Die hinter dem Kabelanbieter Pyur stehende Tele Columbus hat ihr Kabelnetz in München erweitert und kann dort nun in 270.000 Haushalten der Landeshauptstadt auch Gigabit-Anschlüsse anbieten. Pyur nutzt das aktuell für eine große Werbekampagne. Denn bisher war die Marke in München eher unbekannt und firmierte als Kabel & Medien Service KMS. München ist traditionell die Hochburg von M-Net. Der Anbieter hat schon vor Jahren angefangen, Glasfaser-Leitungen bis in die Häuser zu verlegen.
Kabelanbieter Pyur mit Angriff auf Glasfaser-Anbieter Pyur
Entsprechend nutzt Pyur seinen Rivalen vor Ort als Angriffsfläche in der Werbekampagne. Immerhin bietet man den Gigabit-Anschluss sechs Monate kostenlos an und berechnet danach 34,99 Euro monatlich. Pyur-Neukunden würden so gegenüber M-net 1.700 Euro innerhalb der Mindestlaufzeit sparen. M-Net berechnet für den vergleichbaren Tarif 99,90 Euro. Einziger Unterschied: Der Upstream ist hier mit bis zu 300 Mbit/s deutlich schneller als bei Pyur mit nur bis zu 50 Mbit/s.
Auf X (ehemals Twitter) schrieb Pyur daraufhin „Hallo #München! 99,90€ für #Internet in Gigabit-Geschwindigkeit von [M-net]? Das geht doch günstiger! Wir haben etwas Besseres: Wie klingen 34,99€ pro Monat für 1 Gbit/s?“ Das wollte man bei-M-net aber nicht auf sich sitzen lassen und antwortete „Netter Versuch […] Aber ihr wisst natürlich genauso gut wie wir, dass ein Vergleich des herkömmlichen Koax-Kupferkabels mit Glasfaserleitungen pÿurer Unsinn ist. Bei Glasfaser-Anschlüssen kommt die gebuchte Geschwindigkeit in der Regel auch an.“ Bei keinem anderen Übertragungsweg komme es zu mehr Problemen als dem Kabel, heißt es von M-net unter Verweis auf eine Umfrage von Verivox.
X/Twitter-Nutzer stellt Pyur und M-net bloß
Die Antwort von Pyur: Halbherzig und mit einem Verweis auf Testsiege, die man erreicht habe. Die eigentliche Antwort, die beide Anbieter am Ende des Tages blamiert, schickte ein Nutzer namens @vdsljunkie ab. „Liebes M-Net-Team, Ihr wisst natürlich, dass auch Pÿur in vielen Lokationen bereits die Glasfaser bis in die Keller verlegt hat. Somit muss das Kupferkabel nur noch die Distanz vom Keller bis in die Wohnung überwinden – so wie auch bei den meisten Eurer Anschlüsse in München“. Denn tatsächlich baut M-Net oftmals kein FTTH, also Glasfaser bis in die Wohnung, sondern FTTB mit Glasfaser bis in den Keller. Ab da geht es per Kupferleitung weiter. Entsprechend sei die Aussage „echtes Glasfaser-Internet gibt’s hier“ eine Mogelpackung. Und auch die GPON-basierten FTTH-Anschlüsse seien ein Shared Medium, bei dem sich bis zu 64 Teilnehmer 2,5 Gbit/s teilen.
Während Pyur wohl peinlich berührt war, nicht selbst solche fundierten Antworten zu geben, scheint man bei M-net das Thema lieber nicht weiter befeuern zu wollen. Beide Anbieter antworteten nicht mehr und bleiben am Ende blamiert zurück.
Dabei verlieren beide Anbieter eines aus dem Blick: Ein Anschluss mit Gigabit-Datenraten interessiert die allermeisten Internetnutzer kaum, da diese Datenrate heute schlichtweg nicht notwendig und mehr ein Statussymbol ist. Ein Anschluss mit 100 bis 250 Mbit/s reicht heute für den Großteil der Haushalte aus. Auch interessiert die meisten Kunden wenig, wie der Anschluss realisiert wird. Viele wissen nicht einmal, ob sie Kabel, DSL oder Glasfaser nutzen. Viel wichtiger ist ihnen in der Regel eine vernünftige Geschwindigkeit zu einem fairen Preis. Vor allem aber auch, dass diese Leitung dann vernünftig funktioniert. Ob der Anschluss per Glasfaser oder Kabel realisiert wird, ist den wenigsten Nutzern wirklich wichtig.
Update: Nicht-Reagieren von M-net hat einen traurigen Grund
Als Reaktion auf unseren Artikel meldete sich M-Net bei uns und erklärte, warum man die Diskussion, die bereits am 6. November stattfand, beendete. Man habe sie nicht weiterverfolgt, weil die Debatte um technische Details der Übertragung „für uns in der Zwischenzeit durch die Nachricht vom Tod unseres geschätzten Geschäftsführers Hermann Rodler vollkommen in den Hintergrund geraten ist. Dafür bitten wir um Verständnis.“ Das lässt die Nichtreaktion von M-net auch für uns in einem anderen Licht erscheinen. Die Information über den Tod Rodlers, der der Geschäftsführung der M-Net seit 2017 angehörte, war bislang nicht öffentlich. Rodler starb am 6. November im Alter von 63 Jahren unerwartet nach einer schweren Erkrankung, wie es aus München heißt.
Gegenüber inside digital verwies ein Sprecher darauf, dass die auf X getätigten Aussagen des Nutzers nicht korrekt seien. M-Net setze beim FTTH-Netzausbau und auch bei der Aufrüstung von bestehenden Netzen bereits seit etwa zwei Jahren verstärkt auf die XGS-PON Technologie mit einer Bandbreite von 10 Gigabit pro Sekunde. „Zum anderen ist es in unserer Standard-Netzarchitektur auch nicht zutreffend, dass sich bis zu 64 Nutzer die Bandbreite teilen – diese Größenordnung ist völlig übertrieben.“
Eine FTTB- und FTTH-Technologie sei mit der HFC-Technologie der Koax-Kabelnetze, „bei der in der heutigen Ausbaustufe über hundert bis hin zu mehreren Hundert Haushalten an ein Fiber-Node angeschlossen sind, nicht zu vergleichen“, so der Sprecher. „Zu der Tatsache, dass die Glasfaser-Technologie der herkömmlichen Kabel-Technologie im Hinblick auf Leistungsstärke und Zuverlässigkeit technisch deutlich überlegen ist, kann es keine ernsthafte zweite Meinung geben.“