Ambitionierter Holperstart ins Hardware-Geschäft

13 Minuten

Microsoft Lumia 535
Bildquelle: inside-digital.de

Verarbeitung und Design

Beim ersten Anfassen des Smartphones fällt nicht auf, dass das Lumia 535 mit knapp 120 Euro äußerst günstig angeboten wird. Die Verarbeitung wirkt sehr ordentlich und die verwendeten Materialien, speziell vom austauschbaren Rückdeckel, sind denen des in der Produktpalette höher angesiedelten Lumia 630 mindestens ebenbürtig. Auch das Abnehmen und Anbringen des Deckels läuft etwas geschmeidiger als beim großen Bruder.

Das „groß“ in großer Bruder ist allerdings nur auf den Einstiegspreis und das interne Ranking in der Produktfamilie gemünzt. Das Lumia 535 hat beim Display einen entscheidenden Satz vollbracht und ist von den 4 Zoll des Vorgängers auf recht große 5 Zoll gewachsen. Das tut dem Handling allerdings keinen großen Abbruch. Durch das zur Seite hin leicht dünner werdende Gehäuse liegt es trotz des mächtigen Displays gut in der Hand und ist auch wegen des Gewichts von 146 Gramm noch gut zu händeln.

Der Rückdeckel ist das entscheidende Designelement am Lumia 535 und schmiegt sich bis zum Display um das gesamte Handy herum. Es wird in verschiedenen knallbunten Farben angeboten und man bleibt so dem Stil der Smartphones von Nokia treu. Bei Bedarf kann mit Wechselcovern das Smartphone nach eigenem Geschmack noch angepasst werden. Der Plastikdeckel glänzt dabei und zeigt auch recht schnell hässliche Fingerabdrücke; durch seine glatte Oberfläche sind die allerdings auch schnell wieder beseitigt.

Beim Lieferumfang muss man beim Lumia 535 einige Einschränkungen hinnehmen. Beim Blick in die Verpackung herrscht gähnende Leere. Das fehlende Headset kann dabei noch recht gut verschmerzt werden, allerdings ist auch kein Datenkabel beigelegt, was schon sehr ärgerlich ist. Zumindest ein Ladekabel ist direkt dabei; wenn jedoch über einen Laptop geladen werden soll, oder per Kabel Daten ausgetauscht werden sollen, schaut der Nutzer erst mal in die Röhre.

Bei den Maßen sollte man sich nicht von den von Microsoft gemachten Angaben täuschen lassen. Während die Länge und Breite des Geräts mit gut 140 x 72 mm korrekt angegeben sind, wird bei der Dicke ordentlich getrickst. Die angegebenen 8,8 mm Dicke sind laut Microsoft ein Durchschnittswert. Der Maximalwert in der Mitte des Gehäuses ist allerdings 9,3 mm und mit dem Kamerabuckel überschreitet das Smartphone die 10-mm-Grenze deutlich.

Die Verarbeitung und das Design des Lumia 535 lässt wenig zu wünschen übrig. Das Plastikkleid ist zwar nicht hochwertig, besitzt aber eine stabile und ordentliche Qualität. Was allerdings enttäuscht, ist das beigelegte oder eher nicht beigelegte Zubehör. Für das fehlenden Datenkabel sowie den schmutzempfindlichen Rückdeckel gibt es insgesamt 1,5 Sterne Abzug.

Wertung: 3,5 / 5

Display

Die Displayauflösung ist auf das Maß des Lumia 630 gewachsen und beläuft sich auf eine allerdings immer noch vergleichbar geringe Pixelzahl von 960 x 540 Pixel. Hier liegt auch der Knackpunkt am sonst sehr guten Angebot von Microsoft: Die Pixeldichte leidet unter der Displayvergrößerung spürbar. Sie schrumpft von 245 ppi vom Lumia 530 auf nunmehr 220 ppi. Dafür wird das Display gut geschützt und kann sich auf eine Scheibe aus Gorilla Glas 3 verlassen. Auch die davon unabhängigen Kriterien können beim Lumia-Bildschirm überzeugen. Die Blickwinkelstabilität ist gut und auch die Farben werden schön dargestellt. Kontraste, Weiß- und Schwarzwert, sowie der Farbraum sind ebenfalls auf einem ordentlichen aber nicht berauschenden Niveau. Ein wenig schade ist, dass Microsoft bei der Einstellung des Displays auf eine Veränderbarkeit der Farbtemperatur wie beim großen Bruder Lumia 930 verzichtet.

Microsoft Lumia 535
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Dass ein Smartphone-Display keine QHD-Auflösung braucht, um damit im Alltag auszukommen, kann das Lumia 535 beweisen. Was es aber besitzen sollte, ist eine gute Touch-Empfindlichkeit. Hier wirkt das Lumia 535 etwas behäbig und nicht sehr präzise. Bei Texteingaben werden die Buchstaben etwas verzögert erkannt. Beim Scrollen durch die Menüs fällt dieser Effekt wenig auf, was darauf hindeutet, das es nicht am Touch-Panel selbst liegt, sondern an der Verarbeitung der Touch-Daten. Hier hat Microsoft schnell nachgebessert und ein Update mit einer Lösung des Problems auf den Weg geschickt. Es wird laut Microsoft in den kommenden Tagen per Firmware over the Air (FOTA) verteilt. Es kann allerdings auch über das Recovery Tool von Microsoft direkt aufgespielt werden. Dann gehen allerdings alle Daten, die bis dahin auf dem Lumia 535 aufgespielt worden sind, verloren.

Nach dem Update kann dem Lumia 535 eine Verbesserung in der Touch-Steuerung attestiert werden, obwohl die Präzision der Bedienung noch verbesserungswürdig ist.

Ebenfalls ein wenig träge, dabei aber nicht störend langsam verhält sich das Lumia 535 bei Änderungen im Umgebungslicht. Die automatische Helligkeitsregelung funktioniert aber insgesamt ansprechend und mit bemerkbaren, aber feinen Abstufungen. Auch sehr angenehm: Der Helligkeitsbereich des Displays wird komplett ausgeschöpft und von extremer Helligkeit bis zur völligen Dunkelheit wird es gut angepasst.

Das Display des Lumia 535 erlaubt sich keine allzu großen Schwächen. Bei der Touchbedienung fehlt es allerdings auch nach dem Update an Feinschliff und ein paar Einstellungen mehr zur Beeinflussung des Displays wären ebenfalls von Vorteil. So bleibt ein Abzug von 1,5 Sternen.

Wertung 3,5 / 5

Ausstattung und Leistung

Der Prozessor ist gegenüber dem des Vorgängers Lumia 530 gleich geblieben, allerdings hat sich der Arbeitsspeicher auf 1 GB vergrößert. Mit dem Snapdragon 200 von Qualcomm lässt sich flüssig durch die Menüs wischen und das Lumia 535 hinterlässt nicht den Eindruck eines Billigheimers. Mit aufwendigen Spielen wie GT 2 kommt das Handy ebenfalls noch gut zurecht. Es könnte bei den Zwischensequenzen etwas flotter laden und im Spiel gibt es auch ab und an einen kleinen Ruckler, jedoch ist die Gesamtleistung noch akzeptabel.

Im Benchmarktest kommt das Handy von Microsoft zwar auf geringe 11.605 Punkte, was allerdings wenig Vergleichbarkeit mit der Konkurrenz aus dem Android-Lager bringt, da die beiden Betriebssysteme andere Anforderungen an die Hardwareumgebung besitzen.

Microsoft Lumia 535
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Bei den Verbindungsmöglichkeiten müssen einige Abstriche gemacht werden. So besitzt das Lumia 535 keine LTE-fähige Antenne, kein NFC und auch kein USBOTG. Dafür kann das Smartphone als Hotspot für bis zu acht Geräte dienen und auch mit Fernsehern oder Beamern über DNLA kommunizieren.

Beim Testanruf zeigt sich ein ganz ähnliches Bild wie bei der Musikwiedergabe: Mit dem eingebauten Lautsprecher an der Hörmuschel bewegt sich die Gesprächsqualität auf einem guten Niveau, bei eingeschalteter Freisprecheinrichtung kommt das Bild eines Blecheimers in den Kopf. Über die Qualität des Mikrofons gibt es hingegen weder bei einem normalen Gespräch, noch im Freisprechmodus etwas auszusetzen.

Feature

Ja Nein Funktion

HSPA

X   Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 21,1 Mbit/s
HSPA+ X   Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 42,2 Mbit/s
LTE   Mobilfunkstandard, Down-max 300 Mbit/s
USB-OTG   Ermöglicht den Anschluss externer Geräte wie USB-Sticks, Festplatten oder Tastaturen
DLNA   Standard zu kabellosen Übertragung von Medieninhalten, zum Beispiel auf einen Fernseher
NFC    X Ermöglicht eine Bluetooth-Verbindung zu einem anderen Gerät durch kurzes Berühren
Miracast   Ermöglicht das kabellose Teilen der Anzeige mit einem anderem Gerät
MHL   Erlaubt die kabelgebundene Verbindung über die Micro-USB-Schnittstelle zu einem HDMI-Port
Infrarot-Fernbedienung   Ermöglicht den Einsatz als Universal-Fernbedienung
Bluetooth-Version X   4.0
WLAN-Standards X   IEEE 802.11 b/g/n

Das Microsoft Lumia 535 ist nicht gerade eine Rakete, aber für den Alltag reicht die Leistung auf jeden Fall aus. Was allerdings den guten Gesamteindruck ein wenig schmälert, sind die begrenzten Verbindungsmöglichkeiten und die Performance bei aufwendigen Anwendungen.

Wertung 3/5

Software und Multimedia

Nach der Übernahme des finnischen Herstellers Nokia zeichnet nun Microsoft allein verantwortlich für Hard- und Software der Lumia-Modelle. Das bedeutet nicht nur, dass der amerikanische Softwareriese das Betriebssystem Windows Phone zur Verfügung stellt, sondern auch die Verzahnung mit der Hardware voran treiben kann. Auf dem Lumia 535 läuft, wie auf allen Lumia-Modellen, Windows Phone und kommt so mit der wenig hochwertigen Hardware rund um den Snapdragon 200 gut zurecht. Das Betriebssystem von Microsoft ist dafür bekannt, verhältnismäßig wenig Rechenleistung für einen flüssigen Betrieb zu benötigen.

Microsoft Lumia 535

Die Multimediaausgabe kann sich für ein so günstiges Gerät sehen lassen. Der fehlende Kopfhörer sorgt dennoch für schlechte Stimmung. Über die Referenzkopfhörer der Redaktion spielt das Lumia 535 allerdings sehr gut. Leistung und Klang können beeindrucken, der Lautsprecher ist jedoch für audiophilen Hörgenuss nicht empfehlenswert. Er spielt blechern, ohne Bässe und mit zischelnden Höhen. Einzig die Lautstärke kann überzeugen, obwohl es gerade bei aufgedrehtem Regler kein Spaß ist, sich Musik anzuhören.

Das Lumia 535 hat für Sparfüchse noch einen Pfeil im Köcher: Mit der aus der Lumia-Reihe schon bekannten Mix-Radio-App kann sich der Nutzer Playlisten zusammenstellen lassen und vier von ihnen auch Offline hören, ohne dass weitere Kosten entstehen. So bietet MixRadio eine zwar rudimentäre aber ganz praktische Konkurrenz zu Spotify und Co.

Microsoft Lumia 535
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Die Software des Lumia 535 arbeitet schnell, präzise und meist ist alles vorhanden, was man sich wünscht. Allerdings haut der Sparhammer ein paar tiefe Kerben in die Wertung: Das fehlende Headset und die durchwachsene Performance in der Multimediasektion wird dem Lumia 535 zum Verhängnis und kostet zwei Sterne.

Wertung 3 / 5

Kamera

Die Kameraausstattung des Lumia 535 wirkt mit zwei 5-Megapixel-Kameras recht erwachsen, wobei eine etwas höher auflösende Hauptkamera dem Smartphone ebenfalls gut zu Gesicht gestanden hätte. Microsoft setzt anscheinend mehr auf die Generation Selfie als auf Nutzer mit ambitioniertem Foto-Anspruch. Dabei kann die Kamera-App der Lumia-Reihe wieder mit sehr einfacher Bedienung und manueller Einflussnahme auf die Bildergebnisse begeistern.

Microsoft Lumia 535

Microsofts Zielgruppe wird trotz der nur durchschnittlichen Leistung der Hauptkamera wohl trotzdem zufrieden sein: Die Selbstporträts der mit 5 Megapixel auflösenden Frontkamera können für den Preis des Smartphones überzeugen. Es gibt wenige Handys, die für den angestrebten Preis eine solch ambitionierte Kamera in die Front integriert bekommen und mit guter Software unterfüttern.

Die Videoqualität bewegt sich durch die geringe Auflösung auf einem schwachen Niveau und die zugehörigen Tonaufnahmen lassen zu wünschen übrig. Für den flinken Feriengruß nach Hause reicht die Leistung in jedem Fall, jedoch sollte für genügend Licht und wenig Kontrast gesorgt werden, da sonst entweder die dunklen Stellen im Video untergehen oder die hellen Bildsektoren überbelichten.

Die Kameras des Lumia 535 besitzen Licht und Schatten. Beide können durch natürliche Farben und eine umfangreiche und leicht zu bedienende Software gefallen. Für mehr als den Schnappschuss oder das Selfie zwischendurch sind sie allerdings nicht zu gebrauchen. Die eingeschränkte Videoqualität bedingt dann den Rest der zwei Sterne Abzug.

Wertung 3/5

Akku

Der Akku des Lumia 535 lieferte eine Spitzenleistung ab und kann sich mit dem erreichten Ergebnis mit den ganz großen Marathonläufern im Smartphone-Markt messen. Mit 59 Prozent Restenergie nach dem 8-Stunden-Intensivtest bewegt sich das Lumia 535 auf dem Niveau von Motorolas Moto X der zweiten Generation und dem OnePlus One. Im Test enthalten sind unter anderem jeweils 30 Minuten telefonieren, Video streamen, Radio hören und Spielen.

Microsoft Lumia 535
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Nach weiteren 16 Stunden im Standby bleiben dem Lumia 535 noch 52 Prozent seines Energiereservoirs. Damit belegt es auch einen der vordersten Plätze der bisher getesteten Geräte. Dabei blieben Stromfresser wie Bluetooth und WLAN dauerhaft angeschaltet. Mit einem energiesparenderen Umgang mit dem Telefon sollten also fast zwei Tage Betrieb möglich sein, ohne dass es an die Steckdose muss.

Mit dem Akku kann Microsoft einige Punkte holen und stattet sein Einsteiger-Smartphone mit einem kleinen, aber effizienten Energiespeicher aus. In diesem Punkt können sich auch weit teurere Geräte am günstigen Lumia 535 eine Scheibe abschneiden.

Wertung 5/5

Fazit

Microsoft hat beim Start in die Lumia-Welt den Renner zwar nicht abgewürgt, aber ein Kickstart mit durchdrehenden Reifen und spektakulärer Show ist das Lumia 535 auch nicht. Es macht einen erwachsenen Eindruck und man vermisst nicht viel. Ein gewaltiger Kritikpunkt am sonst gelungenen Auftritt des Smartphone-Debüts von Microsoft ist jedoch das Display. Pixeldichten von über 300 sind gerade in der Einsteigerklasse zwar nicht kriegsentscheidend, in Zeiten von QHD und ersten 4K-Experimenten wünscht man sich allerdings schon eine etwas höhere Auflösung. Dazu kommt, dass die Touch-Steuerung nachgebessert werden sollte. Hier hat Microsoft anscheinend etwas geschludert. Das Lächeln kommt allerdings beim Blick auf das Preisschild schnell wieder: Mit den knapp 120 Euro ist das Microsoft Lumia 535 eine echte Kampfansage an die Konkurrenz.

Microsoft Lumia 535

Pro

  • tolle Akkuleistung
  • gute Verarbeitung
  • flüssiges Handling
  • sehr fairer Preis

Contra

  • Touch-Screen-Probleme
  • wenige Verbindungsmöglichkeiten

Preis-Leistung

In der Klasse bis 120 Euro sind Geräte vom Format des Lumia 535 selten. Oftmals sind die billig produzierten Smartphones lahme Krücken ohne Ambitionen und mit schlechter Ausstattung. Das Microsoft Lumia 535 ist zwar nicht gefeit vor Sparmaßnahmen, jedoch bietet es ein vollständiges Smartphone ohne die ganz großen Katastrophen.

Alternativen

Bei der Suche nach einer Alternative für das Lumia 535 lohnt sich ein Blick auf den Gebrauchtmarkt oder zu Geräten der vorangegangenen Generation. Soll es dann Windows Phone als Betriebssystem sein, kommen eigentlich nur ältere Lumia-Modelle in Frage. Hier vor allem das Lumia 625, das im günstigsten Fall nur unbedeutend mehr kostet als das 535.

Darf es bei der Auswahl auch ein Gerät mit Android sein, so erschließen sich schon mehr Möglichkeiten. Mit dem Wiko Lenny, das für knapp 100 Euro zu haben ist, oder dem Motorola Moto E, ebenfalls für knapp 100 Euro sind hier günstige Alternativen auf dem Markt. Dabei sollte man jedoch beachten wo die eigenen Ansprüche liegen. So besitzt das Lenny zwar wie das Lumia 535 ein 5 Zoll großes Display, jedoch eine nur geringe Auflösung von 854 x 480 Pixel und das Moto E zwar eine höhere Auflösung von 540 x 960 Pixel, jedoch einen bedeutend kleineren Bildschirm. Dadurch kommt allerdings auch eine recht hohe Pixeldichte von 256 PPI zustande. Von der Ausstattung und der Leistung sollten sich alle drei nicht groß unterscheiden beziehungsweise ist die Wahl des Betriebssystems in großen Teilen auch Geschmackssache.

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