Eigentlich ist BYD ein von Erfolg verwöhnter Autohersteller. In vielen Teilen der Welt läuft es für den chinesischen Konzern richtig gut. Das gilt im Allgemeinen auch für das Geschäft in Europa, wie neue Zahlen unterstreichen. Erstmals ist es BYD im April nämlich EU-weit gelungen, mehr E-Autos zu verkaufen als Tesla, berichten die Marktforscher von Jato Dynamics. Auch weltweit ist BYD die Nummer Eins unter den Herstellern von E-Autos. Bezieht man Plug-in-Hybride mit ein, kam BYD im ersten Quartal dieses Jahres auf einen Marktanteil von stattlichen 21 Prozent. Platz 1, wie BYDs Chefin für Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Ungarn, die Tschechien und die Slowakei, Maria Grazia Davino, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des BYD Dolphin Surf erklärte.
In Deutschland hat BYD noch Probleme
Deutschland gehört aber nicht zu den Märkten, wo es für BYD schon rund läuft. Zwischen Januar und April waren hierzulande nur 2.791 Neuzulassungen zu verzeichnen. Gleichbedeutend mit einem Marktanteil von gerade einmal 0,3 Prozent, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes hervorgeht. Allein der BYD Seal U, ein Plug-in-Hybrid, kam im bisherigen Jahresverlauf auf 1.151 Neuzulassungen, während es beispielsweise für die vollelektrischen City-SUV-Modelle Atto 2 (Test) und Atto 3 (Test) gerade einmal für jeweils rund 300 Zulassungen reichte. Teil der Wahrheit ist aber auch: Nur im April verzeichnete BYD hierzulande stattliche 1.566 Neuzulassungen. Kein Wunder also, dass DACH-Chefin Davino eine Art Aufbruchstimmung zu verbreiten versucht: „Wir wachsen schnell – auch in Deutschland!“
Aktuell verkauft BYD seine Autos in 29 Ländern. Allein im laufenden Kalenderjahr geht der Hersteller nach eigenen Angaben in zwölf Ländern neu an den Start. Und verstärkt greift BYD auch mit Plug-in-Hybriden an, von denen nach eigenen Angaben weltweit schon 6,3 Millionen aus eigener Herstellung verkauft werden konnten. Davon allein 2,7 Millionen Einheiten im ersten Quartal des laufenden Jahres. Auch für das laufende Kalenderjahr will BYD mit neuen Plug-in-Hybriden für Nachschub sorgen und die Nachfrage nach teilelektrischen Autos so hochhalten. Dafür soll auch das Netz der BYD-Händler Schritt für Schritt weiter wachsen.
Auch Plug-in-Hybride werden für BYD wieder wichtiger
Dass BYD mit dem Dolphin Surf einen vollständig elektrifizierten Kleinstwagen zu einem Preis ab vorübergehend 19.990 Euro nach Deutschland bringt, ist einerseits eine Kampfansage an die Konkurrenz. Andererseits aber auch ein logischer Schritt. Denn das Angebot im A-Segment ist überschaubar, nachdem sich viele Hersteller darauf fokussiert haben, im lukrativeren SUV-Segment um die Gunst neuer Kunden zu fischen. Davino ist überzeugt: „Der Markt in Europa verlangt nach kleinen E-Autos, die einerseits hochwertig, aber auch erschwinglich sind.“ Auf anderen Kontinenten ist der Dolphin Surf übrigens längst ein Erfolg. Rund 930.000 Einheiten des kleinen E-Flitzers wurden bereits verkauft.
Für Patrick Schulz, bei BYD für den Vertrieb in Deutschland zuständig, ist gerade das A-Segment ein Feld, das in den kommenden Jahren enorm an Bedeutung gewinnen wird, nachdem es zuletzt vernachlässigt wurde. Waren 2015 noch 23 Modelle in diesem Segment erhältlich, waren es 2024 nur noch zehn. Bis 2030 sollen es wieder 20 Modelle werden, „und wir möchten von Anfang an dabei sein“, so Schulz anlässlich der Vorstellung des BYD Dolphin Surf. Dass dies auch über einen attraktiven Preispunkt realisiert werden muss, daraus macht Schulz keinen Hehl. Er sagt: „Wir machen E-Autos jetzt nicht nur bezahlbar, sondern auch cool.“ Eine Aussage, die hinsichtlich des gleichermaßen modernen wie sportlichen Designs des neuen Kleinstwagens keine Übertreibung darstellt. Wenngleich 20.000 Euro natürlich noch immer eine ganze Menge Geld sind.
Europazentrale kommt nach Ungarn
Künftig wird BYD seine Autos übrigens vor dem Druck um steigende Einfuhrzölle auch in Europa bauen. Bis Ende 2025 soll ein neues Werk in Ungarn seinen Betrieb aufnehmen, damit weniger Autos aus China nach Europa verschifft werden müssen. Auch die europäische Unternehmenszentrale und ein Forschungs- und Entwicklungszentrum möchte der Hersteller in Budapest ansiedeln. Von dort werden dann auch weitere Entwicklungen für den europäischen Markt gesteuert. Etwa den Aufbau von ultraschneller Ladetechnologie. BYD hat nämlich Schnellladesäulen entwickelt, an denen sich E-Autos mit bis zu 1.360 kW (!) aufladen lassen. Ein Drittel dieser Ladeleistung ist gegenwärtig in hiesigen Landesbreiten der verbreitete Standard. Die Flash-Charging-Stationen sollen im Rahmen von Pilotprojekten noch im laufenden Jahr auch nach Deutschland kommen.