Verwackler adé: So gelingen flüssige Handyvideos

9 Minuten
Verschwommene Bilder und Videos gehören zum Alltag vieler Smartphone-Nutzer. Dieses Problem will DJI gelöst haben und hat auf der IFA 2016 in Berlin den Osmo Mobile vorgestellt. Er soll ambitionierte Video- und Fotografen, die mit ihrem Smartphone unterwegs sind, ansprechen und den Verwacklern endgültig den Gar aus machen. Die Redaktion von inside-digital.de hat den Bildstabilisator unter die Lupe genommen.
DJI Osmo Mobile

Der DJI Osmo Mobile ist ein handgehaltener und aktiver Bildstabilisator für Smartphones. Mit ihm sollen unscharfe Bilder und verwackelte Videos der Vergangenheit angehören. Das Ganze hat jedoch seinen Preis: Knapp 340 Euro verlangt der Drohnenhersteller für seinen Hand-Gimbal. Dafür bekommt der Nutzer allerdings auch einiges geboten.

Hardware und Ausstattung

Der DJI Osmo Mobile besteht aus einem Handgriff mit allerlei Steuerungselementen wie einem Joystick, zwei Auslöse-Buttons und einem Taster für die Arretierung der Position des Smartphones. An den Handgriff angeflanscht ist die Aufnahme des Smartphones. Dazwischen liegen die wahren Helden des Osmo Mobile: Die motorisch gesteuerten Gelenke, die die Stabilisierung des Smartphones bewerkstelligen. Das Ganze wird von DJI in unauffälligem Schwarz und extravagantem Silber angeboten.

Unboxing des DJI Osmo Mobile

Der Osmo Mobile kommt in einer äußerlich unauffälligen Verpackung zum Kunden. Den Kartonüberzieher abgestriffen, zeigt sich eine schwarze Schutzverpackung, die im Inneren mit einem auf den Gimbal zugeschnittenen und recht festen Schaumstoff ausgekleidet ist, der das Gerät sicher schützt. Dazu legt DJI ein Ladekabel von USB auf Klinke und eine Schnellanleitung in englischer und chinesischer Sprache. Eine deutschsprachige Anleitung sucht man jedoch vergebens. Auch auf der deutschen DJI-Seite wird keine solche Anleitung angeboten. Dafür allerdings aufschlussreiche und gut gemachte Tutorial-Videos, ebenfalls in Englisch, allerdings mit deutschen Untertiteln.

Im Lieferumfang befindet sich auch eine Kunststoff-Tasche, in der der Osmo Mobile und einiges an kleinem Zubehör Platz findet. Eine Handschlaufe und der Wechselakku komplettieren die Lieferung von DJI.

Material und Verarbeitung

DJI hat den Handgriff des Osmo Mobile auf der dem Nutzer zugewandten Seite gummiert und so für einen griffigen Halt gesorgt. Bei den Materialien wechseln sich Kunststoff und Metall ab, wobei alles einen sehr hochwertigen Eindruck macht. Das Gewicht von 300 Gramm unterstreicht diesen Eindruck. Trotzdem wirkt der Osmo Mobile nie zu schwer und liegt sehr angenehm in der Hand.

DJI Osmo Mobile

Ein großes Manko bei der Verarbeitung betrifft die Lackierung der Halterarme: Schon nach kurzer und nicht zu intensiven Nutzung zeigen sich erste Kratzer an den Kanten. Sie rühren unter anderem davon, dass die Arme im ausgeschaltetem Zustand unkontrolliert gegeneinander schlagen. Aber auch schon das Auflegen des Gimbals auf eine etwas rauhere Oberfläche verursacht hässliche Spuren im Lack. Hier sollte DJI dringend an der Haltbarkeit und Robustheit feilen. Ein zweites Manko, allerdings bei weitem weniger auffällig, ist das Akku-Kläppchen, das wie sein Scharnier aus Kunststoff gefertigt und beim Hantieren recht empfindlich ist. Somit ist bei der Handhabung des DJI Osmo Mobile Fingerspitzengefühl und eine gehörige Portion Achtsamkeit an den Tag zu legen.

Smartphone-Halter mit Tücken

Der Smartphone-Halter des Osmo Mobile nimmt Smartphones bis zu einer Breite von 84,8 mm auf. Das genügt für viele, allerdings nicht für alle Handys am Markt. Trotzdem wird hier der Großteil des Marktes abgedeckt. Die maximale Dicke von 8,4 mm wird am Markt schon öfter überboten und sollte somit vor dem Kauf des Hand-Gimbals geprüft werden. Wer sein teures Smartphone mit einer Hülle vor den Widrigkeiten der Welt schützt, muss das Smartphone entweder strippen oder schon vorher abklären, wie dick und breit die Handyhülle wirklich ist.

Bevor gefilmt und fotografiert werden kann, muss das Smartphone, inklusive Halterung ausbalanciert werden: Durch die verschiedenen Smartphone-Größen ist die Verstellung nötig, damit der Schwerpunkt auch auf dem Achsmittelpunkt des Horizontalgelenks liegt. Die Einstellung geschieht über einen einfachen Schlitten, der an der gewünschten Position arretiert wird und das Smartphone so in Waage hält.

Software

Auch Software-seitig sind ein paar kleine Vorbereitungen zu treffen: DJI bietet für den Osmo Mobile eine App zur Steuerung der Kamera und der Kommunikation zwischen dem Gimbal und dem Smartphone an. Die App ist schnell heruntergeladen und verbindet den Osmo Mobile via Bluetooth sehr flott mit dem Handy.

Kamera-App

Die Kamerafunktionen der App befinden sich, verglichen mit dem Top-Niveau der Smartphone-Hersteller nicht ganz auf Augenhöhe. Manuelle Einstellungen sind nur zum Teil möglich und nicht per Handgriff steuerbar. Das verwundert etwas, wird im offiziellem Tutorial von DJI doch ein manueller Modus genutzt. Die aktuelle App bietet ihn jedoch nicht. Lediglich der Weißabgleich kann per Hand eingestellt werden und das auch nur in groben Schritten.

DJI Osmo Mobile – Screenshots Kamera-Funktionen

Ein weiterer Schwachpunkt der Kamera-App ist die Videoauflösung. Mit dem LG G5, das als Test-Smartphone zu Rate gezogen wird, ist es möglich, Videos bis zu einer UHD-Auflösung aufzunehmen. Die App von DJI sieht das nicht vor und realisiert Videos mit maximal Full-HD-Auflösung. Dafür befinden sich nativ Zeitlupen und Zeitraffer-Funktionen in der App, die in nicht allen Smartphones von Werk aus vorhanden sind.

DJI GO

Die Kamera-App ist in der App DJI GO untergebracht, die für andere DJI-Produkte auch Verwendung findet. Dadurch muss nur ein Software-Paket heruntergeladen und auf das Smartphone installiert werden, auch wenn beispielsweise eine Drohne und der Osmo Mobile vorhanden sind. Die App an sich gerät unspektakulär und übersichtlich. Sie hat einen dauerpräsenten Bluetooth-Button integriert, womit Verbindungsabbrüche schnell repariert werden.

DJI Osmo Mobile – Screenshots Einstellungen

Steuerung und Modi

Die Steuerung der Osmo Mobile ist intuitiv und geht vom Start weg flüssig von der Hand.Die Tastenbelegung beispielweise des vorderen Auslöse-Buttons, der bei doppeltem Tasten die Neuausrichtung des Smartphones vornimmt, muss zwar erst gelernt werden, jedoch sind auch diese Funktionen schnell in Fleisch und Blut übergegangen. Die meiste Zeit der Benutzung macht der Osmo Mobile alles von selbst und kommt ganz ohne Nachsteuern des Kameramanns aus. Trotzdem sollte man es mit der Bewegung der Hand nicht übertreiben. Auch der Osmo Mobile hat seine Grenzen im Ausgleichsumfang, sowie der Ausgleichsgeschwindigkeit.

Tracking-Modus

Ein sehr spannender Modus des Osmo Mobile nennt sich Active-Tracking: Dabei wird per Fingtipp ein Objekt auf dem Smartphone-Display ausgewählt, das verfolgt werden soll. Bewegt es sich, oder bewegt sich die Kamera, richtet der Osmo Mobile die Kamera immer auf das Objekt aus. Gerade bei Videos mit Kindern oder Sportlern, bietet sich dieser Modus an. Zu schnell darf die Bewegung jedoch nicht sein: Irgendwann ist auch die Maximalgeschwindigkeit von 120°/s erreicht.

Panorama-Modus

Ein weiterer Modus spricht vor allem Fotografen an: Wer sich schon immer über verschobene Panorama-Bilder geärgert hat, wird im Pano-Modus fündig und auch glücklich: Die Bilder mit wahlweise 180 oder 330° Winkel gelingen aus der Hand und werden vom Osmo Mobile automatisch erstellt. Somit kann sich der Nutzer voll auf das Objekt konzentrieren und muss nicht selbst die Bewegungen ausführen, während er noch versucht, die Kamera ruhig zu halten.

DJI Osmo Mobile
Bildquelle: Michael Büttner / inside-digital.de

Motion-Timelapse

Eine ähnliche Anwendung, jedoch jetzt wieder in der Video-Sektion, sind Timelapse-Videos mit einer integrierten Bewegung. Diese Art Video war lange nur DSLR-Fotografen mit einer Menge Ausstattung und viel Geld vorbehalten. Der Osmo Mobile bringt sie jetzt auch in die Smartphone-Welt. Dafür müssen Positionspunkte festgelegt werden, welche abgefahren werden sollen. Dazu wird die Zeit des Videos definiert. Den Rest erledigt der Osmo Mobile, die App und das Smartphone. Ärgerlich dabei: Da die Videozeit recht lang werden kann, sollte das Gespann sicher abgestellt werden, wenn der Nutzer keinen Tennisarm bekommen will. Das wird jedoch erschwert, da der Hand-Gimbal kein 1/4-Zoll am unteren Ende besitzt, sondern um 90 Grad gedreht werden muss, um auf ein Stativ geschnallt werden zu können. Das wiederum beeinträchtigt den Radius, in dem solche Videos aufgenommen werden können.

Bildqualität und Stabilisierung

Die Bildqualität hängt vor allem vom Smartphone selbst ab, jedoch bringt der Osmo Mobile auch einiges an Unterstützung für die kleinen Kameras mit. Die Bildstabilisierung wirkt nicht nur bei Videos, sondern bringt auch echte Vorteile bei Nachtaufnahmen, wenn lange Belichtungszeiten gewünscht sind oder der ISO-Wert gedrückt werden soll.

Das Hauptkaufargument liefert jedoch die Stabilisierung von Videos. Selbst mit ungeübter Hand gelingen hervorragende Kamerafahrten und ein sehr stabiles Bild. Verwackler sind mit dem Osmo Mobile fast kein Thema mehr. Dazu trägt auch die gute Balance des gesamten Konstrukts bei, das in keine Richtung drängt, sondern sehr neutral in der Hand liegt.

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Die Stabilisierung kann je nach Modus in ihrer Funktionalität variieren. Will man beispielsweise, dass die Kamera in der Horizontalen der Bewegung folgt, ist dies voreingestellt. Drückt man jedoch den Pistolentaster auf der Front des Osmo Mobile verharrt die Kamera immer in der horizontalen oder dem Neigungswinkel, den sie hatte, als der Taster gedrückt wurde. Damit lassen sich Kamerafahrten realisieren, bei der ein Objekt von unten bis oben abgefahren wird, ohne dass man in die Knie gehen oder sich strecken müsste.

Fazit

Der DJI Osmo Mobile kann bei der Stabilisierung der Handykamera voll überzeugen. Doch ganz ohne Kritik kommt er nicht aus. Zum einen nervt es, dass die Ärmchen des Stabis bei ausgeschaltetem Osmo Mobile nicht arretiert, oder zumindest in der Bewegung gebremst oder beschränkt sind. Die wabbelige Aufhängungen führen zwangsläufig zu Kratzern und machen den Osmo Mobile in diesem Fall zu einem unhandlichen Stück toter Technik. Dazu kommt die überraschend schwache Kamera-App, die die manuellen Einstellungen vernachlässigt. Hier kann man definitiv mehr erwarten.

Trotz der Kritik ist der Osmo Mobile ein tolles Produkt, das allerdings mit einem Preis von knapp 360 Euro recht teuer gerät. Wer jedoch auf der Suche nach einem hervorragenden Stabilisator für Smartphone-Videos und auch für die ein oder andere Spielerei offen ist, sollte sich den DJI Osmo Mobile genauer ansehen.  

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