Eduard Krämer geklingelt. Der 86-Jährige machte aber nicht auf. Einige Tage später erhielt der Rentner einen Anruf, in dem ihm ein Vertragsabschluss bestätigt wurde. Krämer legte genervt auf. Im Anschluss kam eine Vertragsbestätigung per Post ins Haus geflattert. Über einen Mobilfunkvertrag mit hohem Datenvolumen für monatlich 59 ,95 Euro inklusive Zusatzleistungen.
Gegenüber der Kreiszeitung sagte der Rentner: „Ich wollte das schon in den Müll schmeißen. Aber mein Enkel hat sich das angesehen und dabei auf dem einen Blatt die Unterschriften bemerkt. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Da hat jemand die Unterschrift meiner Frau gefälscht. Die ist nämlich seit acht Jahren tot“, so der Rentner.
Das sagt Vodafone
Eduard Krämer ging zur Polizei und erstattete Anzeige. „Ich nehme an, dass Vodafone davon gar nichts weiß, sondern dass da Fremdfirmen unterwegs sind, die für Vodafone arbeiten“, sagte Krämer der Kreiszeitung.
Und in diesem Punkt sollte der Rentner Recht behalten. Wie uns Vodafone mitteilt, war es ein selbständiger Vertriebspartner (Herr K.), der mindestens einen Kundenauftrag eingereicht hat, obwohl dieser von Krämer weder gewollt noch unterschrieben war. „Gegen den Mitarbeiter des selbständigen Vertriebspartners haben wir die notwendigen disziplinarischen Maßnahmen ergriffen“, sagt uns ein Vodafone-Sprecher. Der Service-Mitarbeiter sei von seinem Arbeitgeber umgehend und fristlos entlassen worden. Zudem habe Vodafone Strafanzeige gegen ihn erstattet.
Weitere Fälle nicht ausgeschlossen
Man habe den Verdacht, dass der ehemalige Mitarbeiter die Unterschriften der verstorbenen Frau von Eduard Krämer gefälscht hat. „Wir überprüfen nunmehr vorsorglich sämtliche Vertragsabschlüsse, die Herr K. bei uns eingereicht hatte und klären diese mit den jeweiligen Kunden“, so der Konzernsprecher von Vodafone, Volker Petendorf, gegenüber inside digital. „In acht Fällen besteht der Verdacht, dass die Verträge von den jeweiligen Kunden in dieser Form nicht gewollt waren. Selbstverständlich werden alle diese Kundenfälle im direkten Dialog mit den Kunden und in ihrem Sinne geklärt.“
Das sagt die Verbraucherzentrale
Viele Anbieter sind der Meinung, dass ein Vertrag automatisch als abgeschlossen gilt, wenn auf eine als E-Mail verschickte Bestätigung keine Reaktion erfolgt. Das jedoch ist falsch. „Verbraucher sind bei Erhalt einer Bestätigung über einen nicht bestehenden Vertrag gar nicht verpflichtet, tätig zu werden“, so die Verbraucherzentrale Hamburg.