Der Solarausbau in Deutschland setzt sich weiterhin fort. Zwar scheint es in diesem Jahr nicht zu einem derartigen Rekordausbau wie im Jahr 2023 zu kommen, dennoch werden weiterhin zahlreiche PV-Anlagen installiert. Durch die größere Menge an Solarstrom im Netz kommt es vermehrt zu Stunden mit negativen Strompreisen an der Strombörse. Diese entstehen, weil Netzbetreiber den überschüssigen Strom möglichst schnell aus dem Netz bekommen wollen. Denn die schiere Masse an Solarstrom treibt die Netze in Deutschland an Kapazitätsgrenzen. Um langfristig die Stabilität unserer Netze zu gewährleisten, wollen Netzbetreiber nun ein neues Konzept durchsetzen. Rückendeckung erhalten sie dabei von der Bundesnetzagentur.
Netzbetreiber wollen Einspeisung von PV-Anlagen fremdsteuern
Smart Meter sind in Deutschland bisher keine Standardausstattung in Zählerschränken. Nur rund fünf Prozent aller Messstellen sind bereits mit einem Smart Meter ausgestattet, das von Netzbetreibern ferngesteuert werden kann. Infolgedessen speisen private PV-Anlagen unkontrolliert ihren Strom ins Netz ein. Je mehr private PV-Anlagen diesen Strom in die Netze einspeisen, desto stärker werden diese belastet. Da man zu jeder Tages- und Nachtzeit dafür die gleiche Einspeisevergütung erhält, gibt es für Besitzer von PV-Anlagen keinen Anreiz, zu bestimmten Zeiten einzuspeisen. Langfristig ist für Netzbetreiber klar: Wenn die Netze stabil bleiben sollen, ist ein Eingreifen zukünftig zwingend erforderlich. Insbesondere die vielen kleineren und privaten PV-Anlagen müssen dafür steuerbar werden.
Zurzeit können Netzbetreiber wie EWE Netz lediglich große Solarparks und Kraftwerke bei Bedarf vom Netz nehmen. Selbst das geschieht laut Aussagen des Netzbetreibers bereits rund 6.000-mal pro Jahr. Mittlerweile gäbe es dort über 15.000 Erzeugungsanlagen am Netz, die meisten davon sind PV-Anlagen. Doch gerade diese sind nach jetzigem Stand für die Netzbetreiber nicht zu steuern. Diese wäre erst mit Smart Meter möglich. Ausgerechnet diese müssen jedoch erst ab dem 1. Januar 2025 verpflichtend in neue Anlagen eingebaut werden. Sämtliche Bestandsanlagen, die die Netze bisher belasten, können bisher somit nicht gesteuert werden.
Auch für die Bundesnetzagentur ist klar, dass langfristig PV-Anlagen steuerbar sein müssen. Agentur-Präsident Klaus Müller kündigte erst kürzlich in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) an: „Es führt kein Weg daran vorbei, neue Solaranlagen steuerbar zu machen. Sie müssen auf den Markt reagieren, also die Einspeisung stoppen, wenn niemand für den Strom bezahlen will.“ Ebenso sei es zwingend erforderlich, dass Verteilernetzbetreiber die Möglichkeit erhalten, bei kritischen Netzsituationen Solaranlagen zu steuern, damit die Netze stabil bleiben.
Einspeisung kann bald signifikant verändern
Für neue Anlagen bedeutet das, sie können künftig wesentlich weniger von der Einspeisevergütung profitieren als bereits installierte Erzeugungsanlagen. Schon ab dem 1. Januar 2025 etwa entfällt die Vergütung in Phasen mit negativen Strompreisen. Können Netzbetreiber künftig die Einspeisung unterbinden, lohnt sich die Produktion von überschüssigem Solarstrom für PV-Anlagenbesitzer deutlich weniger. Ohne passende Maßnahmen kann der Solarausbau jedoch nicht weiter voranschreiten. Sowohl das Stromnetz als auch größere Netzspeicher hinken dem Ausbau der Solaranlagen bisher deutlich hinterher.
Wer sich künftig für PV-Anlagen entscheidet, könnte deutlich weniger profitieren – Amortisationszeiten dürften sich ohne Einspeisevergütung verlängern. Dennoch bleiben PV-Anlagen preislich attraktiv durch den Preissturz seit letztem Jahr. Selbst unter Berücksichtigung der reinen Eigenersparnis lohnt sich der Solarstrom noch immer für viele Haushalte. Auch alternative Möglichkeiten wie die Verwendung eines Heizstabes für überschüssigen Solarstrom kämen zur Kostenreduktion in Betracht.