Während Kriminelle in der Europäischen Union (EU) problemlos über Grenzen hinweg agieren können, werden ihre Verfolger immer wieder vorzeitig durch Landesgrenzen gestoppt. Zwar wurde die Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Staaten über Jahre hinweg immer weiter ausgebaut. Hindernisse bestehen jedoch weiterhin, wenn Ermittler für ihre Arbeit auf Daten außerhalb der eigenen Grenzen zugreifen wollen.
Um dem entgegenzuwirken, wurde bereits im Juli 2023 die E-Evidenz-Verordnung beschlossen. Ermittlungsbehörden sollen mit ihr einfacher und schneller an Daten kommen, wenn Straftaten über die Grenzen ihrer Länder hinaus verfolgt werden. Den EU-Staaten wurde eine Frist von 36 Monaten gesetzt, um die Verordnung in das jeweilige nationales Recht zu überführen. Nun präsentiert das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) seinen Entwurf, mit dem die EU-Verordnung in nationales Recht überführt werden soll.
Leichterer Zugriff auf E-Mails, Chats und Daten in der Cloud
Mit dem E-Evidence-Paket der EU soll weniger die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Behörden als vielmehr die deren eigentliche Ermittlungsarbeit einfacher und schneller werden. Dazu setzt die Verordnung auf zwei zentrale Punkte. Zunächst kann eine ermittelnde Staatsanwaltschaft eine sogenannte Europäische Sicherungsanordnung erlassen. Auf diesem Weg wird ein Unternehmen zunächst dazu aufgefordert, von ihm gespeicherte Daten für eine Ermittlung zu sichern.
Im Anschluss folgt eine Europäische Herausgabeanordnung, mit der die Daten an die Ermittlungsbehörden weitergegeben werden müssen. Dabei wird zwischen Inhalts-, Teilnehmer- und Nutzungsdaten unterschieden. Für Teilnehmerdaten gelten vergleichsweise niedrige Hürden. Dazu zählen Informationen zur Identität einer Person, deren Anschrift sowie Angaben zur Art und Dauer der Nutzung eines Dienstes. Diese Art von Daten kann – ähnlich einfach wie die Sicherungsanordnung – von der jeweiligen Staatsanwaltschaft angefordert werden.
Besonderer Schutz für sensible Daten
Für eine Herausgabeanordnung von Verkehrsdaten sind die Hürden deutlich höher. Dabei handelt es sich um Daten, die beispielsweise Aufschluss über den Ursprung und das Ziel einer Nachricht, den Standort eines Geräts, das verwendete Protokoll sowie weitere Metadaten der Kommunikation und der Nutzung des Dienstes geben. Auch die Nutzerdaten selbst, also Chatverläufe, Bilder, Videos usw., zählen hierunter.
Die Anordnung zur Herausgabe solch sensibler Daten kann nicht mehr allein durch eine Staatsanwaltschaft erfolgen. Diese muss von einem Richter angeordnet werden. Auch im Herkunftsland muss ein Gericht in die Entscheidung einbezogen werden. So darf der Zugriff nicht bei kleineren Vergehen gewährt werden. Die Herausgabe der Daten ist nur dann gestattet, wenn die damit verbundene Straftat, in dem Land der ermittelnden Behörde mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geahndet werden kann. Zudem gelten besondere Vorkehrungen für Berufsgruppen, die mit besonders sensiblen Informationen arbeiten, wie etwa Mediziner und Juristen.
