In den 1960ern entwickelten Forscher am Deutschen Brennstoff-Institut in der DDR in Freiburg ein revolutionäres Verfahren. Leider konnte der wissenschaftliche Durchbruch damals nicht das Interesse erregen, das es verdient hätte. Denn zur gleichen Zeit lösten die damals hochwertigeren Sowjet-Importe ab den 1970ern das heimisch geförderte Gas ab. Es gab keinen Bedarf mehr an dem frisch entdeckten Erfahren. Doch in der heutigen Energiewende sieht das gänzlich anders aus.
Geniales Verfahren ermöglicht dem Gasnetz Wasserstoff hinzuzufügen
Die Wissenschaftler suchten damals nach einem Weg, um dem Gasnetz Wasserstoff beizumischen und benötigten dafür eine Transportmethode. In der Theorie ist das Verfahren recht simpel. Gibt man Wasserstoff zu Eisenoxid hinzu, entstehen Wasserdampf und Eisen. Später kann man dem Wasser wieder Wasserdampf hinzufügen, um darauf erneut Wasserstoff und Eisenoxid zu erhalten. Mit dieser Methode kann man kleine Nuggets mit Wasserstoff „aufladen“ und wieder „entladen“ und der Wasserstoff kann transportiert werden wie eine Kartoffel. Erst Jahrzehnte nach der ursprünglichen Entdeckung begegnet ein Ingenieur namens Uwe Pahl zwei Forschern des damaligen Teams. In den Archiven der DDR findet die Nugget-Forschung kaum eine Erwähnung, doch die Forscher besitzen noch immer ihre Notizen – viele Schriftstücke, die noch immer lesbar sind.
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„Wir haben die Berichte von damals“, sagt Pahls Kollege Matthias Rudloff zu FOCUS online Earth. In Magdeburg habe man eineinhalb Jahre lang eine Testanlage mit dem Verfahren betrieben. „Die ganzen Betriebsdaten und Bücher von damals, die haben wir. Zwar mit gelben Matrizen, aber immer noch lesbar.“ Für Pahl und Rudloff ist schnell klar, welcher Schatz ihnen in die Hände gefallen ist. Gemeinsam gründen sie in Dresden das Start-up Ambartec mit einer Mission: Die vergessene DDR-Technik von damals verwenden, um die bundesweite Energiewende voranzubringen. Zu den Investoren des Start-ups gehört dabei unter anderem der deutsche Gas- und Ölproduzent Wintershall Dea. Doch in der Realität gibt es einen Haken zu bedenken.
Ein Problem kann in Zusammenhang mit den Nuggets auftreten
Das Verfahren selbst ist seit dem 19. Jahrhundert bekannt und wurde seitdem weltweit erforscht. Aus den DDR-Archiven ging nicht hervor, ob das Verfahren aus anderen Gründen heraus sich nicht durchsetzen konnte. Die Speicherung von Wasserstoff in Eisen-Nuggets ist komplex, insbesondere wenn die kleinen Teile tausende Zyklen lang überdauern sollen. Die DDR-Kollegen sollen damals eine Möglichkeit gefunden haben, das Verfahren stabil zu gewährleisten. „Wenn Sie nicht wissen, wie es geht, zerbröseln Ihnen diese Nuggets nach drei Versuchen und dann ist Feierabend“, sagt Rudloff. Doch er fügt ebenso hinzu: „Aber wir wissen, wie es geht.”

Das Potenzial für die Anwendung in der deutschen Energiewende wäre riesig. Wasserstoff ist eine der Energiequellen, die man als Alternative zu fossilen Brennstoffen betrachtet. Die deutsche Chemie-, Stahl- und Zementindustrie müssen, um klimaneutral zu werden, auf Wasserstoff als Energieträger setzen. Einige Politiker sehen Wasserstoff sogar als Lösung für private Gasheizungen oder PKWs. Doch die potenziellen Kosten gelten als ein großer Problempunkt dafür. Damit Wasserstoff transportiert werden kann, muss er erst teuer komprimiert werden, da er über eine geringe Dichte verfügt. Dadurch sind sowohl für die Lagerung als auch den Transport entsprechende Tanks und Leitungen notwendig. Zusätzlich muss auch die Explosionsgefahr sowie die leichte Entzündlichkeit berücksichtigt werden.
Dadurch wäre Wasserstoff ein teurer Energieträger. Doch genau mit diesem Verfahren könnte sich eine Lösung gefunden haben, mit der sich der Wasserstoff simpel in Containern transportieren ließe. Teure Genehmigungsverfahren würden entfallen – und somit auch Kosten, die für die Verwendung von Wasserstoff anfielen. Wie gut sich die Methode in der Praxisanwendung eignet, dürfte das Start-up in den kommenden Monaten herausfinden und damit neue Möglichkeiten zur Energieversorgung in Deutschland eröffnen.
