Das deutsche Rentensystem steht vor großen Herausforderungen. Denn der demografische Wandel schreitet weiter voran und die Geburtenrate stagniert auf einem niedrigen Niveau. Für das Jahr 2024 vermeldete das Statistische Bundesamt (Destatis) eine Geburtenziffer von 1,35 je Frau. Heißt: Immer weniger Steuerzahler werden in Zukunft die Renten von immer mehr Rentnern finanzieren. Nun plant die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag, dem Problem unter anderem mit einer sogenannten Frühstart-Rente entgegenzuwirken. Wer eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, soll zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensjahr monatlich 10 Euro erhalten. Der Betrag wird dabei in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersversorgungsdepot eingezahlt.
50.000 Euro zusätzlich zur Rente
Rein rechnerisch würde die Frühstart-Rente den Staat 1.440 Euro pro Person kosten. Doch dabei bleibt es nicht, denn das Geld soll investiert werden. Christoph Stibbe, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse in Koblenz, rechnete gegenüber der Tagesschau vor, welcher Betrag am Ende zusammenkommen könnte. Dabei ging der Experte vom deutschen Aktienindex DAX und einer ungefähren jährlichen Durchschnittsrendite von sieben Prozent aus. „Nach 50 Jahren wären das dann rund 50.000 Euro“, so Stibbe. Reicht das?
Laut Stibbe selbst reiche das allein noch nicht. Hinzu kommt, dass die Experten von Finanztip mit Blick auf breit gestreute Aktien-ETFs seit Kurzem von nur noch 6 Prozent Rendite ausgehen. Ferner sorgt die Inflation (aktuell bei 2,0 Prozent) dafür, dass 50.000 Euro in 50 Jahren viel weniger wert sein werden, als es aktuell noch der Fall ist. Die Rentenlücke wird man mit dieser Maßnahme folglich höchstwahrscheinlich nicht schließen können.
Bankenverband nicht überzeugt
Der Bundesverband deutscher Banken sieht Maßnahmen wie die Frühstart-Rente als wichtigen ersten Schritt zur Stärkung der privaten Altersvorsorge, kritisiert jedoch die Umsetzung: „Die derzeit für die Frühstart-Rente geplante monatliche Einzahlung von zehn Euro wird nicht ausreichend sein, um langfristig spürbare Effekte zu erzielen“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. Daher solle die Förderung bereits ab dem ersten Lebensjahr eingesetzt werden. Darüber hinaus bräuchte es laut Herkenhoff die Möglichkeit freiwilliger Zusatzbeiträge durch Eltern oder Angehörige, um den Kapitalaufbau gezielt zu stärken.
Der Zeitplan der Bundesregierung sah ursprünglich vor, die Frühstart-Rente zum 1. Januar 2026 einzuführen. Auf eine entsprechende Anfrage der Grünen antwortete die Regierung Mitte Juli jedoch nur, dass die Frühstart-Rente als Element des zweiten Teils des Rentenpakets im Herbst dieses Jahres im Bundeskabinett beschlossen werde. Die finale Ausgestaltung ist zudem weiterhin nicht bekannt. Dazu sei zunächst ein Gesetzgebungsvorschlag erforderlich.
