Die Deutschen lieben Bargeld – behaupten sie zumindest. Doch während man es hochhält wie ein Kulturgut, verschwindet es leise aus dem Alltag. Banken und Sparkassen montieren Geldautomaten vielerorts ab und erschweren damit den Zugang zu Bargeld. Die Zahl der Geldautomaten geht immer weiter zurück. Gab es 2019 noch rund 58.400 Geräte in ganz Deutschland, sind es aktuell nur noch rund 49.750. Tendenz: fallend. Vor allem in ländlichen Gebieten gibt es zusehends weniger Filialen – und damit auch weniger Geldautomaten. Vor allem auf dem Land wird der Gang zum Bargeld immer länger. Banken und Sparkassen haben längst entschieden: Die Zukunft liegt nicht im Automatenhäuschen, sondern im Digitalen. Doch das eigentliche Problem ist nicht der Rückbau. Es sind wir.
Bargeld: Angeblich will niemand, dass es verschwindet
Eine Umfrage der Verbraucherzentrale zeigt: Fast ein Drittel der Befragten war schon mindestens einmal in der Situation, nicht bar bezahlen zu können, weil eine Barzahlung gar nicht möglich war. Klingt nach Zwang, ist aber hausgemacht. Denn auch wenn viele mit dem Finger auf Banken oder Staat zeigen: Faktisch zahlen die meisten längst freiwillig mit Karte oder Handy statt mit Bargeld.
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Für die meisten Deutschen ist Bargeld nur noch die zweite Wahl. Ein Widerspruch? Vielleicht. Aber die Zahlen sind eindeutig: Sowohl zu Hause als auch im Ausland greift zum Bezahlen nur noch gut ein Drittel der Menschen auf Schein und Münze zurück, wie eine Umfrage für das Vergleichsportal Verivox ergab. „Die Deutschen gelten seit jeher als Bargeldliebhaber. Doch mittlerweile bevorzugt die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sowohl im Inland als auch im Ausland kartengestützte Bezahlverfahren“, sagt Verivox-Chef Oliver Maier. Innerhalb Deutschlands greifen laut Umfrage gut 51 Prozent lieber zur Karte – davon 30 Prozent mit der Girocard, zwölf Prozent mit Debitkarten von Visa oder Mastercard.
Vor allem auf Reisen ist der Unterschied sichtbar. Im Sommer 2023 zahlte noch eine Mehrheit kleinere Summen – etwa 20 Euro an der Ladenkasse – bevorzugt bar. Jetzt sind es nur noch 35 Prozent. Bargeld als Sicherheitsanker? Für viele längst Vergangenheit. Zu Hause dasselbe Bild: Scheine und Münzen sind nur noch zweite Wahl.
Digitaler Euro in Vorbereitung
Und Banken machen es den Kunden leicht. Geld abheben beim Wocheneinkauf, Bezahlen per Smartphone im Café, Überweisungen in Sekunden. Praktisch und vor allem: billiger für die Institute. Das Bargeld wird da zur Nostalgie – wie der Münzfernsprecher oder die Telefonkarte.
Ganz nebenbei laufen auf europäischer Ebene bereits die Vorbereitungen für den digitalen Euro. Münzen sollen Schritt für Schritt verschwinden – ganz offiziell. Das wird dauern, vielleicht Jahrzehnte. Aber wer heute 20 ist, könnte den letzten Geldschein noch erleben.
Und trotzdem: Wer einmal erlebt hat, dass das Kartenlesegerät im Café "Störung" anzeigt, weiß, wie viel Macht man mit einem Fünfziger in der Tasche haben kann. Freiheit fühlt sich manchmal erstaunlich nach Papier an. Auch auf dem Trödel, wenn man mal wieder eine alte Platte gefunden hat, nach der man schon lange sucht.