1&1 beendet sein bisheriges Geschäftsmodell als Wiederverkäufer und betreibt nun ein eigenes Mobilfunknetz. Die Übergangsphase, in der 1&1 beides war, ist damit nach Angaben des Anbieters offiziell beendet. Damit bist du als Kunde ab sofort nicht mehr in einem Netz eines anderen Anbieters unterwegs, sondern direkt im 1&1-Netz – zumindest auf Vermittlungsebene. Denn an Sendemasten mangelt es dem neuen, vierten Netz in Deutschland nach wie vor. Dennoch macht der Schritt 1&1 unabhängig von Telefónica, die bisher die SIM-Karten verwaltete. Das betrifft auch die zahlreichen Discount-Marken des Ablegers Drillisch.
50.000 Wechsel am Tag, 12 Millionen in Summe
Die Umstellung erfolgte in mehreren Wellen seit Dezember 2023 und betraf insgesamt etwa 12 Millionen Kunden. Jetzt ist die Migration abgeschlossen. In Spitzenzeiten wechselten bis zu 50.000 Kunden pro Tag ins neue Netz. Mehr war nach Insiderangaben nicht möglich, da mit der Übergabe ins 1&1-Netz auch eine Portierung der Nummer erfolgte. Die Datenbank, die die portierten Nummern verwaltet, kann jedoch nicht mehr Vorgänge verarbeiten. Idealerweise erfolgte die Umstellung sprichwörtlich über Nacht per Funkbefehl, und der Nutzer musste nur einmal sein Handy neu starten. In einigen Fällen musste aber auch die SIM-Karte getauscht werden. So oder so: 1&1 konnte mit dem Abschluss der Migration eine zentrale Auflage der Bundesnetzagentur vorzeitig erfüllen: die vollständige Unabhängigkeit von anderen Netzbetreibern bis spätestens Ende 2025. Denn es ist in Deutschland nicht gestattet, gleichzeitig Provider und Netzbetreiber zu sein.
Da 1&1 nun selbst über die eigene Netzstruktur bestimmt, können neue Dienste, Tarife und Innovationen flexibler eingeführt werden. Auch Themen wie Datensicherheit und Nachhaltigkeit stehen im Fokus: Open RAN erlaubt es, Komponenten verschiedener Hersteller zu kombinieren und nicht auf einzelne Ausrüster wie Huawei angewiesen zu sein. Beim Funknetz – also dem, was du als Empfang auf dem Handy wahrnimmst – ist 1&1 aber noch weit hinter seinem Ziel. Mit Zahlen diesbezüglich hält sich der Netzbetreiber seit geraumer Zeit zurück. Zuletzt wurde eine Zahl von 1.200 Sendemasten genannt. Im Frühjahr sprach man davon, 5.000 weitere Standorte „zu entwickeln“. Zum Vergleich: Bei den drei etablierten Netzbetreibern sind es je nach Netz und Zählweise jeweils etwa 20.000 bis 36.000 Standorte. 1&1 hat also gerade einmal einen Bruchteil dessen aktiv, müsste aber eigentlich bis Ende des Jahres 25 Prozent aller Haushalte versorgen.
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1&1-Kunden nutzen vor allem Vodafone-Netz
Dass du außerhalb des Abdeckungsbereichs der noch wenigen 1&1-Sender allerdings keinen Empfang hast, musst du nicht befürchten. 1&1 greift auf ein National Roaming mit Vodafone zurück. Du nutzt also die Antennen von Vodafone, deine Gespräche und Daten werden dann aber an 1&1 übergeben. Einige Bestandskunden nutzen auch noch das National Roaming im O2-Netz – das wird sich aber ebenfalls noch ändern.
In einem ersten Test der Zeitschrift Chip schnitt das neue Netz besser ab, als die Experten erwartet hatten.
