Die Rahmenbedingungen für private Solaranlagen stehen wieder einmal auf dem Prüfstand. Aus dem Wirtschaftsministerium kommen nun Hinweise auf eine tiefgreifende Veränderung, die die Wirtschaftlichkeit vieler PV-Projekte neu definieren könnte. Zwar ist noch nichts endgültig beschlossen, doch der Zeitplan, der sich abzeichnet, alarmiert die Branche. So will das Bundeswirtschaftsministerium schon Anfang 2026 einen Gesetzesentwurf vorlegen, der die Förderung von PV-Anlagen in Deutschland praktisch beendet. Wer mit einer eigenen Anlage liebäugelt oder gerade in der Planungsphase steckt, sollte den Projektbeginn besser nicht mehr zu lange hinauszögern.
Der Todesstoß für die Einspeisevergütung ist angekündigt
Den Wunsch, der Solarförderung ein Ende zu bereiten, hatte Wirtschaftsministerin Katharina Reiche bereits im September zuerst verkündet. Inzwischen scheint aus dem Vorhaben eine konkrete Initiative geworden zu sein, die in eine Gesetzesnovelle niedergeschrieben wird. Das Bundeswirtschaftsministerium will Anfang 2026 eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) vorlegen und durch das Kabinett bringen. Die Novelle soll dann zum 1. Januar 2027 in Kraft treten und ein Ende der Einspeisevergütung bedeuten, von der PV-Besitzer heute profitieren. Allerdings bedeutet das nicht, dass für PV-Besitzer zukünftig kein Geld mehr mit ihrer PV-Anlage verdient werden kann. Stattdessen soll ein anderes Instrument in den Vordergrund rücken. Doch ob dieses die gleiche Wirkung aufrechterhalten kann, wie die garantierte Einspeisevergütung auf 20 Jahre, bleibt abzuwarten. Viele Brancheninsider, darunter der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) äußerten sich bereits im September kritisch über die geplante Gesetzesanpassung.
Warum Differenzverträge die Einspeisevergütung ersetzen sollen
Statt der bisherigen Einspeisevergütung sollen künftig sogenannte Differenzverträge treten – eine Empfehlung der Gutachter des Monitoring-Berichts. Diese Verträge würden Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen ähnlich wie bisher unterstützen: Liegt der Strompreis niedrig, gleicht der Staat die Differenz aus. Bei hohen Preisen aber würde ein Teil der erzielten Erlöse zurück an den Staat fließen. Grundsätzlich könnte dieses Modell die Kosten der Energiewende transparenter gestalten und im Ergebnis einer Einspeisevergütung sehr nahekommen.
Ein Beispiel verdeutlicht das Prinzip: Liegt der vereinbarte Vertragspreis bei 10 Cent pro Kilowattstunde und der Börsenstrompreis fällt auf 6 Cent, übernimmt der Staat die fehlenden 4 Cent. Steigt der Preis dagegen auf 16 Cent, müssten die dabei erzielten 6 Cent Mehrerlös wieder abgeführt werden. Ob der zusätzliche Verwaltungsaufwand am Ende zu Einsparungen führt oder neue Kosten erzeugt, lässt sich derzeit nicht abschätzen – zumal selbst Kleinanlagenbetreiber Zugang zur Strombörse benötigen würden.
Erneuerbare Energien mit strukturellem Nachteil
Reiche wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass erneuerbare Energien schon heute in bestimmten Phasen mehr Strom bereitstellen, als benötigt wird, während sie in wind- und sonnenarmen Zeiträumen zu wenig liefern. Dieser bekannte Umstand sorgt dafür, dass fossile Energieträger bislang unverzichtbar sind, um Versorgungslücken zu schließen. Interessanter sind daher die geplanten Gegenmaßnahmen: Als gesicherte Leistung sollen künftig unter anderem Batteriespeicher, Biomasse-, Wasser- sowie Gaskraftwerke dienen. Vor allem die benötigte Anzahl an Gaskraftwerken, auf der die Ministerin beharrt, steht jedoch massiv in der Kritik. Der Monitoring-Bericht geht davon aus, dass rund 71 solcher Anlagen erforderlich wären – ein kostspieliger Ausbau, der die Energiewende erheblich verteuern würde.
Deutliche Zahlen stützen die Kritik des BSW
Die Einschätzung des BSW-Solar kommt nicht von ungefähr. Befragungen unter Installateuren zeigen: Ohne EEG-Förderung würden sich nur noch vier von zehn Eigenheimbesitzern für eine PV-Anlage entscheiden. Ausschlaggebend ist vor allem die deutlich längere Amortisationszeit. „Neue stark wachsende Stromverbraucher wie Wärmepumpen, E-Fahrzeuge, KI-Rechenzentren und Klimageräte werden den Strombedarf künftig stark steigen lassen. Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung den Ausbau Erneuerbarer Energien und Speichertechnologien jetzt massiv vorantreiben. Anstelle von Einschnitten bei der Solarförderung benötigen Betreiber und Branche einen verlässlichen Investitionsrahmen und weniger Marktbarrieren. Nur so kann Solarenergie den erforderlichen Beitrag zur Umsetzung der Klimaziele leisten und absehbare Zielverfehlungen im Bereich der Windkraft, im Verkehrssektor und bei der Gebäudemodernisierung kompensieren“, so der Hauptgeschäftsführer des BSW-Solars in einer ersten Stellungnahme.
Auch die Gutachter selbst machten in dem beauftragten Bericht an die Wirtschaftsministerin bereits deutlich: „PV dürfte gemäß der untersuchten Szenarien das EEG-Ziel für 2030 von 215 GW erreichen, bei keinen grundlegenden Änderungen in den Umsetzungsvoraussetzungen wie Flächenverfügbarkeit oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.“ Eine Kürzung der Förderung würde jedoch genau eine solche Veränderung darstellen. Der Verband fordert daher von der Bundeswirtschaftsministerin, auf eine Reduzierung zu verzichten und stattdessen die richtigen Schlüsse aus dem Bericht zu ziehen. Entscheidend sei, wie die Gutachter betonen, mehr Flexibilität im System zu schaffen und die Netzauslastung effizienter zu gestalten – Maßnahmen, die das Potenzial haben, die Gesamtkosten der Energiewende spürbar zu senken. Wie hoch das Potenzial dabei tatsächlich sein könnte, hat eine kürzliche E.ON-Studie untersucht. Mit überraschendem Ergebnis darüber, wie viel Strom jährlich in Deutschland verschenkt wird.
