Radikale Änderung für Solar: Darauf müssen sich PV-Anlagen-Besitzer gefasst machen

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Für PV-Anlagen-Besitzer stehen einige Veränderungen bevor. Nach Regierungsplänen könnte sich die Situation für die Solarenergie künftig stark verändern. Dazu gehört unter anderem eine mögliche Abschaffung der Einspeisevergütung sowie die Einführung sogenannter Differenzverträge.
Anschläge auf PV-Anlagen - Ist deine Solaranlage bedroht
Radikale Änderung für Solar: Darauf müssen sich PV-Anlagen-Besitzer gefasst machenBildquelle: Vivint Solar

Wer eine PV-Anlage besitzt oder sich eine anschaffen möchte, könnte bald mit umfangreichen Neuerungen konfrontiert werden. Wirtschaftsministerin Katharina Reiche hat einen Monitoring-Bericht zum Stand der Energiewende anfertigen lassen. In jüngster Vergangenheit teilte die Ministerin erste Erkenntnisse aus dem Bericht mit und kündigte zugleich einen neuen Kurs für die Energiewende an. Doch viele dieser Vorhaben stoßen auf entsprechende Kritik. Vor allem der Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW) sieht die Pläne der Regierung kritisch.

Reiche plant starke Kürzungen für PV-Besitzer

Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) will die feste Einspeisevergütung für Solaranlagen beenden. Sie stellte den Monitoring-Bericht zur Energiewende in Berlin vor. Zwar hält sie daran fest, dass insgesamt 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen sollen. Ihrer Meinung nach sollten Wettbewerbsfähigkeit und Klimaneutralität jedoch keine Gegensätze sein. In ihren Augen wurde die Finanzierbarkeit der Energiewende „zu lange nicht ausreichend berücksichtigt“. Nicht nur die fixe Einspeisevergütung soll dabei für Neuanlagen komplett abgeschafft werden. Die Wirtschaftsministerin pocht ebenso auf eine „Verpflichtung zur Direktvermarktung“. Damit wären Besitzer von PV-Anlagen gezwungen, ihren Strom direkt selbst an der Strombörse zu verkaufen. Doch weder Privatpersonen noch die Strombörse sind heute bereit dafür, den Stromhandel in einem derart kleinen Maßstab zu öffnen. Die Erlöse würden dadurch für viele PV-Besitzer unberechenbarer und könnten starken Schwankungen unterliegen. Während die fixe Einspeisevergütung einen verlässlichen Mindestsatz für die Investition garantiert.

Warum Differenzverträge die Einspeisevergütung ablösen sollen

Die Einspeisevergütung soll vielmehr durch sogenannte Differenzverträge abgelöst werden, wie von Gutachtern des Monitoring-Berichts empfohlen. Ähnlich wie bisherige staatliche Förderungen würden diese Verträge Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen bei niedrigen Strompreisen finanziell unterstützen. Umgekehrt würde jedoch eine Rückzahlung von Erlösen an den Staat verlangt, die in Phasen mit hohen Energiepreisen erzielt würden. Grundsätzlich könnte das System eine Verbesserung der Kosten für die Energiewende liefern. Im Endeffekt würde dieses Verfahren einer Einspeisevergütung ähneln.

Geht man etwa von einem Preis von 10 Cent pro Kilowattstunde für den Vertrag aus, würde sich das Szenario folgendermaßen abbilden: In Stunden, in denen der Strompreis an der Börse bei lediglich 6 Cent läge, zahlt der Staat die fehlenden 4 Cent hinzu. Würde man den Strom hingegen für 16 Cent verkaufen, müssten die 6 Cent Zuschuss an den Staat zurückfließen. Ob die zusätzliche Bürokratisierung dabei am Ende Kosten einspart oder schafft, kann heute noch nicht eingeschätzt werden. Insbesondere da die Strombörse dafür auch für die kleinsten Marktteilnehmer zugänglich sein müsste.

PV-Anlage auf Hausdach
PV-Besitzer müssen Strom künftig direktvermarkten

Erneuerbare Energien haben einen deutlichen Nachteil

Dabei betonte Reiche, dass erneuerbare Energien schon heute oft mehr Strom liefern, als man benötigt, während sie in wind- und sonnenarmen Zeiten dagegen zu wenig produzieren. Diese Lücke lässt sich im heutigen Stromnetz nur mit fossilen Energien schließen. Ein Fakt, der bereits hinreichend bekannt ist und keine neue Erkenntnis darstellt. Spannender hingegen sind die Maßnahmen, die Reiche ergreifen möchte, um das zu ändern. Gesicherte Leistung soll als Back-up fungieren, etwa in Form von Batteriespeichern, Biomasse-, Wasserkraft- sowie Gaskraftwerken. Einzig die Menge der dabei geplanten Gaskraftwerke ist bisher von vielen Seiten in der Kritik. Nach Berechnungen aus anderen Berichten würden 71 Gaskraftwerke für Deutschland benötigt. Eine teure Investition, die die Energiewende weitaus stärker verteuern würde.

BSW-Kritik stützt sich auf deutliche Zahlen

Die Besorgnis des BSW-Solar ist dabei keineswegs unbegründet. Wie Umfragen von Solarinstallateuren verdeutlichen, würden bei einem Wegfall der EEG-Förderung nur noch 4 von 10 Eigenheimbesitzern zu einer PV-Anlage greifen. Hintergrund dafür ist vor allem die deutlich langwierigere Amortisation der Anlagen. „Neue stark wachsende Stromverbraucher wie Wärmepumpen, E-Fahrzeuge, KI-Rechenzentren und Klimageräte werden den Strombedarf künftig stark steigen lassen. Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung den Ausbau Erneuerbarer Energien und Speichertechnologien jetzt massiv vorantreiben. Anstelle von Einschnitten bei der Solarförderung benötigen Betreiber und Branche einen verlässlichen Investitionsrahmen und weniger Marktbarrieren. Nur so kann Solarenergie den erforderlichen Beitrag zur Umsetzung der Klimaziele leisten und absehbare Zielverfehlungen im Bereich der Windkraft, im Verkehrssektor und bei der Gebäudemodernisierung kompensieren“, so äußert sich der Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar in einer ersten Stellungnahme.

mehr balkonkraftwerke denn je drohen jetzt zwangsabschaltungen fuer pv anlagen
Ausbau von Balkonkraftwerken und Solaranlagen würde man durch Einschnitte ausbremsen

Auch die Gutachter selbst wiesen in ihrem Bericht darauf hin: „PV dürfte gemäß der untersuchten Szenarien das EEG-Ziel für 2030 von 215 GW erreichen, bei keinen grundlegenden Änderungen in den Umsetzungsvoraussetzungen wie Flächenverfügbarkeit oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.“ Doch ein Einschnitt in die Förderung würde eine ebensolche Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bedeuten. Der Verband fordert daher von der Bundeswirtschaftsministerin, auf eine Förderkappung zu verzichten und die korrekten Schlussfolgerungen aus dem Monitoring-Bericht zu ziehen. Vielmehr sei es entscheidend, den Fokus auf die Flexibilisierung sowie eine verbesserte Netzausnutzung zu legen, wie die Gutachter betonten. Darin liegen Möglichkeiten, die Kosteneffizienz der Energiewende zu erhöhen.

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