Die Telekom wagt den Frontalangriff - und das ist gut so!

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Die Deutsche Telekom wagt die Tarif-Revolution in Deutschland: Für knapp 80 Euro monatlich ist es jetzt innerhalb Deutschlands möglich, soviel zu telefonieren, SMS zu verschicken und im Internet zu surfen wie man möchte. Keine Frage: 80 Euro sind viel Geld und doch ist der Schritt der Telekom gleichermaßen zu begrüßen wie auch überraschend, findet inside-digital.de-Chefredakteur Hayo Lücke. Ein Kommentar.
Telekom sprengt Limits

Danke, liebe Telekom, das hatte wirklich niemand auf dem Schirm: Hierzulande einen Mobilfunk-Tarif zu starten, der für knapp 80 Euro pro Monat und damit zu einem halbwegs greifbaren Preis, die gesamte mobile Kommunikation innerhalb Deutschlands abdeckt, das muss man sich erst einmal trauen. Ihr tut das. Und dafür ziehe ich meinen Hut. Chapeau.

Premium-Anbieter sorgt für Tarif-Offensive in Deutschland

Warum ich den Bonner Telekommunikationskonzern zu diesem nun vollzogenen und im Vorfeld der Präsentation strikt geheim gehaltenen Schritt beglückwünschen möchte? Ganz einfach: Wohl niemand hätte damit gerechnet, dass es ausgerechnet die Deutsche Telekom ist, die diesen Schritt auf ihrem Heimatmarkt geht. Von einer der zahlreichen Discount-Marken aus der Drillisch Gruppe (Yourfone, smartmobil.de, WinSIM etc.) hätte man es eher erwartet, vielleicht noch von 1&1 oder sogar von O2, wo man zuletzt mit nur eingeschränkt limitierten Free-Tarifen schon für reichlich Aufsehen am deutschen Mobilfunk-Firmament sorgte. Dass nun aber ausgerechnet jener Netzbetreiber eine echte Mobilfunk-Flatrate an den Start schiebt, der sich seit Jahren als Premium-Anbieter sieht und nicht der billige Jakob von nebenan sein möchte, das nötigt mir Respekt ab.

„Keine Limits mehr“ lautete die Kernbotschaft, die der neue Deutschland-Chef der Telekom, Dirk Wössner, und der Privatkundenchef Michael Hagspihl am Dienstag vor rund 1.000 Gästen in der Telekom-Zentrale in Bonn mit Blick auf ihr neues Tarif-Flaggschiff für Privatkunden, Magenta Mobil XL, freudig verkündeten. Dass in diesem Zusammenhang der US-Serien-Star und -Sänger David Hasselhoff seinen Megahit „Looking for Freedom“ zelebrieren durfte, darf als geschickter Marketing-Schachzug verstanden wissen. Denn diesen Song sang der vielumjubelte Held aus „Knight Rider“ und „Baywatch“ schon im Jahre 1989, als die Mauer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR im Zuge der deutschen Wiedervereinigung fiel. Noch heute berichtet er in vielen Interviews, wie sehr ihn dieses Erlebnis geprägt habe. Und eine solche Mauer hat die Telekom nun sinnbildlich auch mit ihrem neuen Tarif eingerissen.

Völlig klar, 80 Euro pro Monat für einen Mobilfunk-Tarif zu bezahlen, ist nicht von Pappe. Niemand wird diesen Betrag mal eben so aus dem Ärmel schütteln. Und doch ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung. Denn der Luxus-Tarif Magenta Mobil Premium XL, der knapp 200 Euro pro Monat kostet, war und ist streng genommen für Otto-Normal-Nutzer nicht ernst zu nehmen – auch wenn er diverse Extras wie zwei Multi-SIMs und Roaming-Verbindungen ohne Aufpreis über die EU-Landesgrenzen hinaus bietet. Für Firmen und Personen mit üppig gefülltem Konto sicherlich ein hübsches Angebot, mehr aber auch nicht. 

Beim neuen Tarif Magenta Mobil XL fehlen derlei Extras. Eine Multi-SIM, die man zum Beispiel in einem Tablet unterbringen könnte, kostet beispielsweise satte 30 Euro extra. Mit welcher Berechtigung dieser durchaus unverschämt anmutende Preis aufgerufen wird, möchte man fragen. Nach kurzem Überlegen wird aber schnell klar, dass die Telekom an dieser Stelle das Teilen des neuen Mobilfunk-Tarifs unter Freunden oder Familienmitgliedern verhindern möchte. Und das ist streng genommen vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber im Grunde in Ordnung so.

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Fair-Use-Limit beim Einsatz im EU-Ausland

Kritischer kann man schon hinterfragen, dass bei der aufgerufenen, hohen Grundgebühr „nur“ 23 GB LTE-Datenvolumen im europäischen Ausland zugelassen werden. An dieser Stelle wird eine Fair-Use-Regelung der EU-Kommission umgesetzt. Mehr als das, was die Telekom ihren Kunden anbieten muss, gibt es an dieser Stelle nicht. Trotzdem: Das ist fair genug. Denn mal ehrlich: Wer von uns braucht wirklich mehr als 23 GB Datenvolumen im EU-Ausland? Derart exzessiv werden nur die Wenigsten das mobile Internet auf Reisen nutzen wollen. Und wer es tut, ist entweder Video-Junkie oder derart abhängig von mobilen Endgeräten, dass unter Umständen sogar die eigene Gesundheit auf den Prüfstand gestellt werden sollte.

Kurzum: Was die Telekom am heutigen Tage gestartet hat, ist ausdrücklich zu begrüßen. Der Markt für die Preise rund um mobile Datennutzung dürfte jetzt noch einmal ordentlich in Bewegung kommen und wir dürfen alle gespannt sein, wie Vodafone, Drillisch und Co auf die Tarif-Offensive aus Bonn reagieren werden. Die Telekom-Manager Dirk Wössner und Michael Hagspihl haben jedenfalls für ein echtes Statement am Markt gesorgt. Ein Statement, das aktuell bei dem einen oder anderen Wettbewerber für Kopfzerbrechen sorgen dürfte.

Telekom-Privatkunden-Chef Michael Hagspihl und Telekom-Deutschland-Chef Dirk Wössner am Dienstag in Bonn. Bildquelle: inside-digital.de / Hayo Lücke

Eines darf man bei aller Euphorie aber auch nicht vergessen: Echte Daten-Flatrates ohne Limit gibt es in anderen europäischen Ländern schon für weit unter 80 Euro. Deutschland ist also noch immer recht weit davon entfernt, im europäischen Durchschnitt zu den wirklich preiswerten Ländern in Bezug auf die Mobilfunk-Nutzung zu gehören. Aber wer weiß, was hinter verschlossenen Türen in Maintal, Düsseldorf, München oder Hamburg schon gerechnet wird. Vielleicht steht die nächste Tarif-Revolution ja schon vor der Tür.

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