Die LEG stellt Deutschlands zweitgrößten, privaten Immobilienkonzern dar. Dementsprechend viele Mieter sind von dem Unternehmen über ganz Deutschland abhängig. Nun fordert der Vorstandsvorsitzende des Konzerns von der Regierung eine gesetzliche Möglichkeit, die Temperaturen im kommenden Winter stärker absenken zu dürfen. Wollen Vermieter ihre Mieter künftig erfrieren lassen?
Die Gasknappheit hält weiter an – Notfallpläne könnten bald in Kraft treten
Die Forderung der LEG erreicht die Politik in einer Zeit, in der die Zukunft dieses Winters ungewiss erscheint. Noch sammeln sich die Gasreserven in den Speichern weiter an. Anfang Juli waren sie etwa zu rund 63 Prozent gefüllt, was im langjährigen Vergleich ein ordentlicher Wert darstellt. Bereits seit Langem setzt man in Deutschland darauf, in den Sommermonaten Gas in die Speichersysteme zu füllen. Da Privathaushalte über den Sommer hinweg im Gegensatz zur Industrie weniger Gas benötigen, bietet sich dieser Zeitraum hervorragend an. Das setzt jedoch voraus, dass die Gaslieferung Deutschland weiterhin im üblichen Maß erreichen. In diesem Jahr sieht das völlig anders aus. Schon seit Wochen nutzt Russland die Möglichkeiten für den Gastransport nur noch zu einem Bruchteil. Die Ostseepipeline Nord Stream läuft seit Mitte Juni nur noch mit null bis 40 Prozent ihrer Leistung.
In der Politik sah sich am 23. Juni gezwungen, die Alarmstufe des Notfallplans Gas auszurufen. Die Alarmstufe stellt die zweite von drei Eskalationsstufen des Notfallplans Gas dar, den die Bundesregierung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine aufgestellt hat. Noch sei der Markt in der Lage, die Situation zu bewältigen. Im Gegensatz zur Frühwarnstufe, die am 30. März ausgerufen wurde, könnte die Alarmstufe jedoch große Veränderungen für Verbraucher und Unternehmen mit sich bringen. Am 11. Juli dieses Jahres startete die auf zehn Tage angesetzte übliche Wartung der Pipeline. Nun erreichte Deutschland die Ankündigung Russlands, dass die Gaslieferungen über Nord Stream 1 weiter reduziert werden sollen. Damit könnte Deutschland in diesem Jahr ein Notstandswinter drohen.
LEG fordert Absenkung der Mindesttemperatur
Die Forderungen des Immobilienkonzerns LEG geschehen vor diesem Hintergrund. Vermieter wollen euch also nicht aus reiner Boshaftigkeit frieren lassen. Eine Absenkung der Mindesttemperatur während einer Nachtabsenkung der Heizsysteme könnte wertvolle Ressourcen einsparen. Vor allem für die Industrie kann die Lage heikel werden. Einige Industriezweige wie die Glasindustrie können ihre Produktion nicht einfach hoch- und runterfahren. Das liegt an den verwendeten Öfen zur Glasherstellung, die stetig am Brennen erhalten werden, um ein kostenintensives Anfeuern nach einer Abkühlung zu umgehen. Wird das Gas in Deutschland weiter eingeschränkt, droht derartigen Industriezweigen ein Stillstand. Damit wiederum fehlen wichtige Ressourcen in anderen Bereichen wie der Autoindustrie oder dem Baugewerbe, die auf Glas angewiesen sind.
Vermieter, und entsprechend Immobilienkonzerne, sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet, Warmwasser rund um die Uhr zur Verfügung zu stellen. Das entschied der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2004. Eine Abschaltung des Gases für private Haushalte ist vor einer solchen Gesetzesgrundlage nicht möglich. Eine Drosselung käme jedoch sehr wohl in Betracht. Willkürlich darf diese während der sogenannten Heizperiode jedoch nicht ausfallen. Die Heizperiode gilt in Deutschland üblicherweise von Oktober bis April. In dieser Zeit muss der Vermieter die Heizung so angeschaltet haben, dass Mietwohnungen tagsüber eine Temperatur von 20 bis 22 Grad Celsius erreichen. Diese Heizpflicht muss der Vermieter jedoch nicht zu allen Uhrzeiten erfüllen. Nach Auskunft des Deutschen Mieterbundes genügt es, wenn während der üblichen Tagesstunden für eine ausreichende Erwärmung gesorgt wird. Nachts im Zeitfenster von 0:00 bis 6:00 Uhr müssen die Temperaturen den Vorgaben nicht immer entsprechend.
17 bis 18 Grad muss erreicht werden
Dennoch muss stets eine Raumtemperatur von 17 bis 18 Grad erreicht werden. Sollten die Temperaturen auch am Tag unter diesen Wert fallen, spricht man derzeit von einem Mietmangel. An diesem Punkt fordert der Immobilienkonzern LEG ein Ansetzen der Politik. Würden die gesetzlichen Mindesttemperaturen angepasst, sodass auch tagsüber 17 bis 18 Grad in Wohnungen zulässig wären, könnte man dadurch Energie einsparen. Zugleich wären jedoch Mieter geringeren Temperaturen ausgesetzt. Vor allem für ältere Menschen könnte dies zu einem Problem werden, da sie generell dazu neigen, schneller zu frieren. Allgemeine Regelungen, die alle Mieter in Häusern betreffen, könnten sich daher nachteilig für einzelne Personengruppen auswirken. Bisher ist kein gesetzliches Einschreiten geplant, viele Vermietergesellschaften suchen jedoch bereits einvernehmliche Lösungen mit ihren Mietern. Wenn sich die Lage um die Gasversorgung anspannt, ist jedoch auch dieser Schritt nicht auszuschließen.