Solarindustrie in Deutschland stirbt aus: Gibt es bald keine deutschen PV-Module mehr?

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Die Zeiten könnten für die lokale Solarindustrie kaum düsterer aussehen. Die Flut der chinesischen Billigmodule auf dem deutschen Markt verdrängt sie seit Monaten. Und die Regierung schaute tatenlos zu. Hoffnungen auf ein Hilfspaket in Form eines Resilienz-Bonus wurden jüngst begraben.
Solarindustrie in Deutschland stirbt aus - gibt es bald keine deutschen PV-Module mehr?

Solarindustrie in Deutschland stirbt aus - gibt es bald keine deutschen PV-Module mehr?

Man könnte es regelrecht als Tragödie bezeichnen, dass Deutschland einmal mehr den Moment verpasst, um eine wichtige Schlüsseltechnologie im Land zu erhalten. Schon vor Monaten hat sich die deutsche Solarindustrie Hilfe suchend an die Regierung gewandt, um von der chinesischen Billigkonkurrenz nicht in die Insolvenz getrieben zu werden. Ob der Resilienz-Bonus ein nützliches Instrument gewesen wäre, um die lokale Industrie zu erhalten, ist strittig. Doch es scheint, als hätte die Sperrung der FDP gegen solche Hilfsmaßnahmen das Ende der Solarindustrie in Deutschland besiegelt. Nach Meyer Burger steht bald die Produktion von Solarwatt still. Auch Heckert Solar hat die eigene Herstellung bereits reduziert.

Nach Meyer Burger stellt Solarwatt die Produktion ein

30 Jahre lang produzierte Solarwatt in Düsseldorf PV-Module. Ab Ende August dieses Jahres werden die Bänder stillstehen. 190 Jobs sind direkt vom Produktionsstopp betroffen, doch das Unternehmen sieht keine andere Möglichkeit.  „Unter den Umständen, die wir aktuell haben, ist der Betrieb einer Produktion hier in Deutschland wirtschaftlich extrem schwierig, und das können wir nicht verantworten“, erklärt Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus gegenüber dem Handelsblatt. Die Produktion muss damit „vorerst“ stillgelegt werden. „Vorerst“ – ein kleines Wort, das den letzten Hoffnungsfunken beschreibt, mit dem sich die Solarindustrie in Deutschland wieder erheben könnte. Doch eine wirkliche Chance, dass sich die Bedingungen in Deutschland ändern könnten, scheint es nicht zu geben. Für viele Unternehmen in der Branche ist das eine doppelt bittere Pille, die kaum auf Verständnis stößt. Es ist das zweite Mal, dass Deutschland die Solarindustrie fallen lässt, obwohl sie eine derart wichtige Schlüsselfunktion in der energetischen Zukunft einnimmt.

Schon einmal musste die lokale Industrie diesen Verfall über sich ergehen lassen. Noch im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends war Deutschland weltweit führend in der Produktion und Entwicklung von Solarmodulen. Doch sowohl die Situation des damaligen Weltmarktes als auch die Entscheidungen der damaligen Bundesregierung trieben die Solarindustrie in andere Länder. Anstatt den Vorsprung zu nutzen und sich weiter von der Abhängigkeit anderer Länder zu lösen, hat Deutschland den Moment verpasst. Infolgedessen waren hohe Investitionen nötig, um die Solarindustrie in Deutschland wieder aufzubauen. Nach Schätzungen von Experten wären 11 bis 15 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 nötig gewesen, um die europäische Solarindustrie wettbewerbsfähig zu halten. Das mag sich nach einer großen Summe anhören, betrachtet man jedoch, dass weit über 148 Milliarden Euro allein für russische Gasimporte nach Beginn des Ukraine-Krieges ausgegeben wurden, wirkt diese Summe gering. Dabei ist es keineswegs das einzige Mal, dass Deutschland die Abhängigkeit vom Ausland teuer bezahlte.

Bereits jetzt herrscht große Abhängigkeit von China

Schon heute befindet sich Deutschland in einer starken Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten und den dazugehörigen internationalen Lieferketten. Im vergangenen August etwa hielt China Exporte der wichtigen Metalle Gallium und Germanium zurück.  Ohne diese Materialien konnten wichtige Schlüsselkomponenten der Energiewende wie PV-Module oder Windkraftgeneratoren nicht gebaut werden. Weiten sich diese Abhängigkeiten nun über Rohstoffe hin auf ganze Solarmodule aus, die nur noch aus China bezogen werden können, hätte Deutschland China den Schlüssel zur Energiewende damit praktisch ausgehändigt. Zwar haben chinesische Industrien einen großen Anreiz ihre Module auch nach Deutschland zu verkaufen, da bereits jetzt mehr produziert worden, als international benötigt werden.

Das heißt jedoch keineswegs, dass dies weiterhin zu günstigen Preisen geschieht, wenn konkurrierende Hersteller aus Deutschland und Europa verschwunden sind. Sollte Deutschland den Moment zum Reagieren ein weiteres Mal verpassen, verlieren wir dieses Mal nicht nur die führende Rolle in der Solarproduktion. Im schlimmsten Fall treten wir damit die Kontrolle darüber auf, mit welchen Mitteln wir den Umbruch unseres Landes vorantreiben können. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung Methoden findet, den Zusammenbruch der wichtigen Schlüsseltechnologien in Deutschland zu verhindern. Ohne eine rechtzeitige Intervention kann das Aussterben der Solarindustrien in Deutschland nicht mehr verhindert werden.

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