Die chinesischen Versender Shein und Temu stehen in der Europäischen Union (EU) bereits seit längerem in der Kritik. Mit Millionen kleiner Sendungen täglich verstopfen die beiden Handelsplattformen die Frachtzentren europäischer Flughäfen. Allein in Deutschland kommen täglich 400.000 Pakete an. Damit sind Zollbehörden kaum noch in der Lage, die notwendigen Kontrollen durchzuführen.
In der Vergangenheit wurden in der EU-Kommission bereits Maßnahmen besprochen. Nun wurde dem Europäischen Parlament ein erster, konkreter Vorschlag präsentiert, der der Financial Times vorliegt. Demnach schwebt EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič eine zusätzliche Gebühr auf die Warensendungen vor, die nicht unter die aktuelle Zollgrenze fallen. Rund 90 Prozent der Lieferungen stammen demnach aus der Volksrepublik.
Direkte Lieferungen werden teurer
Dabei will die Kommission zwischen direkt an den Käufer adressierten Päckchen und Sendungen unterscheiden, die zunächst an ein Lagerhaus geschickt werden. Der Aufschlag soll zum einen zwei Euro und zum anderen 0,50 Euro pro Paket betragen. So sollen die Kosten abdeckt werden, die bei der Kontrolle der insgesamt rund 4,6 Milliarden Sendungen pro Jahr entstehen. Gleichzeitig will die Kommission auf diesem Weg Händler dazu bewegen, stärker auf Lager in der EU zu setzen und damit die Infrastruktur an den Flughäfen zu entlasten.
Ob damit einhergehende Preisaufschläge auch zu Änderungen im Verhalten der Käufer führen, bleibt dagegen abzuwarten. Im Mittel liegt der Warenwert einer typischen Sendung von einer der Plattformen bei rund 22 Euro. Der Zuschlag von weniger als zehn Prozent fällt also kaum ins Gewicht.
USA gehen konsequenter gegen Shein und Temu vor
Die zusätzlichen Gebühren für die zumeist aus China stammenden Sendungen mit Billigwaren sind als Teil einer größeren Reform geplant, die bereits zu Beginn des Jahres angekündigt wurde. Im Rahmen dieser Neuordnung sollen auch die Zollfreigrenzen für Pakete mit einem Warenwert von weniger als 150 Euro fallen. Fans der beiden Plattformen können damit allerdings aufatmen, denn die Änderungen sind erst für 2028 geplant. Derzeit ist sogar fraglich, ob sie überhaupt umgesetzt werden können. Eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten will die Reform blockieren. Sie befürchten den Aufbau einer EU-weiten Behörde – und damit den Verlust nationaler Hoheitsrechte.
Die USA ist an dieser Stelle weiter. Unter US-Präsident Trump wurde die sogenannte „de-minimis“-Regel, die eine Freigrenze für Warenlieferungen von bis zu 800 US-Dollar vorsah, bereits zum 2. Mai abgeschafft.