E-Auto: So werden kostenlose Kilometer möglich

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Mit Solarzellen auf dem Dach die Reichweite eines Elektroautos zu vergrößern, ist keine ganz neue Idee. Forscher zeigen in einem neuen Versuch unter realen Bedingungen die Möglichkeiten von Sonnenenergie.
Solar-E-Auto Sion von Sono Motors
E-Auto mit Solardach: Sono Motor versucht schon mit dem Sion die Potenziale von Solarzellen zu zeigenBildquelle: Sono Motors

Kritiker von Autos bezeichnen diese gern als Steh- und nicht als Fahrzeuge. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass Pkw im Durchschnitt 23 Stunden am Tag stehen. Dabei könnte die lange Standzeit für eine Fahrzeugkategorie sogar durchaus Vorteile bergen. Diese ließe sich bei E-Autos eigentlich dafür nutzen, um den Akku – ganz nebenbei – nachzuladen.

Allerdings spielen pragmatische Überlegungen bei den Herstellern nur bedingt eine Rolle. Diese setzten in dem Segment bisher oftmals auf Modelle, die vor allem gehobenen Ansprüchen genügen sollen. Ein modernes Antlitz mit Panoramadach ist da allem Anschein nach wichtiger als pragmatische Lösungen. Solarzellen als zusätzliche Energielieferanten haben sich dagegen nicht etabliert, trotz einer Reihe von Versuchen.

Insbesondere Sono Motors setzte bei seinem Sion auf den großflächigen Einsatz von Photovoltaik. Zuletzt zeigte Toyota eine Studie mit Solarzellen auf dem Dach.

18 Fahrzeuge, eine Million Kilometer

Das Potenzial von Solarzellen bei batterieelektrischen Fahrzeugen wurde schon mit einer ganzen Reihe von Modellversuchen untersucht. Diese fanden jedoch zumeist unter Laborbedingungen statt – eine Untersuchung unter realen Bedingungen stand bisher noch aus. Diese liefern nun Forscher der niederländischen Organisation für angewandte Forschung (TNO) und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) im Rahmen des SolarMoves-Projekts. An jenem waren auch die Anbieter für solare Lösungen bei Fahrzeugen, Sono Motors, IM Efficiency und Lightyear beteiligt. Für die Studie wurden insgesamt 18 Fahrzeuge – darunter Lkw, Stadtbusse, Lieferwagen und Pkw – mit Solarzellen bestückt, die auch als Vehicle Integrated Photovoltaics, kurz VIPV, bezeichnet werden.

Im März 2024 fiel schließlich der Startschuss. Die für den Test umgerüstete Fahrzeugflotte legte anschließend rund eine Million Kilometer auf den Straßen der Niederlande und Norddeutschlands zurück.

Solarzellen auf E-Autos mit enormem Potenzial

Nach der Auswertung der mit den Fahrten gewonnenen Daten konnten die Forscher frühere Prognosen bestätigen – und damit lebensnah im Alltag zeigen, welche Möglichkeiten von aktuellen Elektrofahrzeugen verschenkt werden. Selbst in Regionen mit einer eher begrenzten Sonnenintensität – wie im Versuchsgebiet – könnten Solarzellen demnach bis zu 35 Prozent der Energie liefern, die ein Pkw fürs Fahren benötigt. In Südeuropa sollen sogar bis zu 50 Prozent möglich sein. Die realen Daten der Wissenschaftler bestätigten damit frühere Annahmen.

Die Forscher setzten bei ihren Versuchsfahrzeugen zudem zwei verschiedene Installationen der Solarzellen ein. Sie wurden nicht nur klassisch auf dem Dach, sondern teilweise auch an den Seiten der jeweiligen Fahrzeuge montiert. Und auch hier hat sich die Vermutung der Forscher bestätigt. Die seitlich angebrachten Solarmodule kommen lediglich auf die Hälfte der Leistung. Während die Zellen auf dem Dach einen Ertrag von durchschnittlich 2,8 kWh/m² erzielten, kommen die an den Seiten montierten Module nur noch auf 1,3 kWh/m².

Künftig saisonale und regionale Effekte mit stärkerem Gewicht

Mit den nun präsentierten Ergebnissen ist die Arbeit der Wissenschaftler allerdings noch nicht beendet. Das SolarMoves-Projekt soll nicht nur weitergeführt, sondern auch erweitert werden. Künftig sollen auch Messergebnisse aus Süd- und Osteuropa in die Datensätze einfließen. Auf diesem Weg werden künftig saisonale und regionale Besonderheiten stärker berücksichtigt.

Die gewonnenen Ergebnisse sollen zudem dazu beitragen, den Aussagegehalt des sogenannten Beschattungsfaktors zu erhöhen. Eine Beschattung bei mit Solarzellen bestückten Fahrzeugen gilt als größte Einflussgröße auf deren Leistung. Eine realistische Abschätzung ist nicht zuletzt für die Entwicklung eines effizienten Systemdesigns wichtig. Künftig sollen daher nicht nur Satelliten- und meteorologische Daten in die Bemessung einfließen. „Wir empfehlen, die Beschattungsmodelle zu verfeinern und standort- und nutzerspezifische Daten sowie nutzerspezifisches Verhalten einzubeziehen, um die Genauigkeit der Vorhersagen zur VIPV-Leistung zu verbessern“, unterstreicht Christian Braun, Senior Engineer am Fraunhofer ISE. Die Ergebnisse des weiteren Versuchsverlaufs sollen im kommenden Jahr vorgestellt werden.

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