Amazon: Warum Käufer plötzlich Geld an Inkassos zahlen sollen

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Viele Amazon-Kunden erhalten aktuell Post vom Inkasso-Dienstleister. Uns liegt ein entsprechendes Schreiben vor. Darin werden Nutzer aufgefordert, ihre offenen Zahlungen schnellstmöglich zu begleichen. Wir verraten, warum Betroffene zur Eile gedrängt werden.
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Neue Amazon-Gaunerei: Wer nicht aufpasst, zahlt

Amazon entwickelt sich ständig weiter. Services werden gestrichen, andere werden ergänzt. Plötzlich läuft Werbung im Prime-Video-Abo – und wird sogar deutlich ausgeweitet. Und dann gibt es noch Dienstleistungen, die kaum jemand kennt: etwa das Teilen von Prime-Vorteilen mit anderen Konten. Kein Wunder also, wenn man mal den Überblick verliert und überrascht ist, wenn plötzlich ein Inkasso-Schreiben im Auftrag von Amazon im digitalen Briefkasten landet. Verbraucherschützer warnen vor überhasteten Maßnahmen.

Amazons Inkasso-Schreiben – Was steckt dahinter?

Wer wissen möchte, weshalb er ein Inkasso-Schreiben der EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH erhalten hat, wird enttäuscht werden. In dem dazugehörigen PDF steht nämlich lediglich, dass das Unternehmen die Interessen der Amazon Deutschland S.à r.l., Luxemburg vertritt und noch offene Rechnungsforderungen bestünden. Bereits dieser Umstand sollte die Empfänger aufhorchen lassen, denn bei dem Brief handelt es sich lediglich um Betrug – allerdings einen ziemlich überzeugenden. So wirkt das uns vorliegende Inkasso-Schreiben zumindest auf den ersten Blick sehr seriös.

Das gesamte PDF umfasst vier Blätter, inklusive Logos, Adressen, realen Namen, Unterschriften, Stempeln, Bankverbindungen und einer Rechnung samt QR-Code. Nichtsdestotrotz sollten Empfänger Ruhe bewahren und sich nicht zu unüberlegten Zahlungen verleiten lassen. Zumal sich diese immerhin in sämtlichen uns vorliegenden Fällen auf mehrere hundert Euro belaufen. Ein Pressesprecher des OLG Hamburg teilte uns auf Anfrage mit, dass derzeit vermehrt Nachrichten von Betroffenen bei unterschiedlichen Stellen eingehen. Allein in der Zentralverwaltung hätte es am Mittwoch sieben Eingänge dazu gegeben. Als Reaktion stellt das Amtsgericht unter anderem seinerseits Strafanträge.

Inkasso-Brief baut Druck auf

Die Täter haben es primär auf eine Überweisung und nicht etwa auf personenbezogene Daten abgesehen. Daher umfasst weder die E-Mail noch das PDF einen klassischen Phishing-Link. Stattdessen konfrontieren die Täter Empfänger mit einer offenen Forderung, die trotz mehrfacher schriftlicher Zahlungsaufforderungen nicht beglichen worden sei. Im Zuge dessen hätte das Amtsgericht Frankfurt am Main sogar einen Titel zur Zwangsvollstreckung erlassen. Wer nicht innerhalb von drei Werktagen die offenen Zahlungen begleicht, muss folglich mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen – die der Brief ebenfalls aufführt.

Auf einem weiteren Blatt findet sich dann eine Rechnung mitsamt aller für eine Überweisung notwendigen Banking-Informationen. Dennoch sollte man davon absehen, der Aufforderung nachzukommen. Denn obwohl es in dem Schreiben so steht, werden die Betrüger „etwaige zu Unrecht geleistete Zahlungen“ nach entsprechender Prüfung sicherlich nicht erstatten.

EOS-Inkasso-Brief im Namen von Amazon
Quelle: inside digital
EOS-Inkasso-Brief im Namen von Amazon
Quelle: inside digital
Titel zur Zwangsvollstreckung des Amtsgerichts Hamburg
Quelle: inside digital
EOS-Inkasso-Brief im Namen von Amazon
Quelle: inside digital

Woran erkennst du den Betrug?

Obwohl das Qualitätsniveau dieser Betrugsmasche das der üblichen Phishing-Mails deutlich übersteigt, finden sich dennoch zahlreiche Anzeichen, die auf einen Schwindel hindeuten. Zunächst einmal ist in dem uns vorliegenden Schreiben anfänglich vom Amtsgericht Frankfurt am Main die Rede. Der beigefügte Titel zur Zwangsvollstreckung stammte jedoch vom Amtsgericht Hamburg. Ferner fehlen sowohl die übliche 11-stellige EOS-Forderungsnummer als auch nachvollziehbare Informationen zur offenen Amazon-Forderung. Auch die aufgeführte Telefonnummer des Kundenservices ist laut Angaben der Verbraucherzentrale ungültig – obwohl wir auch pauschal nicht empfehlen, in E-Mails enthaltene Kontaktinformationen zu verwenden.

Auch einige inhaltliche Logiklücken stechen hervor. So hätte das Amtsgericht Hamburg zwar bereits einen vollstreckbaren Titel erlassen, dem Empfänger wird allerdings dennoch eine letztmalige Frist zur außerordentlichen Erledigung gesetzt. Außerdem enthält das Schreiben Namen des Empfängers und dessen Adresse, die Anrede bleibt jedoch mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ unpersönlich. Die privaten Daten stammen derweil höchstwahrscheinlich aus offen zugänglichen Internet-Verzeichnissen. Nur scheint das Tool, das diese ausliest, in unserem Fall Umlaute nicht richtig verarbeitet zu haben. Und so fehlt ein Umlaut im Namen des Empfängers komplett. Zu guter Letzt führt die zum Zwecke der Überweisung genannte IBAN (IT84Y0760115900001071253551) nach Italien. Gelder auf ausländische Konten zu überweisen, ist in solchen Fällen jedoch nicht üblich.

Unterm Strich: Betroffene sollten der Zahlungsforderung auf keinen Fall direkt nachkommen. Stadtessen empfiehlt EOS selbst, die angegebene Forderungsnummer im EOS-Serviceportal zu überprüfen. Sollte keine Forderungsnummer genannt oder diese ungültig sein, könne man das Schreiben ignorieren, wie uns ein EOS-Pressesprecher auf Anfrage mitteilte. Diese befindet sich bei offiziellen EOS-Schreiben oben rechts. Zudem können Betroffene Forderungen von Amazon auch per se außer Acht lassen. Denn Amazon ist kein Kunde von EOS.

Bildquellen

  • WhatsApp löscht Nutzerkonten: rafapress / shutterstock.com
  • Neue Amazon-Gaunerei: Wer nicht aufpasst, zahlt: Bing IC / Dall E 3

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