Bin ich handysüchtig? Mit diesen Tipps erkennst und heilst du die Krankheit

10 Minuten
Dein Handy ist nie ohne dich. Es ist dein treuester Begleiter, Tag und Nacht. Und doch stresst es dich, denn du hast Angst, etwas zu verpassen. Das kommt dir bekannt vor? Dann solltest du deine Handynutzung überdenken. Die Frage: Ist noch alles im grünen Bereich oder bist du schon handysüchtig?
Eine Frau steht im Neonlicht mit ihrem Handy in der Hand.
Handysucht erkennen und bekämpfen.Bildquelle: Julia Viniczay/Unsplash

Was bis vor ein paar Jahren lächelnd abgetan wurde, ist mittlerweile ein ernstzunehmendes Thema: Handysucht. Wenn das Handy zu Hause vergessen wurde, fühlt sich das für viele ziemlich unangenehm an; man fühlt sich gar nackt. Erst, wenn man bewusst für eine Zeit auf das Internet verzichtet, merkt man, wie stark das Gerät von einem Besitz ergriffen hat. Wirst du nervös, rast dein Herz und spürst du unterschwellig Panik? Doch bedeutet das, du jetzt schon abhängig und musst über eine Therapie nachdenken?

Handysucht erkennen

Nein – nicht jeder ist gleich handysüchtig, nur weil man häufig auf sein Smartphone schaut. An bestimmten Risikofaktoren und Symptomen lässt sich aber eine (beginnende) Abhängigkeit bestimmen. Gefährlich wird es in der Tat, wenn sich alles ums Handy dreht und das Hobby oder soziale Kontakte beeinträchtigt werden. Auch wenn der Verzicht auf das Smartphone mit dem Internetzugang und den vielen Apps schon für kurze Zeitspannen schwerfällt und der Entzug oder die Wegnahme des Smartphones zu Stress, Wut, Ärger und Frustration führt, könnte ein erhöhtes Suchtpotenzial bestehen. Sorgen machen sollte man sich auch dann, wenn sogar Kollegen, Eltern oder Freunden das Verhalten auffällt.

Auch wenn Handysucht nach wie vor durch Ermangelung an Studien nicht als Krankheit gilt, gibt es dennoch einen Fachbegriff dafür. Wissenschaftler haben mit „Nomophobie“ auch schon einen Begriff für dieses Phänomen gefunden: Nomophobie leitet sich aus „No Mobile-Phone Phobia“ ab, und bedeutet so viel wie „Kein-Handy-Angst“. Übrigens: Die WHO erkennt Online-Spielsucht seit 2019 als Krankheit an.

Smartphones als Alltagsbegleiter

Besaßen 2015 noch 46 Millionen Menschen in Deutschland ein Smartphone, waren es 2019 laut dem Statistik-Portal Statista rund 58 Millionen Bundesbürger. Tendenz steigend. Vor allem bei den 18- bis 49-Jährigen ist das Smartphone im Alltag nicht mehr wegzudenken, ermittelt die Studie. Doch der reine Besitz eines Handys macht dich noch nicht zum Dauernutzer. Gewaltige Unterschiede tun sich vor allem zwischen den Altersklassen auf. Der Knackpunkt: Soziale Medien.

Vor allem Jugendliche nutzen Instagram, Tiktok, Snapchat, WhatsApp und Co. im Dauermodus. Das bestätigt eine auch eine Studie der DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) aus dem Jahr 2018. Demnach ist die exzessive Nutzung von Social-Media-Plattformen aller 12- bis 17-Jährigen so exzessiv, dass die Studie 2,6 Prozent der Befragten als handysüchtig einstuft. Das sind in absoluten Zahlen 100.000 Jugendliche.

Durchschnittliche Handynutzung

Wie sieht ein Leben eines durchschnittlichen Handynutzers aus? Forscher der Universität Bonn werteten schon 2014 mithilfe der selbst entwickelten App „Menthal“ das Verhalten hunderttausender Nutzer aus. Die Erkenntnisse sind eindeutig: Ein durchschnittlicher Smartphone-Besitzer schaut mindestens einmal stündlich, durchschnittlich aber alle zwölf Minuten auf sein Handy.

In 53 Prozent der Fälle wird nicht nur geguckt, sondern das Smartphone auch entsperrt, so die Forscher. Meistens werden Facebook, WhatsApp und andere Messenger geöffnet. Über die digitale Kommunikation mit Freunden und Kollegen wird die Aufmerksamkeit erhalten, nach der alle streben. Drei Stunden am Tag liegt das Gerät in der Hand. Neben den Chats wird die Zeit mit Spielen, YouTube, Nachrichten und Blogs – aber immer im digitalen Bereich – vertrieben.

Was löst die Anziehung aus?

Bei jedem Sound und jeder Vibration des Smartphones möchte man direkt schauen, welche Neuigkeit es gibt, welche App sich diesmal meldet. Es könnte ja wichtig sein. Aber warum ist es verlockend, ständig nach neuen Benachrichtigungen zu sehen? Das Phänomen ist vergleichbar mit einem Aufenthalt in Las Vegas. Überall leuchtet und blinkt es. Leuchtreklamen, Lichter und Werbetafeln versprechen das große Geld, unvergessliche Erlebnisse und eine gute Zeit. Die Signalfarbe Rot zieht die Aufmerksamkeit der Menschen sofort auf sich.

Nicht zufällig erscheinen über den jeweiligen Apps und Ordnern auf dem Hauptbildschirm kleine rote Zahlen als Zeichen neuer Benachrichtigungen. Die aufpoppenden Fenster suggerieren: „Jemand denkt an dich“ oder „Du bist beliebt“. Genauso bunt, wie es in Las Vegas zugeht, spielt es sich auch im Handy-Menü ab. Ein Wunder, dass das Gehirn dieser ständigen Reizüberflutung der starken visuellen und akustischen Eindrücke trotzt.

→ Stell dich deiner Angst: Eine Woche ohne Smartphone – der Selbstversuch

Glück durch Erreichbarkeit: Der Schein trügt

Inzwischen ist wissenschaftlich bewiesen, dass der Körper bei jedem Knopfdruck oder Wisch zum Aktivieren des Displays, die Glückshormone Dopamin und Endorphine ausschüttet. Die schnelle Erreichbarkeit und positive Rückmeldung beispielsweise in den sozialen Netzwerken sorgen dafür, dass immer wieder zum Handy gegriffen wird. Der Körper erhält maximale Belohnung mit minimalem Aufwand. Ohne uns dessen bewusst zu sein, erwarten wir ein gutes Gefühl, wenn wir das Smartphone in die Hand nehmen. Ein Teufelskreis, der zur Handysucht führen kann.

Ab wann gilt man als handysüchtig?

Wann ist die Nutzung des Handys nicht mehr normal? Wann wird das Smartphone zur Sucht? Obwohl Mobiltelefone als digitale Unterstützung und Erleichterung für den Alltag konzipiert wurden, beginnen diese einige ihrer Nutzer sukzessive so stark in den Bann zu ziehen, dass sich diese kaum im Stande fühlen, ohne sie zu leben – es entwickelt sich eine Handysucht.

  • Übrigens: Allgemein liegt eine Sucht immer dann vor, wenn sich das Leben des Suchtkranken um das Suchtmittel allein dreht.

Als Richtwert für eine Handysucht kann man eine Handy- oder Smartphone-Nutzung von mehr als 60 Mal am Tag sehen. Von Handysucht betroffene Personen geraten schnell unter Stress, empfinden Wut, Ärger oder sogar Frustration, wenn sie schon eine kurze Zeit ohne das Smartphone auskommen müssen. Die Symptome der Handysucht ähneln denen der Alkohol- und Drogensucht. Die Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen sind ähnlich verheerend und keinesfalls zu unterschätzen.

Symptome und Folgen der Handysucht

Ist das Smartphone zu einem „engen Freund und Begleiter“ geworden? Muss es immer griffbereit in der Nähe liegen? Ganz gleich ob beim Essen, Arbeiten, Einkaufen, Fernsehen oder Schlafen, das Handy liegt immer an der Seite? Der letzte Blick am Abend gehört dem Gerät und der erste am nächsten Morgen auch?

Die Abhängigkeit ergreift schleichend Besitz – so, wie bei allen Suchtmitteln. Oft ahnen Handysüchtige nicht, dass der regelmäßige Internetkonsum längst zum Zwang geworden ist. Wie stark man vom Smartphone eingenommen wurde, merkt man häufig erst, wenn man bewusst auf die Nutzung verzichtet. Schon kurze Zeitspannen ohne Handy, wie zum Beispiel ein längeres Meeting oder eine plötzliche Funkstille auf einer Bahnfahrt, können so zu regelrechten Entzugserscheinungen wie starker Nervosität, Wut oder Frustration führen.

Wenn dadurch Ängste oder gar Depressionen hervorgerufen werden, ist eine Abhängigkeit vom Handy wahrscheinlich. Wenn sich alles ums Mobiltelefon dreht und man auch angenehme Tätigkeiten, wie ein Hobby oder eine Unterhaltung mit Freunden und Familie unterbricht, um aufs Display zu gucken, hat man wahrscheinlich ein Suchtproblem.

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Handysucht-Selbsttest

Denkt man an Sucht, schießen zuerst Bilder „klassische“ Drogen beziehungsweise Alkohol und Nikotin in den Kopf. Abhängig von Handys meinst du, gibt es nicht? Diese Anzeichen sollten auf jeden Fall ernst genommen und mit einer Vertrauensperson oder einem Arzt besprochen werden:

  • Es treten Angstgefühle bis hin zur depressiven Verstimmung oder Wut auf, wenn das Smartphone nicht aufzufinden oder der Akku leer ist.
  • Wurde das Handy zu Hause vergessen, sind Schweißausbrüche die Folge.
  • Der Betroffene fühlt sich aufgrund seines übertriebenen Handykonsums unwohl und hat ein schlechtes Gewissen.
  • Kinder und Erwachsene leiden unter Konzentrations- und Schlafstörungen, Vergesslichkeit, Lern- und Leistungsstörungen sowie Müdigkeit. Hinzu kommen körperliche Beschwerden aufgrund ungesunder Körperhaltung und fehlender Bewegung.
  • Der Betroffene kann sich ein Leben ohne Handy nicht mehr vorstellen.
  • Muss das Handy, etwa in der Schule oder im Flugzeug, abgestellt werden, ist starke Nervosität die Folge.
  • Auf schlechten Netzempfang folgt innere Unruhe.
  • Bei Kindern kommt es zu Problemen in der Schule.
  • Auch während des Essens oder in Gesprächen schaut der Betroffene ständig auf das Display des Handys, um ja keinen Anruf oder Nachricht zu entgehen.
  • Obwohl Betroffene ständig kommunizieren, führt ein übermäßiger Konsum zur Vernachlässigung von wichtigen täglichen Aufgaben oder des direkten sozialen Umfelds. Die Betroffenen ziehen sich immer mehr aus dem sozialen Leben zurück, sie vereinsamen und vernachlässigen Familie, Hobby und Beruf.

Handysucht bei Kindern: Was tun – was hilft

Die Gefahr für Kinder und Jugendliche einer Handysucht zu verfallen, kann jedoch bereits früh gebannt werden. Tägliche Limits und Pausen festlegen fördert den bewussten Umgang mit Smartphones. Statt das Chatten und Surfen generell zu verbieten, sollten Eltern ihrem Nachwuchs auch Alternativen aufzeigen und anbieten – etwa in Form von Ausflügen und Aktivitäten.

  • Obacht: Sein Kind zur kompletten digitalen Abstinenz zu bringen, ist oft nicht zielführend; gerade wenn Freunde und Mitschüler über Smartphones kommunizieren, drängt man seinen Nachwuchs ohne Handy schnell ins Abseits.

Wenn die Anziehungskraft der Smartphone-Welt für Kinder und Jugendliche zu unwiderstehlich ist und die Gedanken fast ausschließlich um das Gerät kreisen, können Eltern zunächst ihren Kindern ein gezieltes „Handyfasten“ nahebringen. In schweren Fällen sollte der Weg zum Therapeuten nicht gescheut werden. Etwa acht Prozent der Jugendlichen gelten als „suchtgefährdet“, darunter gilt aber nur eine Minderheit als therapiebedürftig.

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Handysucht bei Erwachsenen

Nicht nur bei Kindern und Jugendlichen, auch bei Erwachsenen muss es erst gar nicht zu einer Handysucht oder einer Internetsucht kommen. Fast jeder kennt dabei das Gefühl am Abend, den Tag über nichts geschafft zu haben. Das Gefühl entsteht, wenn einzelne Arbeitsprozesse unterbrochen und man aus den Aufgaben herausgerissen wurde. Das macht unzufrieden und stresst. Ein großer Teil dieses Stresses ist hausgemacht, etwa wenn man regelmäßig auf das Handy-Display schaut, um neue Informationen abzurufen.

Die große Frage lautet: Bin ich betroffen? Bei einer Alkohol- oder Zigarettensucht ist das klar. Die Menge ist an leeren Flaschen oder Packungen abzulesen. Doch wie verhält es sich bei einer potenziellen Handysucht, die online und digital stattfindet? Die meisten wissen gar nicht so genau, wie oft und wie lange sie ihr Handy nutzen. Nach einer kurzen Suche im Internet oder im App Store werden App-Vorschläge ausgespuckt, die Aufschluss über das Nutzerverhalten geben. Die Apps helfen auch dabei, die Nutzung zu beschränken.

Keine Scheu vor der professionellen Therapie

Neben der Möglichkeit der Selbst-Therapie bietet die Psychologie mittlerweile zahlreiche Behandlungen auch gegen die Nomophobie. Fachlich wird dabei zwischen bestimmten Typen unterschieden. Je nachdem, welchem Typ man angehört, entwickelt sich die Handysucht. Wie bei allen Suchterkrankungen gilt auch bei der Handysucht: keine Scheu vor der Therapie. Das Eingeständnis ist meist die größte Hürde.

Kleine Hilfen: Sich im Alltag vom Handy lösen

Eine anbahnende Handysucht zu besiegen, kann für einige Betroffene sehr schwer sein. Wäre es leicht, würde man wohl auch nicht alle 20 Minuten aufs Display schauen. Mit einigen Tipps kann es gelingen, das aufflammende Verlangen im Zaum zu halten. Wie diese ausschauen und wie dir mitunter sogar digital geholfen werden kann, liest du in diesem Artikel:

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Heinz Multhaup

    Mir geht das genauso

    Antwort
  2. Nutzerbild Herbert mayer

    in welchem artikel???

    Antwort

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