Das Thema Schufa polarisiert bereits seit Jahren im öffentlichen Diskurs. Ist es ethisch vertretbar? Gerechtfertigt? Legal? Zumindest die letzte Frage könnte bereits in naher Zukunft endgültig geklärt werden. Und mit der dazugehörigen Entscheidung steht und fällt das gesamte Konzept privater Auskunfteien in Deutschland.
Hat Schufa ihren Meister gefunden?
Eigentlich hat das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits Ende 2021 mehrere Fragen zur Klärung vorgelegt. Doch die Mühlen der Justiz mahlen genauso langsam wie die der Bürokratie. Daher verhandelt der EuGH erst seit Donnerstag, den 26. Januar 2023, zu den fraglichen Sachverhalten. Wobei für Schufa einiges auf dem Spiel steht. „Auf der Kippe steht nichts Geringeres als das gesamte System der intransparenten Auskunfteien – denn es könnte an der DSGVO scheitern“, sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke.
Insbesondere das Erste der insgesamt zwei Verfahren gefährdet die Existenz der Auskunftei, denn dieses rückt den Schufa-Score respektive den Bonitätsscore in den Fokus. Nach Auffassung des VG Wiesbaden handelt es sich bei dem dahinterstehenden Berechnungsprozess nämlich um eine automatisierte Entscheidung. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verbietet jedoch, dass Computer Entscheidungen über Menschen treffen, welche diese entweder rechtlich oder auf eine ähnliche Weise beeinträchtigen können. Zwar trifft die Schufa grundsätzlich keine Entscheidung über, beispielsweise die Gewährung eines Kredits, doch der Einfluss der Schufa-Wertung auf die Bank ist offensichtlich. Daher sei die Situation letztlich dieselbe wie bei einer vollständig automatisierten Entscheidung, so Solmecke. In diesem Fall verstieße das Schufa-Verfahren höchstwahrscheinlich gegen EU-Recht und müsse grundlegend reformiert werden.
Ein weiterer Aspekt des ersten Verfahrens thematisiert derweil das deutsche Bundesdatenschutzgesetz (§ 31), welches nach Auffassung des (VG) Wiesbaden der DSGVO entgegenstehen könnte. In diesem Fall würde die Schufa „rechtsgrundlos handeln“ führt das Verwaltungsgericht in einer Pressemeldung auf.
- Passend dazu: Daran orientiert sich der Schufa-Score im Allgemeinen
Zweites Verfahren – illegale Datenspeicherung?
Die Schufa bezieht Daten über deutsche Bürger aus zahlreichen unterschiedlichen Quellen. Dazu sollen auch Informationen aus öffentlichen Verzeichnissen gehören, wie dem öffentlichen Register der Insolvenzbekanntmachungen. Nun zweifelt das VG Wiesbaden allerdings daran, ob eine solche „Parallelhaltung“ der Daten neben den staatlichen Registern überhaupt zulässig sei. Denn dies sei gesetzlich nicht geregelt. Ferner müssten „dieselben Speicher- und Löschfristen gelten, wie in den öffentlichen Registern“. Also sechs Monate anstelle der drei Jahre, welche die Daten gegenwärtig in den digitalen Schufa-Bibliotheken verweilen.
Das endgültige Urteil wird laut Solmecke im Laufe des Jahres, spätestens jedoch Anfang 2024 erwartet.