Über Spotify rollt derzeit eine Flut von Songs, die komplett per KI erzeugt wurden. Besonders viel Aufmerksamkeit bekam zuletzt die Band The Velvet Sundown – ebenfalls ein reines KI-Konstrukt. Ihre Songs werden inzwischen millionenfach gestreamt. Doch so fragwürdig das schon ist: Das ist noch nicht der kreative Tiefpunkt dessen, was die Musikplattform sich in Sachen KI-Musik erlaubt.
Hast du Töne? Tote Country-Stars feiern auf Spotify ihr „Comeback“
Was genau ist passiert? Auf Spotify sind mehrere neue Country-Songs aufgetaucht, die bei Fans des Genres für ungläubiges Kopfschütteln sorgen. Einer davon trägt den Titel „Together“ – veröffentlicht unter dem Namen Blaze Foley. Das Problem: Foley wurde bereits 1989 erschossen. Also ein alter Song aus dem Archiv? Ein posthumer Release des Labels?
Leider nein. Der Song stammt nicht aus Foleys Nachlass. Stattdessen hat ein Dritter – ohne jegliche Verbindung zum Künstler – einfach einen KI-generierten Countrysong unter seinem Namen veröffentlicht. Der Track erinnert vage an Foleys Stil, ist aber komplett künstlich erzeugt. Und trotzdem wurde er offiziell Foleys Spotify-Katalog zugeordnet. Bedeutet: Ja, auf dem offiziellen Kanal des verstorbenen Musikers taucht plötzlich ein Song auf, der eindeutig gefälscht und mit KI produziert wurde – durchgewunken von Spotify. Ohne Rücksprache mit Angehörigen. Ohne Zustimmung der Rechteinhaber.

Wie 404 Media berichtet, zeigt schon das Coverbild: Selbst die abgebildete Person ist offensichtlich nicht Blaze Foley. Und wie so oft bei Spotify gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass es sich bei dem Song um eine KI-Produktion handelt. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten – und auch Craig McDonald, der als Inhaber von Lost Art Records Foleys Spotify-Katalog verwaltet, reagierte deutlich:
„Ich kann dir mit Sicherheit sagen: Dieser Song ist nicht Blaze – nicht mal annähernd sein Stil.“
Als Konsequenz nahm Spotify den Song wieder offline. Dasselbe Schicksal traf auch den Track „Happened to You“ – angeblich von Guy Clark, ebenfalls ein verstorbener Künstler († 2016), der plötzlich mit einem brandneuen Song auf der Plattform auftauchte.
- Hör dir gerne auch den Casa-Casi-Podcast zum Thema an: Auch KI bekommt Musik niemals kaputt!
Spotify und sein grundlegendes Problem
Verantwortlich für den fraglichen Song ist das Unternehmen „Syntax Error“, das sich mit KI-generierter Musik bereits einen Namen gemacht hat. Unter anderem veröffentlichte es auch den Track „With You“ unter dem Namen Dan Berk – ebenfalls ein KI-Song, bei dem das Coverbild nicht den echten Künstler zeigt.
Doch das eigentliche Problem liegt nicht primär bei Syntax Error oder KI-Musik generell – sondern bei Spotify selbst. Das sieht auch Craig McDonald so: Er fordert, dass auf offiziellen Künstlerprofilen niemals ein Song erscheinen darf, dem die Rechteinhaber nicht ausdrücklich zugestimmt haben.
Was die Sache noch brisanter macht: Spotify war in diesem Fall nicht nur unachtsam – der Track wurde sogar über den hauseigenen Distributor „SoundOn“ verbreitet. Zusammen mit der Tatsache, dass es keine Kennzeichnungspflicht für KI-Musik auf der Plattform gibt, entsteht der Eindruck, dass Spotify gar kein echtes Interesse daran hat, dieses Problem wirklich anzugehen.
Aktuell gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, KI-generierte Musik als solche zu kennzeichnen. Doch angesichts wachsender Kritik – nicht nur von Fans, sondern auch von Labels und Rechteinhaber:innen – sollte Spotify schleunigst reagieren. Denn wenn immer mehr KI-Songs auf echten Künstlerprofilen landen, ganz ohne Hinweis oder Einwilligung, dann wird daraus nicht nur ein Imageproblem – sondern auf Dauer ein handfestes Vertrauensverlust-Dilemma.
