Stromanbieter wechseln: Spionage-Datenbanken gegen "Bonushopper"

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Tarifvergleich durchführen, Anbieter wechseln und Bonus kassieren. So läuft ein Strom- und Gasanbieterwechsel bisher ab. In wenigen Minuten ist der Anbieterwechsel vollzogen. Künftig könnte es im Nachgang zu Problemen kommen.
Stromzähler
Drehen sich die Stromzähler für manche Kunden bald wieder schneller?Bildquelle: Stadtwerke Karlsruhe

Hohe Strompreise durch einen Anbieterwechsel vermeiden. Dieses Credo wird vor allem von Verbraucherzentralen fast schon gebetsmühlenartig verbreitet. Da verwundert es wenig, dass immer mehr deutsche Haushalte einen Stromanbieterwechsel vollziehen. Raus aus einem teuren Vertrag beim Grundversorger, hin zu einem preiswerteren Wettbewerber. Einige Kunden wechseln sogar jedes Jahr aufs Neue. Ihr Ziel: Rabatte, Bonuszahlungen und andere Extras mitnehmen, die viele Stromversorger ihren Neukunden in Aussicht stellen. Doch damit soll in Zukunft Schluss sein, wie der NDR und die „Süddeutsche Zeitung“ berichten.

Neue Datenbanken im Aufbau

Neue Datenbanken sollen den in Deutschland tätigen Stromanbietern in Zukunft möglicherweise auch zeigen, welche Kunden in der Vergangenheit schon häufig ihren Energieversorger gewechselt haben. Die Strom- und Gas-Anbieter könnten derartigen Kunden dann einen Vertrag verweigern, weil theoretisch absehbar wäre, dass mit diesen Haushalten ohnehin kein Geld zu verdienen wäre. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit würden in der Vergangenheit schon wechselwillige Kunden nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit ihren Vertrag ja ohnehin erneut wechseln.

Der NDR und die „Süddeutsche Zeitung“ wollen in Recherchen herausgefunden haben, dass die Schufa und die Münchner Wirtschaftsauskunftei CRIF Bürgel Datenbanken entwickeln, die umfangreiche Vertragsdaten möglichst vieler Stromkunden speichern. Unternehmen könnten diese gespeicherten Daten für ihren „Entscheidungsprozess im Neukundengeschäft“ einsetzen, heiße es in einer Werbebroschüre, die dem NDR vorliegt. Verbraucher- und Datenschützer befürchten nun, dass derartige Datenbanken dazu führen, dass wechselwillige Verbraucher schnell zu identifizieren wären.

Datenschutzbehörden wollen über Freigabe beraten

Aber wäre eine solche Datenbank überhaupt rechtlich vertretbar? Anfang November ist ein Treffen der Datenschutzbehörden der Länder und des Bundes geplant, in der genau dieses Thema auf der Agenda steht. Sollte es dann grünes Licht für die „Bonushopper“-Datenbank geben, könnte es sich für so manchen Haushalt deutlich schwieriger gestalten, den Energieversorger wiederholt zu wechseln.

„Wenn Informationen über Vertragsverhältnisse unter den Unternehmen ausgetauscht werden, wird damit der Wettbewerb zerstört.“ Thilo Weichert, Datenschutzexperte

Bisher ist der Austausch von Daten über wechselwillige Kunden noch nicht erlaubt. Nur wer seine Rechnungen nicht (pünktlich) zahlt, landet zum Beispiel in einer Datenbank bei der Schufa. Und dann kann es in der Folge Schwierigkeiten mit anderen Neuverträgen geben – zum Beispiel auch mit einem Handyvertrag. Denn wer nicht kreditwürdig ist, ist kein gern gesehener Kunde.

Energiebranche mit potenziellem Interesse an Datenbanken

Das Interesse in der Strombranche an Datenbanken mit weitreichenden Kundendaten ist offenbar zumindest teilweise vorhanden. NDR und „Süddeutsche Zeitung“ haben 75 Strom- und Gasversorgern befragt, ob sie derartige Pools in Zukunft einsetzen würden. Sollten die datenschutzrechtlichen Regelungen eingehalten werden, sei eine Nutzung durchaus vorstellbar, so das Feedback von einigen namentlich nicht genannten Versorgern. Andere sehen nach aktuellem Stand der Dinge aber auch ethische Probleme.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Premiumbernd

    Der Strommarkt wurde einst freigegeben um den Wettbewerb zu erhöhen. Nun wird er durch die Hintertür wieder abgeschafft. Das diese Regierung das verhindert kann ich nicht glauben. Wenn die Stromanbieter die „Bonushopper“ nicht haben wollen, sollen sie doch aufhören zu versuchen die Verbraucher mit Boni hinters Licht zu führen. Nach dem Motto, „He, he, wenn der vergisst zu kündigen schlagen wir zu“. Wäre doch auch eine Möglichkeit. Einfach transparente Preise.

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