Ja, richtig gelesen: ChatGPT soll künftig erotische Inhalte bieten. Doch das ist weit mehr als nur ein neues Extra. Der geplante „Erotik-Modus“ steht für einen strategischen Wandel bei OpenAI. Der Chatbot soll persönlicher, emotionaler und nahbarer werden – und Erotik ist nur der auffälligste Teil dieser Entwicklung. Mit der neuen Nähe gehen allerdings auch ethische, technische und psychologische Fragen einher.
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Vom Assistenten zum Freund
Alles begann mit Feedback vieler Nutzer, die GPT-5 als distanzierter und kühler empfanden als frühere Versionen. OpenAI-Chef Sam Altman will das nun ändern – mit mehr Persönlichkeit, Emotion und Unterhaltung. Der Erotik-Modus ist das deutlichste Zeichen dieses Kurswechsels: weg vom nüchternen Helfer hin zum virtuellen Gesprächspartner, der auf Wunsch flirtet, neckt und Nähe erzeugt.
Altman erklärt das als Schritt zu mehr Nutzerfreiheit. Die bisherigen Einschränkungen hätten viele frustriert, weil ChatGPT dadurch „weniger nützlich oder unterhaltsam“ gewesen sei. Auf X schrieb er:
„In einigen Wochen planen wir die Veröffentlichung einer neuen Version von ChatGPT, die es den Nutzern ermöglicht, eine Persönlichkeit zu haben, die sich eher so verhält, wie es den Nutzern bei 40 gefallen hat (wir hoffen, dass es besser wird!). Wenn Sie möchten, dass Ihr ChatGPT sehr menschlich reagiert, viele Emojis verwendet oder sich wie ein Freund verhält, sollte ChatGPT dies tun.
Im Dezember, wenn wir die Altersbeschränkung vollständiger einführen und im Rahmen unseres Grundsatzes ‚Erwachsene Nutzer wie Erwachsene behandeln‘, werden wir noch mehr zulassen, wie z. B. Erotika für verifizierte Erwachsene.“
Zwischen Erotik und Verantwortung
Erotische Inhalte sollen also ausschließlich für „verifizierte Erwachsene“ zugänglich sein. Wie die Alterskontrolle genau funktioniert, ist noch unklar. Sicher ist nur: Der Modus wird nicht automatisch aktiviert – du musst ihn selbst einschalten, wenn du mit ChatGPT auf Tuchfühlung gehen willst.
Offen bleibt auch, wie weit die Interaktionen gehen dürfen: vom charmanten Flirt bis zu explizitem Sexting? Studien zeigen bereits, wie dünn die Grenze verläuft – fast 20 Prozent der US-Schüler hatten laut Umfragen schon eine romantische Beziehung zu einem KI-Chatbot oder kennen jemanden, der eine führt. Und ein Bug im Frühjahr 2025 ermöglichte es Minderjährigen sogar, erotische Bilder zu generieren.
OpenAI steht ohnehin in der Kritik, weil KI-Gespräche in Einzelfällen psychische Abhängigkeiten förderten. Das Unternehmen hat zwar Sicherheitsmechanismen und Expertengremien eingeführt – unabhängige Kontrollen stehen aber noch aus.
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Emotion wird zum Geschäftsmodell
Altman betont zwar, es gehe nicht um mehr Nutzungszeit, sondern um Authentizität. Doch der Schritt folgt klaren Marktmechanismen: Andere Anbieter wie Character.AI, Replika oder Grok setzen längst auf romantische oder erotische Interaktionen – und steigern so erfolgreich ihre Nutzerbindung. Grok erlaubt inzwischen sogar kostenlose Videoerstellung, inklusive eines „Spicy“-Modus.
Am Ende dürfte der neue Erotik-Modus also weniger Tabubruch als geschickter Schachzug im Konkurrenzkampf sein. OpenAI will eine „menschlichere“ KI – nimmt dabei aber in Kauf, dass echte Gefühle Teil des Geschäfts werden. Ob das Experiment gelingt und sich ChatGPT im Dezember tatsächlich von seiner sinnlichen Seite zeigt? Wir werden’s bald erfahren.