Wiko: Le Untergang

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Wiko. Belanglos, kongruent, eintönig, irrelevant: Zum französischen Handy-Hersteller fallen mehrere Adjektive ein, die jedoch allesamt kein gutes Haar am Unternehmen lassen. "Ab ins Niemandsland", schrieb der Kollege bereits bei der Vorstellung der drei neuen Wiko-Smartphones. Und er hat Recht. Ein Kommentar.
Wiko View Modelle
Bildquelle: Blasius Kawalkowski / inside handy

Als Wiko im Jahr 2013 mit seinen ersten Smartphones auf den Markt kam, sorgte man für Aufsehen. Vor allem hinsichtlich des Designs trauten sich die Franzosen etwas. Als nahezu alle Hersteller Smartphones in Schwarz, Weiß, Grau und Gold anboten, sorgte Wiko mit grünen Metallrahmen, samtig weichen Oberflächen und orangefarbenen Tasten für Eyecatcher. Schnell ging es für den Neuling bergauf. In Frankreich hatte man zwischenzeitlich nach nur einem Jahr im Geschäft einen Marktanteil von über 14 Prozent und stand auf Platz Drei. Und die poppigen Farben kamen auch hierzulande gut an, als Wiko ein Jahr später ins Ausland expandierte. Auch weil die Smartphones von Wiko gut ausgestattet aber bezahlbar waren.

Robby, Tobby und das Fliewatüüt

Stück für Stück ruinierte sich der Hersteller aus Marseille. Smartphone-Modelle unter den Namen Lenny, Sunny, Robby, Jerry, Tommy, Freddy, Harry und Kenny machten das Portfolio undurchschaubar. Zu Messezeiten stellte Wiko gerne gleich eine Handvoll neue Geräte vor, die selbst bei einem Branchenkenner Stirnrunzeln hervorrufen. Wie soll sich ein Smartphone-Käufer fühlen? Nehmen wir an, er hat sich bereits gegen Apple, Samsung, Huawei, Sony und selbst gegen HTC, LG und BQ entschieden und tendiert dazu, ein Wiko-Gerät zu kaufen. Der nächsten Schritt wird zur Qual.

Aktuell stehen 39 unterschiedliche Modelle, die bei genauerer Betrachtung gar nicht so unterschiedlich sind, auf der Website der Franzosen zu Auswahl. 39 Modelle, die den potenziellen Kunden ratlos vor dem Bildschirm sitzen und hin und her klicken lassen. Am Handy-Cockpit bei Saturn schielt man letztlich doch aufgrund der homogenen Handymasse in Richtung Samsung und Co.

Beim Chinesen abgekupfert

Zur IFA 2018 hat Wiko „nur“ drei neue Modelle mitgebracht. Nun zerstört sich der Hersteller nicht nur aufgrund der Verwässerung seines Portfolios und des Wachstumswahns wie ein Terminator von selbst. Auch beim Design – einst innovativ, erfrischend und anders – hinkt man der Konkurrenz nur noch hinterher und kopiert Ideen. Eine Notch hier, ein Farbverlauf da. So sehr das Supernova-Design auch imponieren will. Bereits auf den ersten Blick sieht man, dass der Franzose beim Chinesen und der Farbgestaltung des P20 Pro abgekupfert hat.

Schritt für Schritt verlässt Wiko den Pfad des Erfolges und überlässt das Feld anderen Herstellern. Dazu gehören Motorola, BQ oder auch die von den Toten auferstandene Marke Nokia. Diese drei Firmen stehen exemplarisch für günstige Smartphones mit guter Ausstattung und bilden die Opposition zu den big three in Gestalt von Samsung, Huawei und Apple.

Mit hohen Ansprüchen in die Belanglosigkeit

Darüber hinaus sind es aber auch die Spitzenmodelle des Vorjahres, die mehr als nur eine Alternative zu aktuellen Mittelklasse-Smartphones bilden. So bekommt man etwa das ehemalige LG-Flaggschiff, das LG G6, aktuell für rund 300 Euro. Wikos neues Mittelklasse-Modell, das View 2 Plus, kostet zum Marktstart 250 Euro. Da muss man keinen detaillierten Vergleich anstellen, um zu erkennen, dass Wiko keine Chance hat.

Von Alcatel über Archos bis hin zu ZTE: Wiko reiht sich in die Welt der Mitläufer ein. Vielleicht war es der Verkauf der Seele an die chinesische Tinno Group, der als Halsbrecher fungierte. Auf dem MWC 2016 jedenfalls hatte Wiko noch verkündet, bis 2020 zu den Top 5 der weltweit erfolgreichsten Smartphone-Hersteller gehören zu wollen. Davon kann gegenwärtig aber keine Rede mehr sein.

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