Erst vor Kurzem hat sich still und leise etwas Grundlegendes im Zahlungsverkehr verändert. Geld kann jetzt sprinten. Zehn Sekunden – länger braucht eine Überweisung nicht mehr, egal ob Mittwochfrüh oder Heiligabend. Kostenlos, rund um die Uhr, europaweit. Ein kleines technisches Wunder, das den guten alten Bankarbeitstag eigentlich in Rente schicken könnte. Doch während man eigentlich über die neue EU-Norm jubeln könnte, herrscht in deutschen Wohnzimmern eher Schulterzucken. Oder Stirnrunzeln. Oder beides.
Überweisung: Warum schnell, wenn wir lieber warten wollen?
Visa hat nachgefragt und die Antworten lesen sich wie ein typisch deutsches Hin und Her. Mehr als die Hälfte der Befragten hat Bedenken. Das klingt harmlos, bedeutet aber: 56 Prozent sind unsicher, weil das Geld bei einer Echtzeit-Überweisung nicht einfach wieder zurückfließen kann. Irrtum? Pech. Sicherheitsnetz? Fehlanzeige. Weg ist weg. 20 Prozent sagen sogar: „Mach ich gar nicht.“ Und je älter die Leute, desto größer die Skepsis. Die Generation, die noch weiß, wie sich Überweisungsträger anfühlen, möchte ihr Geld offenbar nicht auf die digitale Überholspur schicken.
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Dabei nutzen immerhin 51 Prozent die schnelle Variante der Überweisung – aber vorsichtig dosiert. Meist dann, wenn eine Rechnung sofort bezahlt werden muss oder wenn mehr als 50 Euro an Freunde oder Familie gehen sollen. Also dann, wenn es keinen Aufschub gibt oder man nicht als säumig dastehen will. Dass diese Unsicherheit nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, räumt sogar Visa selbst ein. Deswegen bastelt der Konzern an KI-gestützten Schutzschirmen, die auffällige Transaktionen herausfischen sollen. In anderen Ländern funktioniert das schon ganz gut, sagt Visa-Europa-Chef Albrecht Kiel. Gute Nachrichten, klar. Aber eben auch ein Hinweis darauf, dass das Risiko real ist. Nicht grundlos warnt etwa auch die Verbraucherzentrale vor Missbrauch, beispielsweise über Phishing-Methoden.
Wie es weitergeht
Das eigentliche Problem liegt tiefer. Die Banken müssen es schaffen, Vertrauen herzustellen. Und zwar bei einer Technik, deren größter Vorteil gleichzeitig ihr größter Nachteil ist: Geschwindigkeit. Kaum abgeschickt, schon unwiderruflich unterwegs. Das fühlt sich eher nach Sprung ins kalte Wasser an als nach Alltagstechnik.
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Dabei ist klar, wohin die Reise gehen soll: Echtzeit soll Standard werden. Rechnungen, Mietzahlungen, Online-Shopping – alles sofort. Die EU drängt, die Banken rüsten nach. Und die Verbraucher? Die müssen sich wohl erst noch an den Gedanken gewöhnen, dass sie die Kontrolle behalten, auch wenn das Geld sprintet. Bis dahin bleibt die Echtzeit-Überweisung ein bisschen wie das neue Fahrrad im Keller: Es steht bereit. Es ist schnell. Aber benutzt wird es erst, wenn man sich sicher fühlt oder wenn man keine andere Wahl hat.
