"Killer" beginnt mit KI: Tötet Google das offene Internet?

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Vier von fünf Personen durchsuchen per Google-Suche das Internet. Mit den AI Overviews, sagen zumindest viele Kritiker:innen, überspannt Google den Bogen – und gefährdet möglicherweise das Internet. Erstmals gesteht hier auch Google selbst Fehler ein.
Ein farbenfroher Farbklecks fließt aus einem zerbrochenen Computerbildschirm mit Google.
Zerstört Google Teile des Internets, die es einst selbst mitgeprägt hat?Bildquelle: KI-generiert

Die Google-Suche ist und bleibt ein Gigant. Selbst KI kann ihr nichts anhaben – im Gegenteil: Mit der neuen KI-Übersicht, die über Gemini eingebunden wird, baut Google seine Vormachtstellung in der Suche noch weiter aus. Du hast es sicher schon bemerkt: Bei vielen Suchanfragen erscheint ganz oben ein KI-Ergebnis, das dir in den meisten Fällen bereits eine ziemlich ausführliche Antwort liefert.

Google nimmt den Webseiten die Klicks

Frag zum Beispiel mal, wie groß Dortmund ist. Sofort taucht oben das Gemini-Logo auf und direkt darunter die Antwort. Rechts findest du noch ein paar Links, die du theoretisch anklicken könntest – nötig ist das aber nicht, weil Google dir durch die KI schon alles Wichtige serviert. So sieht das dann aus:

Google-Suchergebnisse zur Bevölkerung Dortmunds, mit 603.462 Einwohnern am 31. Dezember 2024.
Google fasst ein paar wichtige Informationen zusammen, sodass ich nicht auf eine weitere Seite klicken muss.

Fragst du, wie groß das Display des Samsung Galaxy S25 Ultra (Test) ist, bekommst du ebenfalls direkt eine KI-Antwort. Du müsstest also keinen Artikel über das Galaxy S25 Ultra mehr anklicken, sondern könntest dir die Infos direkt in der Google-Suche anzeigen lassen.

Genau das sorgt für Zündstoff: Immer mehr News-Seiten stellen sich gegen Google. Spannend wird es an dem Punkt, an dem Kritik laut wird – denn Googles Standardreaktion lautet bisher fast immer: Der Traffic der Publisher bleibe stabil, teilweise steige er durch die Nutzung der AI Overviews sogar.

Google gesteht erstmals die Entwicklung ein

Dass das nicht so ist, zeigte jüngst eine Studie von SimilarWeb. Demnach ist der Anteil der sogenannten „Zero-Click“-Suchen seit Einführung der KI-Übersichten im Mai 2024 innerhalb eines Jahres von 56 auf 69 Prozent gestiegen. Zur Einordnung: Zero-Click-Suchen sind Anfragen, bei denen Nutzer:innen die Antwort schon direkt in der Ergebnisliste sehen – etwa in Infoboxen, Snippets oder eben durch die KI – und deshalb gar nicht mehr auf eine externe Seite klicken.

SimilarWeb hat außerdem untersucht, wie sich das konkret auf US-News-Seiten auswirkt: Bei Forbes und HuffPost brachen die Zugriffe um 40 Prozent ein, die DailyMail.com verlor 32 Prozent. Auch CNN (-28 Prozent) und Fox News (-24 Prozent) sind deutlich betroffen. Google betonte trotzdem weiter, dass die AI Overviews den Traffic nicht negativ beeinflussen würden.

Bis jetzt! Denn erstmals gibt es von Google selbst ein Eingeständnis, dass es sehr wohl einen Rückgang gibt. Öffentlich gesagt wurde das allerdings nicht – sondern es stammt aus einem Gerichtsdokument. Wörtlich heißt es darin:

Tatsache ist, dass das offene Web heute bereits rapide an Bedeutung verliert und der Veräußerungsvorschlag der Kläger diesen Niedergang nur noch beschleunigen würde, was den Publishern schaden würde, die derzeit auf die Einnahmen aus Display-Werbung im offenen Web angewiesen sind.

Zur Erklärung: Mit dem „offenen Web“ ist der frei zugängliche Teil des Internets gemeint, der über Suchmaschinen oder Standard-Protokolle wie http erreichbar ist – also Inhalte, die ohne Paywall, App-Zwang oder Plattformbindung frei nutzbar sind.

Google rudert wieder zurück

Google will mit dieser Argumentation vermutlich klarstellen, dass das Unternehmen nicht zerschlagen werden sollte – schließlich würde sich der beschriebene Niedergang in diesem Fall nur noch beschleunigen. Dass Google selbst einen Anteil an diesem Verfall des offenen Webs hat, steht in dem Dokument natürlich nicht.

Stattdessen versucht sich der Konzern aus diesem Widerspruch herauszumanövrieren, über den The Verge berichtet. Wie Kollege Caschy berichtet, betont Google, man habe sich mit der Aussage nicht auf das gesamte offene Web bezogen, sondern ausschließlich auf die Display-Werbung innerhalb davon.

Gerade im News-Sektor häufen sich jedoch weiter die Hinweise, dass die AI Overviews massiv am Traffic kratzen. Die Konsequenz ist klar: Wenn Seiten nicht mehr angeklickt werden, können sie irgendwann keinen Content mehr produzieren. Und ohne Content hat auch Google nichts, was es per KI auf seiner Ergebnisseite zusammenfassen könnte.

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