Kostenfalle PC: So viel Strom verbraucht dein Computer wirklich

9 Minuten
Die Kostenfalle PC wird gern unterschätzt. Der Computer ist eines der Geräte im Haushalt, die mitunter den höchsten Stromverbrauch aufweisen. Dabei ist die Schätzung des Jahresverbrauchs des Geräts schwieriger als bei einem TV-Gerät. Denn bei unterschiedlicher Auslastung variiert der Verbrauch.
Kostenfalle PC
Kostenfalle PCBildquelle: Photo by Alienware on Unsplash

Die Kostenfalle PC wird in vielen Haushalten unterschätzt. Im Gegensatz zum Fernseher ist der Verbrauch eines Computers wesentlich mehr Schwankungen unterlegen. Das liegt daran, dass bei unterschiedlicher Auslastung des Computers auch der Verbrauch variiert. Einigen Nutzern sind Unterschiede hierbei vielleicht aufgefallen, wenn etwa beim Spielen eines Videospiels ein zusätzlicher Lüfter anspringt oder der vorhandene Lüfter hochdreht.

Stromverbrauch des Computers möglichst genau ermitteln

Der Stromverbrauch eines Computers ist in der Erfassung kniffliger als der eines Fernsehers. Neben dem integrierten Netzteil spielt auch die Nutzung hier eine wesentliche Rolle. Nutzt man den Computer beispielsweise nur für das Beantworten von Nachrichten und Surfen im Internet, wird das Gerät in den seltensten Fällen auf voller Auslastung des Netzteils laufen. Möchte man den Energiebedarf des eigenen Computers bei Vollauslastung ermitteln, so empfiehlt es sich auf Online-Rechner wie Netzteilrechner.com zurückzugreifen. Geht man von einem solchen Normalbetrieb bei einem heutigen Computer mit einem Mehrkernprozessor und einer dedizierten Grafikkarte aus, dürfte sich der Verbrauch grob zwischen 130 und 150 Watt bewegen.

Spielt man nun aber Videospiele am Computer und verlangt seinen Ressourcen wesentlich mehr Leistung ab, kann der Verbrauch dabei steigen. Bei Gaming-PCs sind Verbrauchszahlen von 300 bis 600 Watt keine Seltenheit. Der Verbrauch kann jedoch nie höher ausfallen als die maximale Leistung, die das Netzteil zur Verfügung stellen kann. Besitz man also ein Netzteil mit 450 Watt, so kann der Computer allein nicht mehr als 450 Watt maximal verbrauchen. Einen Knackpunkt in dieser Rechnung gibt es jedoch. Nämlich, das ein Netzteil selbst immer einen bestimmten Teil der Energie, den es aus der Steckdose transformiert, in Wärme umwandelt. Das bedeutet im Klartext: Damit ein Netzteil dem Computer 450 Watt zur Verfügung stellen kann, muss es in Wahrheit mehr Leistung aus der Steckdose ziehen. Wie viel mehr Strom benötigt wird, hängt von der Art des gewählten Netzteils und seines Wirkungsgrads ab, der durch ein entsprechendes Zertifikat markiert wird.

Kostenfalle PC
Kostenfalle PC: Nutzungsart macht den Unterschied

Kostenfalle PC: Das bedeuten die verschiedenen Netzteil-Zertifikate

Für Netzteile am Computer werden unterschiedliche Zertifikate vergeben, die angeben, mit welchem Wirkungsgrad ein Netzteil arbeitet. Ein Netzteil mit einem 80-Plus-Siegel etwa muss mindestens 80 Prozent der Energie, die es aus der Steckdose zieht, so umwandeln, dass sie für den Computer bereitgestellt werden. Das bedeutet jedoch zugleich, das bis zu 20 Prozent der aus der Steckdose gezogenen Energie bei diesen Modellen in Form von Wärmeenergie abgegeben werden. Um das in Zahlen zu verdeutlichen:

Ein 80 Plus Bronze Netzteil, das 450 Watt zur Verfügung stellen soll, kann bis zu 540 Watt aus der Steckdose ziehen, um diesen Bedarf zu denken. Ein 80 Plus Titanium Netzteil hingegen kann bis zu 490,5 Watt aus der Steckdose ziehen, um den Computer zu versorgen. Das Netzteil mit Bronzesiegel verbraucht also bei Volllast knapp 50 Watt mehr als das Titanium-Netzteil. Auf die Nutzungsdauer eines ganzen Jahres hochgerechnet, kann das einen entscheidenden Preisunterschied bedeuten, obwohl der Computer selbst und dessen Strombedarf sich gar nicht verändert haben.

Man kann also verhindern, dass unnötig viel Energie beim Umwandlungsprozess ungenutzt bleibt, indem man ein Netzteil auswählt, dass einen hohen Wirkungsgrad liefert. Dabei gibt es je nach konkreten Siegeln Unterschiede darin mit welchem Wirkungsgrad ein Netzteil arbeitet:

  • Bei Netzteilen mit 80 Plus Bronze-Siegel gilt: Bei jeder Auslastungsstufe des Netzteils wird ein Wirkungsgrad von mindestens 80 Prozent erreicht.
  • Netzteile mit 80 Plus Silber-Siegel: Es werden mindestens 85 Prozent Wirkungsgrad bei jeder Auslastungsstufe des Netzteils erreicht.
  • 80 Plus Gold-Siegel-Netzteile: Jede Auslastungsstufe des Netzteils erreicht einen Wirkungsgrad von 89 bis 92 Prozent.
  • Netzeile mit einem 80 Plus Platinum-Siegel: bei jeder Auslastungsstufe des Netzteils wird ein Wirkungsgrad von 90 bis 94 Prozent erreicht.
  • 80 Plus Titanium-Netzteile: bei jeder Auslastungsstufe des Netzteils wird ein Wirkungsgrad von 91 bis 96 Prozent erreicht.

Ermittlung der durchschnittlichen täglichen Nutzungsdauer

Ähnlich wie bei der Schätzung der Nutzungsdauer von Fernsehgeräten ist es auch bei Computern schwierig, die genaue Nutzungsdauer mit der genauen Auslastung zu ermitteln. Es empfiehlt sich daher im Selbsttest über eine oder mehrere Wochen hinweg zu notieren, wie lange man den Computer ungefähr mit welchen Tätigkeiten benutzt. Wer weiß, dass er zwischen Zocken und Normalbetrieb wechselt oder seinen Computer hauptsächlich in einer der beiden Tätigkeiten verwendet, der kann die dafür erwartete Auslastung zugrunde legen. Wer sich nicht sicher ist, wie viel Zeit auf welche Tätigkeit verwandt wird, kann so eine grobe Verteilung ermitteln. Natürlich bleibt wie bei allen Schätzungen jedoch immer das Risiko, dass sich die Schätzung im Nachhinein als ungenau herausstellt, wenn man von seinem Nutzungsverhalten abweicht. Darum sind Testwochen, in denen man ungewöhnlich viel arbeitet oder überraschend viele freie Tage aufweist, keine gute Grundlage für eine genaue Schätzung.

Kostenfalle PC: Stromkosten für Computer berechnen – so viel Unterschied macht das passende Netzteil

Im besten Fall sollte man nun über zwei bis drei Werte verfügen: Den durchschnittlichen Verbrauch des eigenen Computers, wahlweise auf Normalbetrieb und Gaming-Leistung berechnet oder nur eines der benötigten, sowie die ungefähre tägliche Nutzungsdauer.

Gehen wir für unser Rechenbeispiel nun einmal von einem Computer im Normalbetrieb, einem im dauerhaften Gaming-Betrieb und einem Nutzer aus, der beide Nutzungsarten ungefähr gleich viel nutzt. Alle drei Fälle nutzen den Computer für circa 5 Stunden täglich. Der Normalbetrieb wird für das Rechenbeispiel auf 150 Watt geschätzt, der Gaming-Betrieb auf 300 Watt. Der gemischte Betrieb wird auf 225 Watt als Durchschnittswert zwischen Normalbetrieb und Gaming-Betrieb gesetzt.

Jetzt kommt der erste Rechenschritt. Wir ermitteln nun für alle Verbrauchsarten und die dazugehörige Nutzungsdauer den täglichen Verbrauch. Dazu rechnen wir den Wattverbrauch mal die Anzahl die Stunden und teilen das Ergebnis durch tausend. Wieso durch tausend? Nun, Strompreise werden in sogenannten kWh berechnet und 1 kWh sind 1.000 wh. Wir reduzieren unsere Zahlen also nicht nur um ein paar Nullen, damit wir leichter weiterrechnen können, sondern bringen sie gleich auf den Wert, mit dem wir später mit dem Stromkostenpreis arbeiten können.

Für dieses Beispiel sähe die Rechnung also wie folgt aus:

  • 150 Watt x 5h ÷ 1.000 = 0,75 kWh
  • 225 Watt x 5h ÷ 1.000 = 1,125 kWh
  • 300 Watt x 5h ÷ 1.000 = 1,5 kWh
Kostenfalle PC - Netzteile haben unterschiedlichen Verbrauch
Kostenfalle PC – Netzteile haben unterschiedlichen Verbrauch

Unterschiede durch Art des Netzteil

Nun wissen wir wie viel im Gebrauch für den Computer selbst ausfällt. Doch welchen Unterschied macht das genutzte Netzteil? Betrachten wir die drei Beispiele nun einmal bei Verwendung eines Netzteils mit Bronze-Siegel und eines Netzteils mit Titanium-Siegel. Dafür rechnen wir den ermittelten Wert für die Bronze-Siegel-Netzteile durch 0,8, da sie nur 80 Prozent der gezogenen Leistung entsprechen. Für die Titanium-Netzteile hingegen rechnen wir durch 0,91, da sie 91 Prozent der gezogenen Leistung entsprechen. Wer mit dem bestmöglichen Wirkungsgrad der Titanium-Netzteile rechnen möchte, legt hierfür 0,96 für 96 Prozent zugrunde.

Bronze-Siegel:

  • 0,75 kWh ÷ 0,8 = 0,9375 kWh
  • 1,125 kWh ÷ 0,8 = 1,40625 kWh
  • 1,5 kWh x ÷ 0,8 = 1,875 kWh

Titanium-Siegel:

  • 0,75 kWh ÷ 0,91 ≈ 0,82417 kWh
  • 1,125 kWh ÷ 0,91 ≈ 1,23626 kWh
  • 1,5 kWh ÷ 0,91 ≈ 1,64835 kWh

Jahresverbrauch anhand von Tagesdurchschnitt ermitteln

Diesen täglichen Verbrauch jeder Variante rechnen wir nun mit 365 Tagen auf ein gesamtes Jahr hoch. Wer weiß, dass er einen längeren Urlaub unternimmt und somit an einigen Tagen nicht den heimischen PC nutzt, kann diese Tage von den 365 abziehen, um ein genaueres Ergebnis zu erhalten.

Bronze-Siegel:

  • 0,9375 kWh x 365 = 342,1875 kWh
  • 1,40625 kWh x 365 = 513,28125 kWh
  • 1,875 kWh x 365 = 684,375 kWh

Titanium-Siegel:

  • 0,82417 kWh x 365 = 300,82205 kWh
  • 1,23626 kWh x 365 = 451,2349 kWh
  • 1,64835 kWh x 365 = 601,64775 kWh

Nun kommt der spannendste Teil. Der Verbrauch für das Jahr ist ermittelt und der Strompreis pro kWh muss herangezogen werden. Im Idealfall nimmt man dafür den Strompreis des eigenen Anbieters, der sich im Versorgungsvertrag findet. Alternativ kann man jedoch auch mit Schätzungen arbeiten. In unserem Fall legen wir nun geschätzt 0,30 Euro pro kWh zugrunde.

Bronze-Siegel:

  • 342,1875 x 0,30 € = 102,65625 €, gerundet knapp 102,66 €
  • 513,28125 x 0,30 € = 153,984375 €, gerundet knapp 153,98 €
  • 684,375 x 0,30 € = 205,3125, gerundet knapp 205,32 €

Titanium-Siegel:

  • 300,82205 x 0,30 € = 90,246615 €, gerundet knapp 90,25 €
  • 451,2349 x 0,30 € = 135,37047 €, gerundet knapp 135,37 €
  • 601,64775 x 0,30 € = 180,494325 €, gerundet knapp 180,49 €

Während sich die Preise für das Netzteil mit Bronze-Siegel also zwischen 102,66 Euro und 205,32 Euro bewegen, zahlen Nutzer des Netzteils mit Titanium-Siegel zwischen 90,25 Euro und 180,49 Euro. Je höher der gesamte Verbrauch des Computers ausfällt, desto mehr fällt der Unterschied zwischen einem Netzteil mit Bronze-Siegel und Titanium-Siegel ins Gewicht.

Preisexplosion in Zeiten der Energiekrise?

Seinen Computer zu nutzen, könnte ab dem Jahr 2023 so teuer werden wie noch nie zuvor. Aktuelle Prognosen rechnen mit einer Erhöhung der Strompreise von rund 60 Prozent. Die Kilowattstunde Strom könnte also bald schon mit 50 Cent statt 30 Cent abgerechnet werden. Für unser vorheriges Rechenbeispiel bedeutet das, veraltete Netzteile werden für dich umso teuer auf deine Jahresbilanz betrachtet:

Bronze-Siegel:

  • 342,1875 x 0,50 € = 171,09375 €, gerundet knapp 171,09 €
  • 513,28125 x 0,50 € = 256,640625 €, gerundet knapp 256,64 €
  • 684,375 x 0,50 € = 342,1875 gerundet knapp 342,19 €

Titanium-Siegel:

  • 300,82205 x 0,50 € = 150,411025 €, gerundet knapp 150,41 €
  • 451,2349 x 0,50 € = 225,61745 €, gerundet knapp 225,62 €
  • 601,64775 x 0,50 € = 300,823875 €, gerundet knapp 300,82 €

Während du also bereits bei einem Titanium-Netzteil mit einer Preiserhöhung von knapp 60 bis 120 Euro rechnen musst, wird das Bronze-Netzteil noch einmal teuer. Hier schlägt die Strompreis-Entwicklung bereits mit knapp 70 bis 140 Euro zu Buche.

Lohnt sich die Investition in ein Titanium-Netzteil?

Netzteile mit einem Titanium-Siegel sind im Anschaffungspreis erheblich teuer als andere Netzteile. Verfügt man bereits über ein gutes Netzteil mit einem vernünftigen Verbrauch, ist die Einsparung meistens geringer als der Einkaufspreis des neuen Netzteils. Muss man allerdings ohnehin in ein neues Netzteil investieren, so empfiehlt es sich, auf lange Sicht in ein Netzteil mit besserem Wirkungsgrad zu investieren. Das muss nicht zwingend ein Titanium-Netzteil sein. Auch ein Platinum-Netzteil benötigt bereits wesentlich weniger Strom, um die notwendige Leistung für einen Computer bereitzustellen als ein Netzteil mit Bronze-Zertifikat. Insbesondere Anwender, die insgesamt einen hohen Verbrauch mit ihrem Computer aufweisen, profitieren von einem Netzteil mit besserer Auslastung.

Kostenfalle PC: Stromkosten möglichst genau berechnen

Da sich die Auslastung eines Computers wesentlich schlechter einschätzen lässt als die eines Fernsehers, bleibt die genaue Schätzung des Verbrauchs ein Knackpunkt. Je genauer man sich an dem eigenen Netzteil, der Nutzungszeit und der ungefähren durchschnittlichen Auslastung orientiert hat, desto genauer dürfte die Schätzung der Realität kommen. Wer mit einer Schätzung allein nicht zufrieden ist, kann auf smarte Steckdosen zurückgreifen. Diese verfügen über eine integrierte Verbrauchsmessung und können den Strombedarf seines Computers noch genauer im Auge behalten.

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3 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild TheFriendlyMisanthrope

    Alter Verwalter… So viel Text für ein paar Euro. In Zeiten in denen Mensch 3x am Tag 4€ für schlechten Kaffee im Pappbecher ausgibt.

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    • Nutzerbild Ruegnueg

      Wer macht denn das? Starbucks Idioten geben noch mehr aus 🙂

      Trotzdem, bei den aktuellen Strompreisen, finde ich das schon sinnvoll. Mein Desktop hängt an einer Master-Slave Leiste, desktop aus, komplette Peripherie Strom weg. Ohne das man irgendwas machen muss.

      Läuft aber eh nur noch 1-2 Stunden am Tag.
      NAS läuft ungefähr 16 Stunden.

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  2. Nutzerbild D. Hund

    dazu „im Kleinen sparen“, im Großen denken“

    meine Philosophie 👨‍🌾

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