Regierung plant, Geld von Bürger-Konten abzuschöpfen

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Auf deutschen Bankkonten liegen Milliarden Euro, die bereits seit vielen Jahren niemand mehr nutzt. Keine Einzahlungen, keine Abbuchungen – Stillstand. Solche Gelder möchten CDU und SPD nun in einen neuen Fonds für soziale Innovationen überführen. Welche Bürger wären betroffen?
Geld an einem Geldautomaten

Bankkunden haben ein großes Problem

In Deutschland kommt es nicht selten vor, dass Gelder über einen längeren Zeitraum auf Bankkonten liegen. Insbesondere dann, wenn der Inhaber verstorben ist, ohne sich um seinen Nachlass gekümmert zu haben. Oder etwa, wenn das Konto schlicht in Vergessenheit geriet. In solchen Fällen sprechen die Banken von „nachrichtenlosen Konten“ und darauf sollen sich Schätzungen zufolge zwischen 2 und 9 Milliarden Euro befinden. Nun plant die Bundesregierung, das Geld einem guten Zweck zuzuführen. Ein Vorhaben, das der Bankenverband kritisiert.

Was soll mit „nachrichtenlosen Konten“ geschehen?

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht auf Seite 79: „Wir fördern soziale Innovationen und nutzen dafür Gelder aus nachrichtenlosen Konten in einem revolvierenden Fonds.“ Und das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn der Betrag, um den es geht, ist alles andere als vernachlässigbar. Trotzdem existiert in Deutschland bisher keine Regelung, die solche „herrenlosen“ Gelder managt – anders als in vielen weiteren EU-Ländern. Selbst eine allgemeingültige Definition dafür, was nachrichtenlose Konten sind, existiert nicht. In einer Kurzinformation des Deutschen Bundestags aus dem Jahr 2019 heißt es dazu lediglich, dass von nachrichtenlosen Konten dann gesprochen werde, wenn zu den Inhabern bzw. Berechtigten von Bankkonten seit längerer Zeit kein Kontakt (mehr) bestünde. Und auch bei dem Eintrag aus dem Koalitionsvertrag handelt es sich um eine Absichtserklärung und nicht um ein ausgearbeitetes Gesetz. Dennoch – oder gerade deshalb – übt der Bankenverband Kritik.

Wie der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtet, findet Thorsten Höche, Chefjustiziar des Deutschen Bankenverbands, klare Worte: „Die Frage eines unbewegten Kontos ist eine Frage des Zeitraums – nach welchem Zeitraum, wenn da keine Bewegung stattgefunden hat, will der Staat auf die Mittel zugreifen? Dafür gibt es derzeit keine gesetzlichen Vorgaben.“ Ein weiteres rechtliches Problem sei laut Höche das, dass das Vorhaben einen Eingriff in die Eigentumsrechte des Erblassers bzw. des Bankkunden sei, der möglicherweise gar nicht unbedingt verstorben sein müsse.

Was passiert aktuell mit dem Geld?

Nach derzeitiger Rechtslage und allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen muss selbst bei einem verstorbenen Eigentümer zunächst geklärt werden, ob es Erben gibt. Ist dem nicht der Fall, geht das Geld an den Staat über. Wenn die Länder das Erbe allerdings nicht geltend machen, dann verjährt der Anspruch nach 30 Jahren. Dann müssen Kreditinstitute die Beträge nach Angaben von Finanztip ausbuchen und als Gewinn versteuern. Sollte der Eigentümer allerdings plötzlich auftauchen und seine Einlagen zurückfordern, sind die Banken dennoch verpflichtet, das Geld auszuzahlen. Ob dies auch nach der neuen Regelung der Fall wäre, bleibt abzuwarten.

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