Ohne Ampeln wäre städtischer Verkehr ein Dauerexperiment im Chaos. Mal ehrlich: Wenn die Dinger ausfallen, wird selbst die bravste Kreuzung zum Abenteuer. Dabei haben sich die Lichtzeichenanlagen längst weiterentwickelt – LEDs statt stromfressender Glühbirnen, hier und da ein neues Maskottchen im Leuchtkasten. In Mainz winkt ein Mainzelmännchen, in Bonn nickt Beethoven und im Ruhrgebiet schaufelt ein Bergmann. Doch was jetzt anrückt, hat weniger mit Folklore zu tun – und könnte den Alltag für viele Verkehrsteilnehmer ziemlich verändern.
Das machen die neuen Ampeln
An jeder größeren Kreuzung passiert dasselbe Ritual: Menschen auf Fahrrädern treten kräftig in die Pedale, sehen von weitem eine Ampel und stellen sich dieselbe Frage: Schaffe ich’s noch – oder lohnt sich das Abbremsen? Am Ende heißt es dann doch meist: abrupt stehen bleiben, tief durchatmen, warten. Und beim nächsten Grün wieder von null auf zwanzig. Für die einen ist das Alltag, für andere ein Grund, gleich aufs Auto umzusteigen.
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Doch es geht auch anders. Seit Kurzem hilft eine neue Ampel, diesen Frust zu vermeiden. Das Projekt heißt VeloFlow und verspricht, den Takt an der Kreuzung vorhersehbarer zu machen. Die Idee klingt simpel: Schon bis zu 200 Meter vor einer Ampel zeigen die mit einem Fahrrad markierten Ampeln an, ob man bei der aktuellen Geschwindigkeit noch über Grün kommt – oder besser Tempo rausnimmt, um nicht unnötig an der roten Ampel zu stehen. Wer mit etwa 20 km/h unterwegs ist, kann so im Idealfall gleich mehrere Ampeln flüssig nehmen.
Wie funktioniert das Ganze?
Technisch steckt dahinter mehr, als die Ampeln vermuten lassen. Direkt an den Ampeln sammeln sogenannte „Roadside Units“ die Schaltzeiten, funken sie in Echtzeit an die Display-Ampeln und versorgen Radfahrer so mit verlässlichen Prognosen. Die Technik kann perspektivisch auch Autos und später vielleicht sogar selbstfahrende Fahrzeuge mit Daten füttern. Aber vorerst gilt: Das Rad soll rollen, nicht ruckeln.
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Das Ganze ist kein Gimmick für Nerds, sondern ein Versuch, Radverkehr flüssiger und sicherer zu machen. Wer weiß, wann er ankommt, hat weniger Grund, bei Rot noch schnell durchzuziehen. Und wer weniger stoppen muss, fährt entspannter – und landet nicht mit hochrotem Kopf an der Kreuzung. Nebenbei sollen die neuen Ampeln weniger Leute in Versuchung bringen, bei Rot noch schnell drüberzujuckeln – ein nicht ganz unwichtiger Nebeneffekt für die Verkehrssicherheit.
Nach Münster zieht nun auch Berlin mit den ersten VeloFlow-Ampeln nach. Im September 2025 sollen sie an ausgewählten Kreuzungen starten. Ob das System bleibt, entscheidet die Auswertung: Zählen Radfahrende wirklich weniger Rotlichtverstöße, werden Kreuzungen reibungsloser? Wenn ja, könnten bald weitere Städte folgen.