Die Bundesregierung will sich in der EU dafür einsetzen, das gesamte obere 6-GHz-Frequenzband exklusiv für den Mobilfunk zu reservieren. Das berichtet unter anderem Tagesspiegel Background. Konkret soll das Spektrum für kommende 6G-Anwendungen genutzt werden. Was nach Zukunft klingt, sorgt schon heute für Kritik: Verbände und Unternehmen aus der Festnetz- und Glasfaserbranche sprechen von einer Fehlentscheidung mit weitreichenden Folgen. Denn mit der Entscheidung würde ein entscheidender Frequenzbereich für leistungsstarkes WLAN blockiert, so die Position.
WLAN oder Mobilfunk: Um diese Frequenzen geht es
Zwar ist der untere Bereich des 6-GHz-Bands (5945–6425 MHz) in der EU bereits für WLAN freigegeben und wird auch genutzt. Doch für den oberen Teil (6425–7125 MHz) steht eine Zuteilung noch aus. Genau dieser Bereich ist essenziell für hohen Datenraten und Übertragungen über kurze Distanzen mit sehr hohen Geschwindigkeiten.
Laut dem Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung sei die vorrangige Nutzung durch den Mobilfunk sachgerechter. Der Frequenzbedarf für künftige 6G-Netze werde höher eingeschätzt als der Bedarf durch WLAN. Diese Sichtweise teilen allerdings viele Branchenexperten nicht. Sie argumentieren, dass eine Stärkung des WLANs die bereits verlegten Glasfasernetze optimal nutzbar machen würde – für alle Haushalte und ohne Zusatzkosten für die Nutzer.
Glasfaserverband spricht von fataler Fehleinschätzung
Lisia Mix-Bieber vom Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) nennt den Vorschlag der Bundesregierung eine „fatale Fehleinschätzung“. Die Frequenzzuteilung bringe kurzfristig keinen Nutzen für den Mobilfunk und verbessere langfristig die Netzabdeckung nur minimal. Gerade in dicht besiedelten Gebieten könnte schnelles WLAN entscheidend sein, um die Glasfaser bis in jedes Gerät zu bringen.
Tatsächlich dürften die Frequenzen für die Mobilfunker nur in dicht besiedelten Gebieten von Interesse sein. Schon die heute genutzten Frequenzen um 3,6 GHz zeigen, dass die entsprechenden 5G-Sender nur wenige hundert Meter weit reichen. Die jetzt betroffenen Frequenzen sind noch einmal deutlich kurzwelliger und dürften weniger weit reichen. Entsprechend dürfte kein Mobilfunkanbieter sie in der breiten Fläche einsetzen. Dennoch sind die Mobilfunker massiv an den Frequenzen interessiert und testen auch schon den Einsatz. Die Telekom hatte beispielsweise schon 2022 entsprechende Versuche in Bonn gemacht. Und auch Vodafone berichtete schon von 5 Gbit/s-Übertragungen.
Am 12. November könnte sich die Weichenstellung konkretisieren. Dann veröffentlicht die Radio Spectrum Policy Group (RSPG) der EU-Kommission ihre Empfehlung zur Nutzung des oberen 6-GHz-Bandes. Diese wird voraussichtlich Grundlage für die Entscheidung auf EU-Ebene sein. Noch ist also nichts final entschieden. Doch der Kurs der Bundesregierung lässt wenig Spielraum für WLAN-Nutzer. Eine Rolle dürfte hier auch spielen, dass mit einer Allgemeinzuteilung (für WLAN) kein Geld in die Staatskassen kommt. Bei einer Exklusivzuteilung verlangt der Staat aber Gebühren von den Mobilfunkern.
