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Garantie, Gewährleistung, Widerrufsrecht: Wichtige Neuerungen seit 2023

8 Minuten
Sowohl die Garantie, als auch die Gewährleistung und das Widerrufsrecht verfügen über viele Sonderregeln, die nur wenige kennen. Manche Hersteller und Händler nutzen die Unwissenheit der Käufer schamlos aus. Wir verraten, wie du in jeder Situation die Oberhand behältst.
Garantie, Gewährleistung und Widerrufsrecht
Garantie, Gewährleistung und Widerrufsrecht: Lass dich nicht täuschenBildquelle: Pixabay / andibreit

Vorweg: Nein, Verkäufer können sich nicht einfach auf die Hersteller-Garantie berufen und dich unverrichteter Dinge zu Apple, Samsung und Co. schicken. Doch der Reihe nach. Wir starten mit einem ganz konkreten Beispiel: Samsung bietet seinen Kunden eine Garantiezeit von 24 Monaten auf Mobiltelefone, Tablets und Smartwatches. Bei sonstigen Wearables wie beispielsweise den neuen True-Wireless-Kopfhörern Samsung Galaxy Buds+ beträgt die Garantie hingegen nur 12 Monate. Bedeutet dies, dass nach einem Jahr Schluss ist und man – falls der schlimmste Fall eintritt – auf einem Defekt sitzen bleibt? Nein, denn neben einer Garantie existiert auch die sogenannte Gewährleistung. Zuvor muss jedoch noch geklärt werden, wieso Samsung die Garantiezeit überhaupt auf 12 anstelle der üblichen 24 Monate festlegen darf.

Garantie und Gewährleistung – das ist der entscheidende Unterschied

Eine Garantie, unabhängig davon, ob eine Händler- oder Herstellergarantie, wird stets auf freiwilliger Basis gewährt. Theoretisch wäre es also durchaus möglich, dass Hersteller und Händler gar keine Garantie auf Geräte geben. Für den Nutzer würde das einen großen Nachteil bedeuten, allerdings keinen entscheidenden. Denn anders als bei der freiwilligen Garantie ist die Gewährleistung im Gesetz verankert und kann somit nicht umgangen werden.

Der Anspruch auf eine gesetzliche Gewährleistung besteht dabei stets gegenüber dem Händler und nicht gegenüber dem Hersteller. Wenn Apple also abseits seiner zweijährigen Garantie auf die Apple Watch nur eine einjährige Garantie für andere Apple-Produkte wie iPhones gibt, besteht weiterhin ein zweijähriger Gewährleistungs-Anspruch gegenüber dem Verkäufer – beispielsweise Saturn oder Amazon.

Konkret ist der Händler dazu verpflichtet, die Ware zu reparieren oder zu ersetzen, sofern nach kurzer Zeit ein Mangel auftaucht, der nicht selbstverschuldet ist und folglich bereits beim Kauf bestand. Tatsächlich liegt die Wahl der genannten Vorgehensweisen sogar beim Kunden, allerdings kann der Verkäufer ablehnen, sofern eine Reparatur beispielsweise deutlich günstiger ist.

Falls der gleiche Defekt selbst nach zweimaliger Reparatur weiterhin auftritt oder eine vom Käufer gesetzte Frist zur Nacherfüllung überschritten ist, haben Verbraucher die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten oder eine Kaufpreisminderung zu verlangen – so war es zumindest vor 2022. Nun wurde die Zahl der Nacherfüllungsversuche auf einen herabgesetzt. Solltest du die erste Variante bevorzugen, musst du die Ware zurückgegeben. Ab 2022 gilt: Muss das mangelhafte Produkt zurückgeschickt werden, hat der Käufer einen Anspruch auf einen Vorschuss für die Transportkosten. Anschließend ist der Händler an der Reihe und muss dir die aufgewendeten Kosten erstatten. Verkäufer haben jedoch so oder so für die möglichen aufkommenden Transport-, Wege-, Arbeits- oder Materialkosten geradezustehen.

Der Haken bei der Gewährleistung

Der oben beschriebene Ablauf klingt zu gut, um wahr zu sein? Realisten und Pessimisten wissen, was das bedeutet: Es ist Zeit für ein „Aber“. In diesem Fall trägt das Aber die Bezeichnung „Beweislastumkehr“ und ist im §477 des BGB festgehalten:

„Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein von den Anforderungen nach § 434 oder § 475b abweichender Zustand der Ware, so wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar.“ Bürgerliches Gesetzbuch (§ 477)

Das bedeutet, dass zwar grundsätzlich fast immer eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren besteht, der Käufer nach einem Jahr jedoch unter Umständen beweisen muss, dass der Mangel nicht selbstverschuldet ist. Vor 2022 betrug die Frist sogar lediglich sechs Monate. Da dies in der Praxis nur mit einem Gutachten möglich wäre, kann der Händler die Reparatur oder den Umtausch der Ware verweigern. Allerdings machen große Händler nur selten von diesem Recht Gebrauch. Stattdessen reparieren sie meist die Ware, tauschen sie aus oder erstatten den Kaufpreis – aus Kulanz.

Zuvor war im Zusammenhang mit der zweijährigen, gesetzlichen Gewährleistungsfrist von „fast immer“ die Rede. Das liegt zum einen daran, dass manchmal auch eine längere Frist gegeben ist, beispielsweise beim Kauf von Baustoffen. Relevanter für die meisten Nutzer ist allerdings die Regelung bei gebrauchter Ware. Hier sind die Gewährleistungsansprüche nämlich bereits nach einem einzigen Jahr verjährt. Private Verkäufer – beispielsweise bei Ebay-Kleinanzeigen – können zudem darauf hinweisen, dass sie die gesetzliche Gewährleistung gänzlich ausschließen.

Widerrufsrecht – doch keine 14 Tage?

Abseits der Garantie und Gewährleistung hat man doch auch noch die Möglichkeit, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares „Jein“. Bei Offline-Händlern besteht bei einem Kauf im Geschäft grundsätzlich kein gesetzliches Rückgaberecht. Wenn Media Markt gekaufte Ware innerhalb einer zweiwöchigen Frist zurücknimmt, dann geschieht das freiwillig.

Bei Käufen über das World Wide Web sieht die Sache wiederum ganz anders aus. Hier gilt das sogenannte Widerrufsrecht – auch bezeichnet als Rückgaberecht oder Umtauschrecht –, das Händlern letztlich verpflichtend und ohne Angaben von Gründen eine 14-tägige Widerrufsfrist auferlegt. Diese beginnt am Tag, der auf den Tag der Warenlieferung folgt und gilt zwei Wochen lang. Heißt: Es zählen nicht nur Werktage. Innerhalb der Widerrufsfrist besteht die Möglichkeit, den Vertrag mittels einer eindeutigen Erklärung zu widerrufen – und zwar ohne Angaben von Gründen. Ergänzend zeigen sich die Händler im Online-Handel ebenfalls des Öfteren kulant und gewähren den Käufern eine verlängerte Rückgabefrist – oftmals 28 Tage.

Andererseits kommt das Widerrufsrecht nicht ohne Ausnahmen aus. Es findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Produkt beispielsweise um eine dieser Warengruppen handelt:

  • verderbliche Ware
  • Hygieneartikel
  • maßgefertigte Gegenstände (etwa Kleidung oder Möbel)
  • versiegelte Artikel, die sich nicht öffnen lassen, ohne dass das Verpackungssiegel beschädigt wird (CDs und DVDs)
  • reduzierte Ware
  • seit Mai 2022 gelten ferner zahlreiche Ausnahmen für digitale Güter wie Hörbücher

Wichtige Randnotizen zum Rückgaberecht

Das Rückgaberecht enthält einige Fallstricke, in die nicht aufgeklärte Verbraucher schnell tappen könnten. Das Umtauschrecht erstreckt sich beispielsweise lediglich auf gewerbliche Verkäufer. Solltest du ein Produkt auf eBay Kleinanzeigen erwerben, ist der Anbieter nicht zur Rücknahme verpflichtet. Ferner bedarf der Widerruf laut Gesetz einer schriftlichen Erklärung. Allerdings reicht bereits ein vorformulierter Rücksendeschein. Im Alltag gestalten größere Online-Händler den Widerruf jedoch noch leichter, sodass oftmals ein einzelner Klick genügt. Bleibt noch die Rechnung: Entgegen der allgemeinen Annahme wird diese im Rahmen des Rückgaberechts nicht zwingend benötigt. Denn der Kauf ist meistens im System vermerkt. Und auch bei einem Mangel gelten eine Kreditkartenabrechnung oder ein Kontoauszug, der die EC-Kartenzahlung belegt, als ausreichend.

Widerruf trotz beschädigter Ware?

Manchmal scheint das Universum gegen einen zu spielen. Der Vertragsschluss erfolgt, die Lieferung wird zugestellt, das Produkt begutachtet und im Eifer des Gefechts beschädigt. Wie wirkt sich diese Situation auf das Widerrufsrecht aus? Zunächst bleibt der Anspruch auf das gesetzliche Widerrufsrecht weiterhin bestehen. Allerdings wird es um ein weiteres, nicht allzu klangvolles Wort ergänzt: Wertersatz. Sofern das Produkt während der Begutachtung an Wert verliert, hat der Verbraucher Wertersatz zu leisten. Das gilt nicht nur bei direkter Beschädigung, sondern bei jeglicher Art von Wertverlust wie der Abnutzung. Du darfst also beispielsweise Kleidungsstücke anprobieren, allerdings nicht tragen.

Die einzelnen Bestimmungen beim Widerrufsrecht unterscheiden sich abhängig vom Verkäufer häufig stark voneinander. Es gelten nämlich nur die Regelungen, über die der Käufer beispielsweise in einer Widerrufsbelehrung unterrichtet wurde. Andernfalls greifen Bestimmungen wie die Wertersatzpflicht nicht. Darüber hinaus beginnt sogar die Widerrufsfrist erst, sobald der Verkäufer dem Verbraucher eine Widerrufsbelehrung zugestellt hat – unabhängig davon, ob in gedruckter oder in elektronischer Form.

Unterm Strich bedeutet das, dass du die Widerrufsbelehrungen / die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Augenschein nehmen solltest, um auf der sicheren Seite zu stehen. Zudem existieren bei besonderen Kaufverträgen wie einem Zeitungs-Abonnement einige Ausnahmeregelungen, über die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf einer gesonderten Seite informiert.

Verträge innerhalb von 14 Tagen widerrufen
Widerrufsrecht

Wer trägt die Rücksendekosten?

Der Vertrag wurde innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen und die Ware weist keinerlei Mängel auf, doch was nun? Natürlich muss der Käufer das Produkt zurücksenden, doch wer trägt die Rücksendekosten? Leider gibt es an dieser Stelle keine guten Nachrichten für Verbraucher. Sie tragen die Kosten für die Rücksendung in voller Höhe selbst. Allerdings muss dieser Punkt in der Widerrufsbelehrung beziehungsweise den allgemeinen Geschäftsbedingungen erwähnt sein.

Etwas Positives können Verbraucher dem Widerrufsrecht dennoch auch bei der Rücksendung abgewinnen: Wer beim Bestellprozess Versandkosten gezahlt hat (Standardversand), erhält diese zusätzlich zum Kaufpreis ebenfalls zurück. Dafür musst du jedoch sämtliche im Rahmen einer Sendung zugestellten Produkte wieder zurückschicken.

Sollte die Ware auf dem Postweg zurück zum Händler beschädigt werden oder verloren gehen, muss dieser den Kaufpreis dennoch zurückerstatten. Denn der Verkäufer trägt das Risiko während der Rückbeförderung. Um von dieser Regelung Gebrauch zu machen, musst du beim Versenden der Ware jedoch darauf achten, dass du diese ordnungsgemäß verpackt hast. Ansonsten können eventuelle Beschädigungen als selbstverschuldet angesehen werden.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild xprez

    „Solltest du ein Produkt auf eBay Kleinanzeigen erwerben, ist der Anbieter nicht zur Rücknahme verpflichtet.“ – Das stimmt nur, wenn es sich um einen privaten Verkäufer handelt, bei gewerblichen Verkäufern (gibt es dort auch) gilt das nicht.

    Antwort

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