UD UNI MK Classic im Test: Elektrischer Zweiradpanzer mit Retro-Charme

9 Minuten
Ein einziger Blick reicht aus, um zu wissen, dass das UNI MK Classic von Urban Drivestyle kein gewöhnliches E-Bike ist. Wir haben uns das Elektrofahrrad mit SUV-Flair genauer angesehen und verraten, wie viel Charakter sich hinter dem extravaganten Äußeren verbirgt.
E-Bike
Urban Drivestyle UNI MK ClassicBildquelle: inside digital

Dass E-Bike nicht gleich E-Bike und Smartphone nicht gleich Smartphone ist, dürfte jedem klar sein. Produkte desselben Typs stellen aus der Vogelperspektive betrachtet dennoch oftmals einen Einheitsbrei dar. Doch manche Geräte heben sich aus ebendiesem Einheitsbrei hervor – und dazu gehört zweifelsfrei auch das Pedelec UNI MK Classic aus dem Hause Urban Drivestyle. Das Berliner E-Mobilitäts-Start-up hat sich einem robusten Vintage-Stil verschrieben, und so erinnert das UNI MK Classic optisch ein Moped aus den 80er Jahren. Ob das Äußere so ein wahres Highlight oder das genaue Gegenteil ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. In unserer Redaktion hat diese Frage für Wirbel und eine nahezu unüberwindbare Spaltung gesorgt, doch eines sei gewiss: Ein Blickfang ist das UNI MK Classic allemal – was auch die Reaktionen der Passanten im Rahmen unseres Tests bewiesen haben.

Urban Drivestyle UNI MK Classic in der Übersicht

Die E-Bikes des Typs UNI MK Classic werden von Hand gefertigt. Somit stellt jedes Modell einerseits ein Unikat dar, andererseits ist ihre Qualität besonders hoch. Alle Einzelteile erwecken einen hochwertigen Eindruck und fühlen sich auch so an – sei es der Stahlrahmen oder die Leder-Fahrradgriffe. Das bemerkt man spätestens, sobald man das Elektrofahrrad zusammenbaut. Denn obgleich es im Grunde vollständig montiert beim Verbraucher ankommt, muss man dennoch auch selbst Hand anlegen. Wobei der finale Aufbau recht unkompliziert ist.

Das Elektrofahrrad verfügt über zwei unterschiedliche Seiten, die jeweils einzeln beschrieben werden sollten. Zunächst wäre da das etwa 33 kg-schwere Fahrrad (171,5 x 71 x 110 cm), das über eine mechanische 7-Gang-Schaltung und hydraulische Scheibenbremsen verfügt. Aufgrund des Gewichts und der Breite der Reifen (20 x 4 Zoll) stellt das Fahren mit dem UNI MK Classic jedoch eine sportliche Herausforderung dar. Glücklicherweise weist das Zweirad auch eine andere Seite auf, die eines Pedelecs beziehungsweise eines E-Bikes.

Antrieb & Geschwindigkeit

Das Vintage-Fahrrad verfügt über ein sogenanntes EPAC-System (elektromotorisch unterstütze Räder). Sobald man in die Pedale tritt, greift die Tretunterstützung und ermöglicht Geschwindigkeiten von bis zu 25 km/h. Bei einem Tempo jenseits der 25 km/h-Grenze gälten Pedelecs nicht mehr als Fahrräder und müssten zumindest als Mofas behandelt werden – inklusive jeglicher rechtlichen Folgen. Im Alltag bedeutet es, dass Nutzer ab dieser Geschwindigkeitsgrenze energisch in die Pedale treten dürfen. Denn eine Unterstützung des Hilfsmotors wird nicht mehr gewährt. Mit Schrittgeschwindigkeit (bis zu 6 km/h) fährt das Fahrrad dank einer Schiebehilfe-Funktion derweil auch gänzlich ohne körperliche Unterstützung.

Leistung & Reichweite

Leistungstechnisch bietet der im UNI MK Classic verbaute Motor 250 Watt. Die Energie liefert dabei ein herausnehmbarer Akku, der je nach Ausstattung entweder 14,25 Ah (48 V, 684 Wh) oder 20,4 Ah (48 V, 979,2 Wh) aufweist. Die dazugehörigen Reichweitenwerte betragen 80 km und 100 km (Laborwerte). Allerdings können die Zahlen abhängig von Faktoren wie der Geschwindigkeit, der Fahrbahnbeschaffenheit, dem Gewicht, der Umgebungstemperatur und dem Level der Tretunterstützung stark variieren. Bei unserem Testbike handelte es sich um die leistungsstärkere Variante. Und tatsächlich hat es circa 26 bis 27 Kilometer gebraucht, bis der erste der vier Akkubalken erlosch – bei maximaler Unterstützung. Allerdings „sinkt“ die verbliebene Energie erfahrungsgemäß umso schneller, je geringer die Prozentanzeige ist. Somit dürften die 100 km im Alltag nur mit viel Glück erreicht werden können. Und auch im Vergleich zur Konkurrenz ist das nicht unbedingt viel. Dennoch ist die Reichweite für eine einzelne Fahrt mehr als ausreichend.

Pedelec
UNI MK Classic – Akku

So schlug sich das Fahrrad im Test

Urban Drivestyle gestaltete sein UNI MK Classic speziell für mehrere Personen. Und auch von Gesetzeswegen ist es in Deutschland seit 2020 erlaubt, Mitfahrer auf Fahrrädern zu befördern. Einige Voraussetzungen müssen dazu jedoch erfüllt werden. So dürfen laut der Straßenverkehrs-Ordnung (§ 21) nur Fahrer ab 16 Jahren andere Personen befördern – und auch das nur dann, wenn das Fahrrad zu ebenjenem Zweck gebaut und eingerichtet wurde. Das ist beim UNI MK Classic bis zu einer maximalen Nutzlast von 150 kg (mit Zusatzsitzverlängerung) der Fall; wobei der Komfort drastisch darunter leidet, wie unser Test gezeigt hat.

Der Komfort

Zunächst wollen wir noch auf den Sitzkomfort im Allgemeinen eingehen. Die Sitzhöhe des UNI MK Classic liegt einheitlich bei 84 cm, während die Sitzfläche deutlich breiter ausfällt, als bei einem handelsüblichen Fahrrad. Zweiteres hat unseren Tester im Alltag allerdings überhaupt nicht gestört – ersteres dafür anfänglich umso mehr. Denn aufgrund der geringen Sitzhöhe werden selbst vergleichsweise kleine Fahrer dazu gezwungen, das Gesäß in bester Harley-Davidson-Manier nach hinten zu verlagern. Und das ist im ersten Moment ziemlich gewöhnungsbedürftig. Doch nach einer Weile hat man sich daran gewöhnt und das Problem ist keines mehr.

Zumindest solange, bis man von dem nach eigenen Angaben längsten Fahrradsitz der Welt Gebrauch macht und eine zweite oder bei Kindern gar eine dritte Person dazu nimmt. Dann ist man als Fahrer gezwungen, den Allerwertesten nach vorne zu schieben – und schon kommt man sich beinahe wie ein Erwachsener auf einem Kinderrad vor. Für längere Fahrten zu zweit ist das Urban Drivestyle-Bike somit eher weniger geeignet. Wenn man jedoch allein unterwegs ist, sieht die Situation dank des E-Antriebs wiederum exakt umgekehrt aus.

Bedienung & LCD-Display

Selbst wirklich lange Ausflüge werden dank des UNI MK Classic zu einem ruhigen und angenehmen Erlebnis. Der Grund dafür liegt in der Tretunterstützung, welche über wahlweise drei, fünf oder neun Fahrstufen verfügt. Muss man auf der ersten Stufe noch sehr aktiv mitstrampeln, gleitet man auf der höchsten Stufe nahezu durch die Straßen – und das trotz des hohen Eigengewichts. An dieser Stelle sollte jedoch hervorgehoben werden, dass das Testgerät – anders als sein gleichnamiges Pendant – über eine Federgabel verfügte. Auch das eingebaute LCD-Display erwies sich im Test als ein nützlicher Begleiter. Es unterstützte den Fahrer mit Angaben wie der aktuellen Geschwindigkeit, dem Akkustand, der Uhrzeit, einer Kilometeranzeige und verfügte sogar über eine Hintergrundbeleuchtung. Große Überraschungen bot das Display dann allerdings doch wieder nicht. Zu guter Letzt sollte noch der mitgelieferte Schlüssel erwähnt werden. Damit wird der Akku „angeworfen“, doch auch im Anschluss muss der Schlüssel während der Fahrt im Zündschloss verbleiben.

Pedelec
UNI MK Classic – LCD-Display

Highlights des UNI MK Classic

Das vom Hersteller als SUV-E-Bike betitelte Fahrrad verfügt über einige interessante und nützliche Highlights. Zunächst lässt sich eine ganze Reihe an austauschbaren Erweiterungen, wie etwa eine Sitzverlängerung, ein Front-Gepäckträger oder ein Lastendeck an das Pedelec montieren. Diese kosten zwar extra (und das nicht zu knapp), verwandeln das Vintage-Fahrrad allerdings je nach Bedarf in etwa ein Lastenrad oder einen Kindertransporter.

Ein weiteres Highlight stellt derweil die sogenannte Ride UD-App dar. Über diese lässt sich nicht nur der Live-Standort des UNI MK Classic tracken, sondern auch ein Diebstahlschutz, Fahrstatistiken und ein automatisierter Notfallassistent sind im Funktionsumfang enthalten. Letzterer reagiert, wenn man bei einer Geschwindigkeit jenseits der 15 km/h stürzt und das E-Bike anschließend mehr als 60 Sekunden nicht bewegt wird. In diesem Fall informiert das System die WayGuard-Leitstelle von AXA und Rettungskräfte werden zum Unfallort geschickt.

Dieses Feature konnten wir im Rahmen unseres Tests aus praktischen Gründen nicht überprüfen – im Gegensatz zum Bewegungsalarm. Jener reagierte stets verlässlich und verschickte nahezu augenblicklich Push-Benachrichtigungen an das verbundene Smartphone. Wer die Features nutzen möchte, muss jedoch abermals Geld auf den Tisch legen. Auf der Preisliste stehen 49 Euro für ein Jahr, 99 Euro für drei Jahre und 149 Euro für fünf Jahre. Zudem benötigen Nutzer einen GPS-Tracker im Wert von 159 Euro. Dafür gibt es seitens Urban Drivestyle dann auch eine Garantie auf Wiederbeschaffung innerhalb Deutschlands. Im Falle eines Verlustes wird das Rad ersetzt, sofern dieses nachweislich korrekt abgeschlossen geparkt wurde. So lautet zumindest die Theorie. Denn der montierte Tracker und die dazugehörigen Funktionen befinden sich aktuell noch in der Beta-Phase.

Pedelec
UNI MK Classic – Bewegungsalarm

Schwächen des UNI MK Classic

Eine entscheidende Schwäche des SUV-Fahrrads haben wir bereits thematisiert: den mittelprächtigen Komfort bei einer Fahrt mit mehreren Personen. Darüber hinaus lässt sich auch die Ladezeit kritisieren. Diese beträgt laut Herstellerangaben je nach Ladegerät 4 bis 8 Stunden. Der Clou: Mitgeliefert wird lediglich ein „Standard“-Ladegerät mit einer elektrischen Stromstärke von 2 A. Derweil unterstützt das E-Fahrrad auch Schnellladegeräte mit einem Ladestrom von 3 bis 5 A.

Ein weiterer, negativer Aspekt dürfte den meisten Besitzern mobiler Elektrogeräte vertraut sein: die Abnahme der Akkuleistung. Beim UNI MK Classic soll der Energiespeicher etwa 800 bis 1.000 Ladezyklen benötigen, bis die Kapazität auf 80 Prozent des ursprünglichen Fassungsvermögens sinkt. Das ist allerdings nur dann ein Nachteil, wenn man das E-Bike nahezu täglich verwendet. Andernfalls fällt dieser Aspekt kaum ins Gewicht – insbesondere, wenn man sich vorab darüber informiert, wie man den Lithium-Ionen-Akku richtig lädt.

Fazit

Bei dem von uns getesteten Uni MK Classic handelt es sich nicht um die Basis-Variante. Unser Modell verfügte sowohl über eine Sitzverlängerung als auch über Fußrasten und einen vormontierten GPS-Tracker. Zudem war es die Federgabel- und 100-km-Variante; entsprechend hoch fällt der Kaufpreis aus. Die Basis-Version des Pedelec-SUVs kann allerdings ab 2.990 Euro erworben werden.

Unterm Strich ist das Uni MK Classic von Urban Drivestyle nichts für jedermann. Und das ist auch gut so. Denn wenn man ein E-Bike bauen möchte, das allen gefällt, dann kommt zwangsläufig ein 08/15-Rad dabei heraus. Das Uni MK Classic verfügt dagegen zweifelsfrei über das gewisse Etwas, das es zu einem reizvollen Blickfang macht. Auch die verbaute Technik muss sich nicht vor der Konkurrenz verstecken und die über die App demnächst erhältlichen Services runden das Paket ab. Diese, genauso wie das Rad selbst, legen auf der anderen Seite jedoch auch ein beachtliches Gewicht auf die Preiswaage. Das Retro-Pedelec ist sicherlich kein Schnäppchen, sondern ein teures Luxus-Transportmittel. Sobald das Uni MK Classic allerdings im eigenen Keller steht, macht es einfach nur noch Spaß, damit durch die Gegend zu düsen.

Pros des UNI MK Classic:

  • cooler Retro-Look
  • nützliche (GPS)-Funktionen
  • zahlreiche Erweiterungen zum Personalisieren

Contras des UNI MK Classic:

  • hoher Kauf-/ Servicepreis
  • Design ist Geschmackssache
  • mäßiger / gewöhnungsbedürftiger Fahrkomfort

Bildquellen

  • UNI MK Classic – Akku: inside digital
  • UNI MK Classic – LCD-Display: inside digital
  • UNI MK Classic – Bewegungsalarm: inside digital
  • Urban Drivestyle UNI MK Classic: inside digital

Jetzt weiterlesen

Ab morgen: Erste deutsche Großstadt verbannt alle E-Scooter
Schon bald werden die Straßen einer großen deutschen Stadt deutlich leerer wirken. Denn E-Scooter sind dort bereits ab morgen nicht mehr gern gesehen. Ein entsprechendes Verbot erfolgte als Reaktion auf die Ablehnung der Verleihfirmen, ihre Regelungen anzupassen.

Deine Technik. Deine Meinung.

1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild kai marchfeld

    Ich habe bereits das zweite Unimoke als Jobrad…das erste wurde nach wenigen Monaten gestohlen. Als Pendelfahrzeug zur Arbeit kommen dabei täglich ca. 40-50 KM zusammen, da ich bei passendem Wetter den Rückweg oft in einen kleinen Ausflugsumweg verwandle. An Wochenenden kommen auch mal 70 KM zusammen. Die Frontfederung bringt – im Gegensatz zur Starrgabel – erhebliche Komfortvorteile. Unsere Gegend (zwischen Alb und Schwarzwald) weist erhebliche Gefälle/Steigungen auf – bei sehr starken Anstiegen kommt der ansonsten bärenstarke Heckmotor an seine Grenzen…hier brächte ein Mittelmotor ggf. noch mehr Vorteile. Das Erstfahrzeug (damals noch mit 15Ah-Akku) hatte die Sitzbankverlängerung – mit „Sozius“ waren durchaus 40-KM-Ausflüge drin…man darf halt nicht kontaktscheu sein. Das Rad liegt auch bei schnellen Abfahrten satt und sicher auf der Strasse, es vermittelt einen sehr soliden Gesamteindruck…ich fühle mich generell wohler, wenn ich nicht allzu hoch über dem Asphalt sitze. Es ist kein „Rennrad“ zum möglichst schnellen Abspulen von möglichst vielen KM…vielmehr lädt es zum entspannten und entspannenden Cruisen ein – gerade richtig für mich. Der einzige Nachteil – vor allem jetzt im Winter: Ich habe für diese Radgrösse (20×4) noch immer keine Spike-Reifen gefunden. Beim aktuellen zweiten Fahrzeug habe ich mich für die Tiefeinsteigervariante entschieden…wenn hinten viel Gepäck oder ein Mitfahrer geladen sind, ist das Auf- und Absteigen einfacher.

    Antwort

Und was sagst du?

Bitte gib Dein Kommentar ein!
Bitte gibt deinen Namen hier ein