Wir hadern viel mit der Politik in Deutschland und oft wohl auch berechtigt. Da sticht das Deutschlandticket positiv hervor, mit über 13 Millionen regelmäßigen Abonnenten ist es ein großer Erfolg. Selbst der deutliche Preisanstieg von 49 Euro auf 58 Euro zum Jahresbeginn führte nicht zu einer Kündigungswelle. Ganz klar dabei ist aber auch, dass die Akzeptanz noch deutlich größer sein könnte, stünde das Deutschlandticket nicht andauernd wieder in der Schwebe. Eine echte Verkehrswende, die diesen Namen auch verdient hat, braucht Planbarkeit und eine langfristige Perspektive.
Streit über die Zukunft des Deutschlandtickets
Eine neue Chance für diese Planbarkeit ergibt sich heute, wenn die Verkehrsminister von Bund und Ländern in Berlin zu einer Sonderkonferenz zusammenkommen. Auf dem Programm steht bei der Konferenz auch die Finanzierung des Abos für den öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die ist lediglich für 2025 gesichert, für die Zeit darüber hinaus muss nun verhandelt werden.
Damit der monatliche Preis von 58 Euro gewährleistet sein kann, beteiligen sich Bund und die Länder jeweils mit 1,5 Milliarden Euro. Die Minister:innen der Länder wollen nun offenbar kategorisch ablehnen, Mehrkosten auch ab dem Jahr 2026 mitzutragen. Die Länder sehen ganz klar den Bund in der Pflicht, mehr Mittel fürs Ticket zur Verfügung zu stellen. Der Rheinischen Post liegt eine entsprechende Beschlussvorlage bereits vor.

Lässt der Bund das Ticket scheitern oder wird es deutlich teurer?
Jüngst erst stellte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Zukunft des Tickets infrage. Seiner Meinung nach solle einfach der Bund die kompletten Kosten des Deutschlandtickets stemmen. Diesen Wunsch wiederum wird die Koalition den Ländern nicht erfüllen, heißt es dazu aus dem politischen Berlin.
Auch der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), stellt klar, dass von den Ländern keine Unterstützung über die bisherigen 1,5 Milliarden Euro möglich sei. Viele Bundesländer stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand und sind daher in dieser Frage auf ein Entgegenkommen des Bundes angewiesen.
Was bedeutet das im Endeffekt für Endverbraucherinnen und -verbraucher? Wir wünschen uns selbstverständlich das Weiterbestehen des Deutschlandtickets zu fairen Preisen. Dabei wissen wir die Verkehrs- und Sozialverbände an unserer Seite. Prinzipiell ist sich – siehe Koalitionspapier – auch die Politik einig, dass das Ticket weiterbestehen sollte.
Werden wir alle die Mehrkosten tragen?
Allerdings erwarten Expert:innen sehr schwierige Gespräche heute und befürchten, dass der Bund wenig Entgegenkommen signalisiere. Wird dieser Kompromiss nicht gefunden, zeichnen sich mehrere Optionen ab: Im schlimmsten Fall dürfte das Deutschlandticket an sich vor dem Aus stehen. Wahrscheinlicher hingegen scheint, dass die Finanzierung mehr auf die Abonnent:innen abgewälzt wird.
Für die Akzeptanz des Deutschlandtickets und für mehr Schwung für die so wichtige Verkehrswende brauchen wir Planbarkeit. Dann kann das Ticket auch eine Sogwirkung entfalten und noch mehr Menschen dazu bewegen, das Auto öfter stehenzulassen. Drücken wir also die Daumen, dass es eine Einigung geben wird – und bestenfalls keine, bei der uns künftig zu tief ins Portemonnaie gegriffen wird.
