Minority Report in echt? So arbeitet Palantir

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Palantir ist aktuell in aller Munde. Regierungen, die Polizei und die Börse schwärmen – andere warnen, haben teils sogar Angst vor Palantir. Viele fragen aber: Was macht Palantir eigentlich genau? Wie hilft es der Polizei – und warum sind so viele skeptisch? Wir klären das – genau hier und jetzt!
Eine digitale Weltkarte mit blauer Farbe und leuchtenden Punkten, mit dem Palantir-Logo.

Erfahre hier alles, was du über Palantir wissen musst

„Palantir? Ja, den Namen hab ich schon mal gehört. Irgendwas mit KI und großen Datenmengen, oder? Klingt fast wie Minority Report.“ Ganz so denken viele über das US-Unternehmen. Aber: Die wenigsten wissen, was genau dahintersteckt.

Alles, was du über Palantir wissen solltest, haben wir hier kompakt für dich zusammengestellt. Wenn demnächst jemand mit dir über Palantir diskutiert, bist du bestens informiert – egal ob in der Kneipe, auf der Hausparty oder beim Elternabend.

Wichtig: Das ist eine nüchterne und sachliche Betrachtung. Ich stelle das Unternehmen und seine Produkte vor – und weise auch auf mögliche Gefahren hin. Aber ich bewerte nichts persönlich und ziehe keine Schlussfolgerungen. Sag gern Bescheid, wenn du dir eine persönliche Einordnung in einem weiteren Artikel wünschst.

Das ist Palantir

Lass uns zuerst klären, was dieses Unternehmen ist. Palantir Technologies ist ein US-amerikanisches Softwareunternehmen, 2003 gegründet, mit Sitz in Denver, Colorado. Von Anfang an zielte ihre Software darauf ab, die „Datenflut nach 9/11“ beherrschbar zu machen.

Palantir entwickelt Plattformen zur Integration, Analyse und Visualisierung großer, heterogener Datenmengen. Klingt komplex, heißt im Grunde aber einfach: Palantir sammelt all die vorhandenen Daten, die bisher zwar existieren, aber nicht sinnvoll miteinander verknüpft sind.

Der Name „Palantir“ stammt übrigens aus J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe und steht dort für „sehende Steine“ – eine Metapher dafür, riesige Datenberge sichtbar zu machen. Ob man sich damit wie durch Saurons Auge überwacht fühlen möchte? Das lasse ich hier mal offen.

Das Unternehmen wurde maßgeblich von Peter Thiel mitgegründet und erhielt Unterstützung vom CIA-Investmentarm In-Q-Tel. Anfangs lag der Fokus auf Anti-Terror-Missionen. Bekannt wurde Palantir durch seine Datenanalyse-Software, auf die wir später genauer eingehen. Zu seinen Kunden zählen sowohl staatliche Behörden als auch Wirtschaftsunternehmen.

Seit dem Börsengang 2020 wurde Palantir bis 2024 jahrelang mit rund 50 Milliarden USD bewertet. Dann ging es steil bergauf: Etwa ein Jahr später lag der Unternehmenswert schon bei rund 360 Milliarden USD.

Die Köpfe hinter Palantir: Zwischen Vision und Provokation

Peter Thiel – ein deutsch-amerikanischer Investor und Tech-Milliardär – ist bekannt für seine teils rechtspopulistischen und antidemokratischen Positionen, enge Verbindungen zu US-Geheimdiensten sowie zu Donald Trump. Thiel war Mitgründer von PayPal (gemeinsam mit Elon Musk) und früher Investor bei Facebook. Sein Privatvermögen liegt rund bei 20 Milliarden USD.

Er unterstützte bereits 2016 Trumps Wahlkampf und finanzierte J.D. Vances Einstieg in die Politik – Vance arbeitete damals für Thiel. Die drei Männer sind freundschaftlich ebenso verbunden wie ideologisch.

Der zweite zentrale Kopf ist Alex Karp, aktueller CEO und Mitgründer. Er promovierte in Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt, spricht gut Deutsch und verteidigt heute offen westliche Werte – obwohl er einst linksliberale Positionen vertrat. Er wird oft als exzentrisch beschrieben.

Der CEO-Posten bei Palantir macht Alex Karp zu einem der einflussreichsten Männer der Welt.

Alex Karp verfügt über ein geschätztes Vermögen von 9,7 Milliarden US-Dollar. Das Time Magazine zählt ihn zu den 100 einflussreichsten Personen des Jahres 2025. 

Weniger medienwirksam, aber genauso wichtig ist Stephen Cohen – Mitgründer, KI-Experte und Board-Mitglied bei Palantir. Er studierte Computerwissenschaften an der Stanford University und baute mit seinem Wissen in maschinellem Lernen den Prototyp, der Palantir den Einstieg in US-Regierungsprojekte ermöglichte.

So funktioniert Palantir

Palantir stellt dir Softwareplattformen zur Verfügung, die große Datenmengen zusammenführen, analysieren und verständlich aufbereiten – aber keine Daten selbst erstellen oder verkaufen. Stattdessen hilft das System, vorhandene Informationen zu interpretieren und anhand realer Abläufe sichtbar zu machen. Die wichtigsten Tools dabei: Gotham, Foundry, sowie Apollo und die Artificial Intelligence Platform (AIP) als unterstützende Komponenten.

Gotham

Gotham war Palantirs erstes Produkt – entwickelt für Analyst:innen in Verteidigungs- und Geheimdiensten; der Name spielt auf Batmans Heimatstadt an. Inzwischen kommt die Plattform vermehrt in Bereichen wie Strafverfolgung, Terrorbekämpfung, Nachrichtendiensten und Finanzkriminalität zum Einsatz. Gotham verbindet Daten aus unterschiedlichsten Quellen, macht daraus übersichtliche Visualisierungen (Personen, Orte, Ereignisse, Transaktionen, Kommunikation) und sucht mit KI nach ungewöhnlichen Mustern – was das Predictive Policing möglich macht.

Gotham ist wohl das bekannteste und berüchtigste Werkzeug Palantirs.

Wie funktioniert das? Gotham verbindet große Datenmengen aus verschiedenen Quellen, analysiert sie und stellt sie übersichtlich und benutzerfreundlich dar. Einmal verknüpft, kannst du damit Datenpunkte wie Personen, Orte, Ereignisse, Finanztransaktionen und Kommunikationsdaten visualisieren. Die Software durchsucht parallel verschiedene polizeiliche und behördliche Datenbanken und führt Informationen effizient zusammen.

Ein zentrales Feature ist die KI-gestützte Mustererkennung: Sie entdeckt Auffälligkeiten und verborgene Zusammenhänge und kann Prognosen ableiten – das ermöglicht sogenanntes „Predictive Policing“.

Foundry

2016 gestartet, zielt Foundry darauf ab, Unternehmen mit einem zentralen Datenbetriebssystem auszustatten. Es wird in vielen Branchen eingesetzt – von Gesundheit und Finanzen über Automotive bis Retail und Telekom. Besonders praktisch: Dank modularer Struktur kannst du nur die Funktionen wählen, die du wirklich brauchst. Das erleichtert die Einführung und beschleunigt erste Pilotprojekte.

Apollo

Apollo ist kein eigenständiges Produkt, sondern das permanente Bereitstellungssystem für Gotham und Foundry. Es sorgt dafür, dass Palantir-Software auch in isolierten Umgebungen (z. B. Drohnen, U-Boote oder gesicherte Regierungs-Clouds) funktioniert – und hält die Plattform mit über 41.000 Updates pro Woche stets auf dem neuesten Stand. Damit hat Palantir einen klaren Vorteil gegenüber klassischen SaaS-Lösungen (Software as a Service).

AIP (Artificial Intelligence Platform)

AIP integriert generative KI und große Sprachmodelle (LLMs) in Gotham und Foundry rein. Damit verbessert es maschinelles Lernen und prädiktive Analysen – ideal für viele Kund:innen, von staatlichen Behörden bis Unternehmen. Übrigens: AIP kann auch über Oracle Cloud Infrastructure (OCI) bereitgestellt werden – ganz flexibel für unterschiedlichste Einsatzszenarien.

Wo ist Palantir schon im Einsatz?

Palantir hat eine breite Kundschaft – sowohl Regierungsstellen als auch Unternehmen. Insgesamt spricht man von rund 149 Kunden, wobei der Großteil des Umsatzes aus Regierungsaufträgen kommt.

Weltweit und in den USA

In den USA ist Palantir vor allem durch die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden bekannt geworden. Geheimdienste wie CIA und NSA, das Militär (z. B. US Army, Space Force) sowie Strafverfolgungsbehörden wie FBI oder ICE setzen Gotham vor allem im Kampf gegen Terrorismus und zur Informationsbeschaffung ein.

Palantir gilt in den USA als eine Art „Geheimwaffe“ gegen organisierte Kriminalität und für Predictive Policing, also die Vorhersage von Verbrechen. Die Software half der US-Armee etwa in Afghanistan und im Irak bei der Echtzeitanalyse von Gefechts- und Geheimdaten.

Auch außerhalb der USA kommt Palantir zum Einsatz: Zum Beispiel unterstützte der britische NHS das Gesundheitswesen bei der Koordination der COVID-19-Reaktion. Große Firmen wie Airbus, BMW und Merck nutzen Palantir ebenfalls.

Beispiel Deutschland: Eine eingeschränkte Nutzung

In Deutschland verwenden einzelne Bundesländer Palantir Gotham – teilweise unter eigenen Projektnamen. Hessen etwa nutzt seit 2017/2018 eine angepasste Version namens HessenDATA, um Schwerstkriminalität und Terrorismus zu bekämpfen. In Nordrhein-Westfalen läuft die Technologie unter dem Namen DAR (Datenbankübergreifende Analyse und Recherche) und hilft dabei, Tatzusammenhänge und Täter-Netzwerke zu erkennen.

Das Bayerische Landeskriminalamt schloss 2022 einen Rahmenvertrag mit Palantir für die Software VeRA (Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse) ab. Damit können alle Bundesländer und Bundesbehörden Palantir-Software beziehen, ohne erneut ausschreiben zu müssen.

Unterschiede zum Einsatz in den USA

Während Palantir in den USA breit und in vielen sensiblen Bereichen eingesetzt wird, ist die Nutzung in Deutschland durch strenge rechtliche Auflagen begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte im Februar 2023 die damals geltenden Landesgesetze in Hessen und Hamburg für verfassungswidrig.

Kritikpunkte waren, dass die Gesetze erlaubten, umfassende Profile von Personen, Gruppen und Netzwerken zu erstellen, ohne klar zwischen Verdächtigen und Unbeteiligten zu unterscheiden. Deshalb gelten bei uns strenge Auflagen: Palantir darf nur bei konkreten Gefahren oder schweren Straftaten eingesetzt werden.

Zudem wird in Deutschland betont, dass die Daten nur in Polizei-eigenen Rechenzentren gespeichert werden dürfen. Trotzdem gibt es Sorgen wegen des US CLOUD Act, der US-Behörden theoretisch Zugriff auf Daten bei US-Firmen weltweit erlaubt.

Kritiker:innen fordern mehr Transparenz und Kontrolle, um Missbrauch zu verhindern. In den USA ist der Einsatz ebenfalls umstritten – besonders, weil etwa das ICE Daten über undokumentierte Einwanderer sammelt. Palantir selbst sagt, seine Produkte nicht an China oder andere autoritäre Staaten zu verkaufen.

Palantir im kommerziellen Bereich

Oft wird übersehen, dass Palantir auch viele Firmenkunden hat. Airbus nutzt die Software etwa zur Steuerung und Optimierung von Produktion und Lieferketten. Auch bei Merck, BP, Credit Suisse oder Fiat Chrysler setzt man auf Palantir. In einem Video zeigt Ferrari, wie sie von Palantir profitieren.

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Was macht Palantir gefährlich?

Die Nutzung von Palantir-Software sorgt in Europa, vor allem in Deutschland, für viele Bedenken – rund um Datenschutz, Souveränität, Transparenz und ethische Fragen. Noch mal: Hier bewerten wir Palantir nicht persönlich, sondern weisen neutral auf mögliche Risiken hin.

1. Datenschutz und Grundrechte

Palantir verknüpft Daten aus verschiedensten Quellen – Polizei, Gesundheit, soziale Medien, Melderegister. So entstehen umfassende Profile, auch von Zeugen, Opfern oder völlig Unbeteiligten, die nur zufällig mit Verdächtigen Kontakt hatten. Datenschützer:innen warnen vor dem „gläsernen Bürger“ und einem Dammbruch in Richtung Totalüberwachung.

2. Undurchsichtige Algorithmen („Black Box“)

Die KI-Algorithmen von Palantir sind oft eine Art Blackbox: Wie genau sie Daten verarbeiten, bleibt meist verborgen. Das erschwert eine Prüfung auf Datenschutzkonformität und externe Audits. Auch Behörden bekommen selten Einblick in die Logik. Kritiker fordern daher mehr Transparenz.

3. Geopolitische Abhängigkeiten und Souveränitätsbedenken

Als US-Firma fällt Palantir unter den CLOUD Act, der US-Behörden Zugriff auf weltweit gespeicherte Daten ermöglicht. Das birgt Risiken für Geschäftsgeheimnisse und sensible Daten – und gilt als Gefahr für Europas digitale Souveränität. Frankreich und Deutschland arbeiten daher an eigenen Lösungen. Zumindest für Deutschland würde das jedoch im besten Falle noch so lange brauchen, um wohl wenigstens noch bis 2030 auf Palantir angewiesen sein zu müssen.

4. Politische Verpflechtungen und Reputationsrisiken

Mitgründer Peter Thiel ist eng mit Donald Trump verbunden und hat teils antidemokratische Ansichten. Das belastet Palantirs Image in Europa, führt zu Widerstand bei Mitarbeitenden und Kund:inneen sowie zu Boykottaufrufen. Auch die Nutzung bei der Jagd auf Einwanderer in den USA wird kritisch gesehen.

5. Potenzial für Missbrauch und „Function Creep“

Palantir könnte über seinen ursprünglichen Zweck hinaus eingesetzt werden. Was für Terrorabwehr erlaubt ist, könnte später bei Demonstrationen oder zur Überwachung von Systemkritikern genutzt werden. So genannter „Function Creep“ ist die Zweckentfremdung von Daten – und in den USA gibt es dafür bereits erste Beispiele.

6. Diskriminierung und fehlerhafte Algorithmen

KI kann systematische Verzerrungen (Bias) haben. Predictive-Policing-Systeme in den USA zeigten rassistische Tendenzen, indem sie häufiger Verbrechen in Minderheitenvierteln vorhersagten. Da Polizeiakten oft People of Color überrepräsentieren, kann das zu falschen Verdächtigungen führen.

7. Fehlende Exit-Strategien und hohe Kosten

Palantir bindet Kunden stark an sich („Vendor Lock-in“). Ein Wechsel ist teuer und schwierig, da das Unternehmen keine einfachen Datenmigrationen anbietet. Außerdem sind Lizenzen und Betriebskosten sehr hoch – meist ab 1 Million Euro pro Jahr für größere Kunden.

Fazit

Ich hoffe, du bist jetzt umfassend und objektiv über Palantir informiert. Zusammengefasst ist Palantir ein derzeit nahezu konkurrenzlos leistungsfähiges Werkzeug, das Ermittlungsbehörden bei der Bekämpfung komplexer Kriminalität helfen kann. Das Unternehmen betont immer wieder: Es erstellt oder verkauft keine Daten, sondern verknüpft nur bereits vorhandene Informationen.

Dem stehen aber fehlende Transparenz, tiefe Eingriffe in die Privatsphäre, mögliche politische Einflussnahme und die Gefahr einer technologischen Abhängigkeit gegenüber. Deshalb betrifft Palantir uns alle – besonders, wenn die eigene Regierung mit dem Unternehmen zusammenarbeitet.

Meiner Meinung nach zeigt die aktuelle Debatte, wie schwer es ist, einen Ausgleich zwischen Sicherheitsgewinn und dem Schutz unserer Bürgerrechte im digitalen Zeitalter zu finden. Jetzt würde ich gerne deine Gedanken zu Palanti hören: Siehst du vor allem die Notwendigkeit, alle verfügbaren Daten um jeden Preis für Terror- und Verbrechensbekämpfung zu nutzen? Oder bist du eher skeptisch oder sogar ängstlich gegenüber diesem Unternehmen?

Bildquellen

  • Alexander Karp: KI-generiert
  • Gotham: Palantir
  • hologate-simulationswaffe: beebuzz media
  • Palantir: KI-generiert

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