Erst kürzlich erreichten die Balkonkraftwerke in Deutschland die Marke von einer Million offiziell registrierter Geräte. Die Beliebtheit der Mini-PV-Anlagen lässt sich kaum abstreiten. Allein im ersten Halbjahr 2025 kamen über 200.000 neu registrierte Geräte hinzu. Umso unerfreulicher ist es für Besitzer und Interessenten, wenn neue Regelungen die kostengünstige Produktion von Strom bedrohen. Eben jenem Szenario stehen wir derzeit gegenüber, denn die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) hat nun einen Entwurf für eine internationale technische Norm (IEC 60364‑7‑751) vorgelegt, der die Steckersolargeräte unbegründet ausbremsen könnte. Würde diese Norm in ihrer Form verabschiedet und für Deutschland übernommen, könnten wir Balkonkraftwerke nicht mehr auf dieselbe Art anschließen wie zuvor.
Internationale Norm sähe bestimmten Anschluss für Balkonkraftwerke vor
Viele Steckersolargeräte in Deutschland sind über den Schukostecker an einer haushaltsüblichen Steckdose angeschlossen. Diese Praxis hat sich bereits weitläufig etabliert, da die Begrenzung auf 800 Watt Einspeiseleistung sicherstellt, dass keine Gefahr für unsere Stromleitungen davon ausgeht. Doch diese verbreitete Anschlussform könnte durch die internationale technische Norm (IEC 60364‑7‑751) ins Wanken geraten. Dabei verweist er nicht einmal auf einen Wieland-Stecker als Alternative, sondern sieht vielmehr eine teure und aufwendige Installation vor. Denn die Installation solcher Systeme dürfte zukünftig nur über eine eigene, separate Zuleitung erfolgen. Damit wäre die Installation eines Balkonkraftwerks nicht nur schlagartig deutlich teurer geworden. Auch die Wartezeiten auf eine Installation wären durch den vielerorts gegebenen Handwerkermangel ein zusätzliches Problem. Wer entscheidet sich noch für ein Balkonkraftwerk, wenn er für die Installation zweihundert bis dreihundert Euro zusätzlich zahlen muss? Oder wenn er dafür mindestens drei Monate auf einen Termin warten muss?
Ganz zu schweigen davon, dass dieser Normentwurf damit im kompletten Gegensatz zu dem steht, was das Solarpaket I in Deutschland eigentlich ermöglicht hat. Denn mittlerweile profitieren vor allem Mieter davon, dass Balkonkraftwerke durch ihren Vermieter nicht mehr einfach abgewiesen werden dürfen. Wären hingegen nun wieder Eingriffe in die Bausubstanz fällig, damit die Anlagen überhaupt angeschlossen werden können, könnte das die Lage ändern. Denn sämtliche Eingriffe in die Bausubstanz benötigen in Deutschland ein entsprechendes Einverständnis seitens des Eigentümers oder der Eigentümergemeinschaft. Viele Unternehmen und Verbände, darunter Zendure, der Bundesverband Steckersolar e.V., Balkon.Solar e.V., weitere Hersteller aus der Branche sowie mehrere YouTuber haben eine Stellungnahme zum aktuellen Entwurf der Norm IEC 60364-7-751 der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) veröffentlicht. Sie positionieren sich deutlich gegen den internationalen Vorstoß.
Steckersolargeräte sind noch nicht akut bedroht
Dabei besteht jedoch keine unmittelbare Gültigkeit für den deutschen Markt, auch wenn die IEC-Norm in der aktuellen Entwurfsfassung verabschiedet würde. Allerdings orientiert sich der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) für die Überarbeitung der eigenen Normen an den internationalen Vorgaben. Darum ist es entscheidend, dass die erfolgreiche Handhabung von Plug-and-Play-Lösungen für Steckersolargeräte und Stromspeicher in Deutschland weiterhin erhalten bleibt. Die VDE-Norm 0126-95 soll zukünftig die Einspeisung über Schutzkontakt-Steckverbinder für Steckersolargeräte erlauben und regeln. Zurzeit befindet sie sich jedoch im Entwurfsverfahren. Eine endgültige Fassung soll bis zum Ende des Jahres erscheinen.
Da auch dem VDE bewusst ist, wie groß das Interesse an Balkonkraftwerken in Deutschland ist, dürfte dem Verband kaum daran gelegen sein, sie nun durch die Übernahme von Normen komplett einzuschränken. Dennoch ist es wichtig, insbesondere in den Gestaltungsphasen von Normen Position zu beziehen. Denn der internationale Entwurf ist nicht das Einzige, was berücksichtigt werden sollte. Ebenso sind entsprechende Regelungen für steckerfertige Speichersysteme notwendig. Selbst Branchenexperten sind sich uneinig, wie mit aktuellen Stromspeichern bei Balkonkraftwerken korrekt umzugehen wäre. Während einige die 800 Watt Einspeiseleistung als einziges Kriterium sehen, ohne eine zusätzliche Anmeldung zu verlangen, bestehen andere Netzbetreiber auf eine vollumfängliche Anmeldung als Stromspeicher. Die ausstehenden VDE-Normen bleiben also aus mehreren Gründen spannend für die Branche.