DSL-Abschaltung: Das sind die Pläne der Regierung

5 Min. Lesezeit Teilen/Speichern
DSL soll abgeschaltet werden, das steht fest. Unklar ist aber, wie der Wechsel auf Glasfaser erfolgen soll. Denn es gibt verschiedene Interessen und technische Dinge zu beachten. Nun gibt es einen ersten konkreten Vorschlag.
Eine Collage mit Telekom-Logo einem symbolischen DSL-Anschluss und einem Glasfaserkabel

Telekom:-DSL so könnte die Abschaltung laufen

Das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) hat Eckpunkte für die Abschaltung der DSL-Netze und den Umstieg auf Glasfaser vorgelegt. Für Verbraucher geht es dabei um drei zentrale Versprechen: unterbrechungsfreie Versorgung, angemessene Preise und klare Information – von der ersten Ankündigung bis zur tatsächlichen Abschaltung. Bis diese in ganz Deutschland erfolgt ist, wird es nach Einschätzung des Ministeriums aber noch 10 bis 15 Jahre dauern. Und: Es wird keinen bundesweiten Abschalttag geben.

Erst wechseln erleichtern, dann abschalten

Das Papier beschreibt den Migrationsweg in zwei Phasen: zuerst freiwillig wechseln, später – wo nötig – forciert migrieren. Das erfolgt dann durch Verfahren, wie man sie schon von anderen Alt-Technologien kennt: Altverträge werden die Anbieter eines Tages kündigen. Ziel ist, möglichst viele Kundinnen und Kunden frühzeitig von FTTH-Anschlüssen zu überzeugen, damit die kupferbasierten Netze „leer“ werden.

Als zeitliche Orientierung schlägt das BMDS eine Drei-Jahres-Regel vor: Spätestens drei Jahre nach Erreichen einer noch zu definierenden Versorgungsschwelle (nahezu flächendeckende FTTH-Verfügbarkeit in einem Gebiet) soll ein Gebiet „abschaltfähig“ sein. Allerdings geht das nur, wenn Wettbewerbsoptionen für Endkunden bestehen.

Sollten einzelne Häuser noch nicht mit einer Glasfaserleitung versorgt werden können, muss es „gleichwertige Alternativlösungen“ geben. Das kann aber auch ein Funk-Angebot sein. Die Versorgungsschwelle soll so hoch angesetzt werden, dass nahezu alle Anschlüsse im Abschaltgebiet bereits an Glasfaser hängen; nur wenige Ausnahmen sollen temporär über Alternativen laufen.

Wichtig für den Alltag: Die Qualität der Kommunikationsdienste darf nicht hinter den bisherigen Stand zurückfallen. Gleichzeitig sieht das BMDS keine Notwendigkeit für regulierte „Low-Cost-Produkte“ mit sehr niedrigen Bandbreiten (z. B. 16 Mbit/s) oder reiche Telefontarife. Letztere spielen schon heute kaum noch eine Rolle. Die Alternative könnten beispielsweise Mobilfunkangebote sein.

Endkunden und Kommunen sollen rechtzeitig über Abschaltpläne informiert werden. In Pilotprojekten zeigten sich aber Hürden: alte Kontaktdaten, verweigerter Zugang ins Haus, Datenschutzfragen und das Problem, dass technische Abschaltgrenzen nicht zu Gemeindegrenzen passen. Das Ministerium verspricht hier Lösungen.

Breitband-Atlas soll Homes-Connected Infos bekommen

Ein Kernpunkt für Verbraucher: Der Bund will adressgenau „Homes Connected“ im Breitbandatlas erfassen – also nicht nur, wo Glasfaser vorbeiläuft, sondern wo sie tatsächlich ins Gebäude/Wohnung geführt ist. Hintergrund: Der Anteil „Homes Connected“ an erreichbaren Adressen ist laut BNetzA von etwa 49 Prozent (2022) auf etwa 39 Prozent (2024) gesunken. Das bremst die Nutzungsquote, da die Schaltung eines „Homes Passed“-Anschlusses oftmals mehrere Monate dauert. Kunden entscheiden sich dann eher für andere Angebote.

Inhouse-Netze (NE4): Ohne Gebäudeverkabelung kein Nutzen

Glasfasernetze werden inzwischen verstärkt in Städten ausgebaut. Hier bekommen die Glasfaseranbieter aber oft keinen Zugang zu den Gebäuden, weil die Eigentümer oder Eigentümergemeinschaften es ablehnen. Gerade in Mehrfamilienhäusern stockt die Migration so oft an der gebäudeinternen Glasfaser-Verkabelung. Das BMDS kündigt daher gesetzliche Anpassungen an, um Hausanschlüsse und NE4-Ausbau zu beschleunigen. Für Verbraucher bedeutet das: weniger Baustellen-Pingpong zwischen Eigentümern, Netzbetreibern und Mietern – und schnellere tatsächliche Nutzbarkeit.

Telekom-DSL-Abschaltung auch, wenn nur Wettbewerber ausgebaut haben

Die Bundesnetzagentur soll per Regulierungskonzept festlegen, wie Abschaltgebiete zugeschnitten werden, welche Versorgungsschwelle gilt und wie Migrationskosten verteilt werden. Die Abschaltung soll netzbetreiberneutral möglich sein – also auch dort, wo Wettbewerber das FTTH-Netz gebaut haben. Ziel ist ein fairer Wettbewerb ohne selektive Abschaltpraxis. Denkbar sind zudem kommunale Zuschnitte, damit Informationen einheitlich adressiert werden können. Die Telekom hatte sich immer wieder dagegen gewehrt, dass sie ihr Netz abschalten muss, wenn ein Wettbewerber Glasfaser anbietet.

Reaktionen aus der Branche

Der Glasfaserverband BREKO begrüßt das Papier als wichtigen Startschuss und „Signal für weitere Milliardeninvestitionen“. Entscheidend sei, dass unabhängig vom Netzbetreiber überall dort von DSL auf Glasfaser umgestellt werde, wo FTTH vorhanden ist.

Der Wettbewerberverband VATM sieht in den Eckpunkten eine „entscheidende Chance für mehr Wettbewerb, Transparenz und Planungssicherheit“. Allerdings unter der Bedingung, dass die BNetzA aktiv steuert und man das Telekommunikationsgesetzt anpasst.

Vodafone-Chef Marcel de Groot teilte gegenüber inside digital mit, das Digitalministerium wolle die Gigabit-Wende für Deutschland – und gehe heute damit einen weiteren wichtigen Schritt. „Das Aus fürs lahme DSL ist eingeleitet. Für mehr Wettbewerb und mehr Geschwindigkeit. Für Verbraucher und Wirtschaft.“ All das sei gut für den Digitalstandort Deutschland. Als Nächstes müssten rasch Schritte folgen, damit die Gigabit-Wende auch konsequent in die Umsetzung geht. Vodafone ist mit seinem gigabitfähigen Kabelnetz in einer speziellen Situation, zumal man im Joint Venture OXG auch in Glasfasernetze investiert.

Vom Breitbandverband ANGA heißt es, die BMDS-Eckpunkte „legen den Grundstein für das dringend notwendige Internet-Upgrade in Deutschland. Das Ministerium bestätigt damit die Forderung der ANGA nach einem zügigen Umstieg von alten DSL-Netzen auf moderne Highspeed-Verbindungen – überall dort, wo diese verfügbar sind, unabhängig vom Betreiber.“

Die Deutsche Telekom wiederum reagierte – wenig überraschend – verschnupft auf das Eckpunktepapier. Gegenüber inside digital teilte das Unternehmen mit, man nehme das Papier zur Kenntnis. „Ob dies den weiteren Ausbau voranbringt oder Investitionen eher erschwert, bleibt abzuwarten. Zurecht stellt das Papier klar, dass vor dem zweiten Schritt zunächst der erste erfolgen muss: der Ausbau der Netzebene 4, also der Glasfaser in den Häusern. Hier braucht es dringend Verbesserungen beim Zugang zu den Häusern und Wohnungen.“ Überraschend sei, dass die Abschaltung der alten Koax-Kabelnetze nicht vorkomme, obwohl diese Kupfer-Fernsehnetze fast 180 Prozent mehr Strom als Glasfasernetze verbrauchten.

Was passiert jetzt?

Das Bundesdigitalministerium hat ein Konsultationsverfahren zu dem Eckpunktepapier eingeleitet. Die Konsultation richtet sich an alle betroffenen Telekommunikationsunternehmen, Länder und Kommunen sowie „die interessierte Öffentlichkeit“. Bis zum 14. November können alle Interessierten unter www.bmds.bund.de/kgm-konzept ihre Vorschläge beisteuern.

Keine Kommentare

[-AMP Version-]