Der Begriff „Schweinezyklus“ ist in der Wirtschaftswissenschaft etabliert: Zunächst trifft ein begrenztes Angebot auf eine hohe Nachfrage, was zu hohen Preisen führt. Erhöhen Hersteller daraufhin die Produktion, dreht sich das Verhältnis, was zu einer Drosselung des Angebots führt – und der Zyklus beginnt erneut. Und das nicht nur bei Schweinen.
Auch bei Computerkomponenten sind solche Entwicklungen zu beobachten, insbesondere bei Speicher. In den vergangenen Jahren wurden Arbeits- und Datenspeicher vergleichsweise günstig angeboten. Doch der Boom bei künstlicher Intelligenz und die damit verbundenen neuen Rechenzentren sorgen seit 2023 dafür, dass die Preise für Speicherchips zulegen.
Samsung will bis zu 30 Prozent mehr für RAM
Als letzter der großen Speicherhersteller kündigte Samsung nun eine neue Preiserhöhung an. Gegenüber seinen Partnern erklärte der Konzern, dass die Preise für LPDDR4X-, LPDDR5- und LPDDR5X-Chips im vierten Quartal um 15 bis 30 Prozent steigen werden.
Auch andere Speicherchips werden teurer. NAND-basierte mobile Speicherprodukte wie Multimedia-Karten (eMMC) und Universal Flash Storage (UFS) sollen künftig zwischen fünf und zehn Prozent mehr kosten, wie New Daily berichtet. Zuvor hatten bereits die großen Konkurrenten in diesem Segment ihre Preise angepasst. So verlangt SanDisk für NAND-Speicherchips künftig rund zehn Prozent mehr. Micron fordert für eine Reihe wichtiger Produkte zwischen 20 und 30 Prozent mehr.
Generationswechsel trifft auf wachsenden Bedarf
Der Preisanstieg beruht auf einer ganzen Reihe von Faktoren, die aktuell aufeinandertreffen. Das vierte Quartal gilt generell als umsatzstark. Das anstehende Weihnachtsfest sorgt für großzügig geöffnete Portemonnaies – elektronische Gerätschaften sind beliebt unterm Weihnachtsbaum. Das nutzen auch die Hersteller.
Parallel verabschieden sich diese gerade von der vierten DDR-Generation – die aufgrund einer nach wie vor großen Nachfrage zumindest bei Samsung länger die Fertigungslinien blockiert als geplant. Eigentlich sollte für (LP)DDR4(X), der seit 2014 angeboten wird, bereits im Juni Schluss sein. Ein neuerlicher Ansturm im Juli sorgte jedoch dafür, dass die Nachfrage nach DDR4 um 50 Prozent stieg – und die Preise höher als bei DDR5 ausfielen. Daher will der Hersteller die Produktion nun erst zum Jahresende auslaufen lassen. Erst dann werden weitere Kapazitäten für DDR5 und die damit verbundenen Abwandlungen frei.
Mehr Nachfrage durch künstliche Intelligenz
Hinzu kommt der Trend hin zur künstlichen Intelligenz. Die neuronalen Einheiten – kurz NPUs – moderner Prozessoren in Smartphones sowie den als „KI-PCs“ beworbenen Notebooks und Desktop-Rechnern benötigen für schnelle Antworten auf eingegebene Prompts viel Arbeitsspeicher, insbesondere wenn Bilder oder Videos erstellt werden sollen. Acht Gigabyte RAM gehören daher schon in Mittelklasse-Smartphones zum guten Ton. Aber auch der Datenspeicher wächst in Handys weiterhin. In den Topmodellen Google und Samsung finden sich mittlerweile Speichergrößen von einem Terabyte. Das neue iPhone 17 Pro Max kann sogar mit zwei Terabyte bestückt werden.
Auch die für die künstliche Intelligenz nötigen Rechenzentren sorgen für erhöhten Bedarf an Speicher. Und das nicht nur in Form von Arbeitsspeicher oder auch High-Bandwidth-Memory, der bei KI-Prozessoren genutzt wird. Die Server benötigen auch einen schnellen Datenspeicher, wenn die gestellten Anfragen zeitnah abgearbeitet werden sollen. Dementsprechend setzen die Betreiber der Rechenzentren verstärkt auf SSDs statt der bisher üblichen Festplatten.
Kaufen oder warten?
Die zahlreichen Faktoren, mit denen die aktuellen Preisanpassungen erklärt werden, lassen befürchten, dass es sich nicht nur um eine saisonale Erhöhung handelt. Vielmehr wird der Bedarf auch im kommenden Jahr groß bleiben. Dem Bericht zufolge rechnet die US-amerikanische Citigroup mit einem Mangel von 1,8 Prozent bei DRAM und vier Prozent bei NAND-Flash im Verhältnis zur Nachfrage. Die Analysten von Morgan Stanley gehen sogar von acht Prozent bei NAND-Chips aus.
Allerdings dürften sich die Preiserhöhungen für private Kunden nur begrenzt bemerkbar machen – insbesondere bei Mobilgeräten. Ein Speichermodul mit einer Kapazität kostet Hersteller zwischen 15 und 16 US-Dollar. Acht Gigabyte RAM fürs Smartphone werden etwas mehr als vier US-Dollar veranschlagt. Die Aufschläge fallen im Endkundenpreis also kaum ins Gewicht, zumal für Speicher-Upgrades satte Aufpreise erhoben werden. Anders sieht es aus für alle, die einen neuen Datenträger oder RAM für PC, Notebook oder NAS kaufen möchten. Sie könnten in den letzten Tagen des Monats noch ein paar Euro sparen.
