Wenn es ums Energiesparen im Gebäude geht, denken viele zuerst an neue Heizungen, dickere Dämmung oder aufwendige Sanierungen. Doch manchmal entstehen die spannendsten Ideen dort, wo man sie kaum vermutet. Ein neuer Ansatz aus der Materialforschung verspricht genau das: minimale Eingriffe, kaum sichtbar und dennoch mit dem Potenzial, den Energieverbrauch von Gebäuden deutlich zu beeinflussen. Die Methode setzt dabei gezielt an einer Stelle an, die zurzeit bis zu 40 Prozent der Heizenergie von Gebäuden verpuffen lässt.
Gebäude verlieren viel Wärme über ein Bauelement
Gerade in alten Gebäuden, in denen noch keine Dreifachverglasung in Fensterscheiben eingebaut wurde oder in Häusern mit besonders vielen Fenstern, können sich diese als Ärgernis für die eigenen Heizkosten erweisen. So viel Licht wie sie über den Tag in die Wohnräume lassen, so viel Wärme kann über sie auch nach außen entweichen. Doch selbst bei mehrfach verglasten Fenstern gäbe es noch immer ein entsprechendes Einsparpotenzial. Je nach Alter und Zustand der Fenster können das 15 bis 40 Prozent der gesamten Heizenergie sein, die nur durch dieses Bauteil entwicht. Moderne Fenster können die Verluste auf unter 10 Prozent der Heizenergie begrenzen. Der Austausch von Fenstern ist jedoch keineswegs billig, auch wenn Zuschüsse dafür verfügbar sind. Alternative Lösungen gab es bisher zwar, doch die meisten konnten nicht überzeugen. Entweder die Transparenz war nicht hoch genug, die Anschaffungskosten zu groß oder die Optik unansehnlich.
All diese Unannehmlichkeiten könnte der Forschungsdurchbruch eines Teams der University of Colorado Boulder mit einem Schlag gelöst haben. Die Wissenschaftler entwickelten ein Material, das sie MOCHI nennen, als Kurzform für Mesoporous Optically Clear Heat Insulator (mesoporöser optisch transparenter Wärmeisolator). Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie im Fachjournal Science. Das Material stellt praktisch eine moderne Form von Luftpolsterfolie dar. Sie setzt sich aus einem Silikongel sowie 90 Prozent Luft zusammen, die das Material in winzigen Poren einschließt. MOCHI ist nicht das erste Aerogel, das bei der Gebäudedämmung zum Einsatz kommen soll. Den bisherigen Gemischen hat es jedoch einige wertvolle Eigenschaften voraus.
Zum einen ist es beinahe durchsichtig. Während normales Fensterglas lediglich 92 Prozent Transparenz erreicht, schafft das Material einen Wert von 99 Prozent. Damit lässt die Folie noch mehr Licht hindurch als das normale Fensterglas, eine Sichtbeeinträchtigung oder ein Mangel an Licht im Haus ist damit ausgeschlossen. Dazu können die eingeschlossenen Moleküle miteinander nicht kollidieren und so nicht wie die freie Luft Energie austauschen.
Fast so gut wie modernste Dämmmaterialien
Dadurch besitzt das Material eine ungeheuer niedrige Wärmeleitfähigkeit. Sie liegt lediglich bei 10 Milliwatt pro Meter und Kelvin. Zum Vergleich: Die Wärmeleitfähigkeit unserer Luft liegt mit 25 bis 26 Milliwatt pro Meter und Kelvin mehr als doppelt so hoch. Gute Dämmstoffe, die heute im Bau zum Einsatz kommen, liegen in ihrer Wärmeleitfähigkeit zwischen 25 und 40 Milliwatt pro Meter und Kelvin. Die Königsklasse unter den Dämmstoffen, sogenannte Vakuumdämmplatten, erreichen lediglich 4 Milliwatt pro Meter und Kelvin und das auf minimale Raumforderung. Allerdings sind diese Platten auch preislich hoch angesiedelt, können nicht uneingeschränkt zugeschnitten werden und sind natürlich nicht durchsichtig. Dennoch ist die dünne Folie der Wissenschaftler schon beinahe halb so wärmedämmend wie sie.
Noch muss das Material in seinem Verfahren unter Laborbedingungen hergestellt werden. Die Materialien selbst sind jedoch einfach zu beschaffen und kommen in entsprechender Menge vor. Dadurch glaubt das Forschungsteam, dass der Herstellungsprozess kostengünstig skaliert werden kann. Großes Potenzial ergibt sich im Übrigen nicht nur im Einsatz bei Fensterscheiben. Auch die Solarthermie könnte von der Folie profitieren, wenn sich darin zukünftig auch Licht einfangen ließe. Selbst bei bewölkten Tagen könnte man noch immer reichlich Energie mit dieser Methode gewinnen und die Wärme zum Heizen von Gebäuden verwenden. Dadurch könnte MOCHI nicht nur zum Erhalt der Gebäudewärme beitragen, sondern sogar zum aktiven Heizhelfer werden. Man darf somit gespannt bleiben, wie schnell sich der gefundene Stoff zu einem voll verfügbaren Produkt entwickelt.
