Pleitewelle wegen Coronavirus: Darum ist dein Urlaub in Gefahr

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Bisher war es so einfach: Mal eben ins Reisebüro gehen, Kataloge wälzen und den nächsten Urlaub buchen. Das könnte in Zukunft schwieriger werden. Denn es droht eine enorme Pleitewelle in der Reisebranche, warnt der zuständige Dachverband.
Reise ans Meer
Bildquelle: TUI Deutschland

Entspannt am Flughafen in den Flieger steigen und ab zur nächsten Sonneninsel oder zum Wandern in die Berge jetten. So lief das bisher ab, wenn man sich für einen Urlaub irgendwo in Europa oder gar an einem interkontinentalen Ziel entschied. Doch seit rund einem halben Jahr ist alles anders. Das Coronavirus macht Urlaube beispielsweise in tropischen Zielen fast unmöglich. Und auch innerhalb Europas ist unbeschwertes Reisen derzeit kaum noch möglich.

Grund sind die vielerorts wieder stark steigenden Infektionszahlen rund um die Lungenerkrankung Covid-19. Denn auch wenn es einige Unbelehrbare nicht wahrhaben wollen: das Coronavirus ist noch lange nicht von der Bildfläche verschwunden. Und jetzt könnte es mit Blick auf langfristig geplante Urlaube sogar noch viel schlimmer kommen.

Pleitewelle bei Reisebüros befürchtet

Der Deutsche Reise Verband (DRV) befürchtet infolge der Coronakrise eine Pleitewelle in der Tourismusbranche. Das berichtet das „Handelsblatt“ unter Berufung auf eine Umfrage des Verbands unter fast 650 Unternehmen. Mehr als 60 Prozent der Reisebüros sehen sich demnach unmittelbar von der Insolvenz bedroht. Bei den Reiseveranstaltern sei es gut die Hälfte, die ihre Situation so einschätze. Knapp die Hälfte der Reisebüros habe schon Mitarbeitern entlassen müssen, ähnlich sehe es bei den Reiseveranstaltern aus.

DRV-Präsident Norbert Fiebig warnt: „Viele Unternehmen sind in ihrer Existenz bedroht und müssen kämpfen, um die Krise zu überstehen.“ Staatliche Überbrückungshilfen, die jüngst bis zum Jahresende verlängert wurden, seien deswegen auch für die gesamte Reisebranche überlebenswichtig. Kritisch sieht der DRV zudem: Bereits zugesagte Mittel seien bis heute bei einem Großteil der Reiseveranstalter und Reisebüros noch nicht angekommen. Das verschlimmere die Lage teilweise enorm.

Wie dramatisch die Lage in manchem auf den Tourismus ausgelegten Geschäft ist, belegen weitere Zahlen. Etwa 70 Prozent der befragten Reisebüros beziffern ihren Umsatz dem Vernehmen nach auf weniger als 25 Prozent des Vorjahresumsatzes. Bei den Veranstaltern sind es knapp zwei Drittel, bei denen der Umsatz auf ein ähnlich gefährliches Niveau zurückgegangen ist.

Exemplarisch sei an dieser Stelle ein Blick auf die kürzlich vorgelegten Quartalszahlen von TUI gestattet. Laut Mitteilung des Touristikkonzerns aus Hannover ging der Umsatz im Ende Juni abgeschlossenen dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres um 98,5 Prozent auf 71,8 Millionen Euro zurück. Das hatte in nur drei Monaten einen Konzernverlust in Höhe von 1,45 Milliarden Euro zur Folge.

Reiseverband kritisiert Bundesregierung

Schon am Mittwoch hatte der DRV heftige Kritik an der Bundesregierung geübt. Eine unzureichende Corona-Teststrategie bei Reiserückkehrern und eine pauschal verlängerte weltweite Reisewarnung sorge für enorme Verunsicherung bei Reisenden. „Dem politischen Zickzackkurs fehlt es an Klarheit und Verlässlichkeit“, moniert DRV-Präsident Fiebig.

Vor allem die Verlängerung der weltweiten Reisewarnung für mehr als 160 Länder außerhalb der Europäischen Union sorgt beim DRV für Verwunderung. Dies lasse einen differenzierten Blick auf ein komplexes Problem vermissen. Die Entscheidung, Reisen zu praktisch allen interkontinentalen Zielen als mit einem Risiko verbunden einzustufen, schade der Reisewirtschaft in Deutschland, Europa und weltweit.

DRV-Präsident Fiebig warnt: „Eine ökonomische Erholung der Weltwirtschaft wird ohne Reisen nicht gelingen können. Dabei geht es in der okonomischen Wirkung im Übrigen nicht nur um Urlaubsreisen. Die komplexen Auswirkungen der Reisewarnung in Kombination mit Quarantäneregelungen verhindern in großem Umfang auch Geschäftsreisen und beschädigen das Geschäft von exportierenden Unternehmen. Geschäftsreisen werden nicht zu Vergnügungszwecken unternommen; sie sind für den Wirtschaftsstandort Deutschland auch auf lange Sicht nicht verzichtbar.“

„Die Bundesregierung setzt grenzüberschreitende Geschäftsreisende und Urlauber dem Generalverdacht aus, Verursacher einer wie auch immer gearteten zweiten Welle zu sein. Das ist nicht durch Fakten gedeckt und weder fair noch sachgerecht.“ Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV)

Der DRV fordert daher unter anderem differenzierte Reisehinweise, die das Covid-Geschehen in einzelnen Staaten und in deren Regionen angemessen beurteilen. Die aktuelle Herangehensweise untersage Reiseveranstaltern, Reisebüros und vielen touristischen Dienstleistern die Berufsausübung. Zudem sei wichtig, Veränderungen bei Risikogebieten rechtzeitig zu kommunizieren. Das gebe Reisenden die Möglichkeit, durch einen ausreichenden Vorlauf sicher und ohne vorher nicht abzusehende Quarantäneregeln in die Heimat zurückzukehren.

Urlaub in Norwegen: Aus Deutschland Einreisende müssen in Quarantäne

Zur Wahrheit gehört aber auch: Nicht nur die Reisewarnungen der deutschen Bundesregierung machen es der Reisebranche schwer. Auch die Entscheidungen anderer Staaten sorgen für Probleme. Aktuelles Beispiel: Norwegen. Wer aus Deutschland, Liechtenstein und einigen Regionen in Schweden in den skandinavischen Staat reist, muss vom kommenden Wochenende an zunächst für zehn Tage in Quarantäne, entschied jetzt das norwegische Außenministerium. Eine Folge: Die Fährgesellschaft Color Line stellt ab dem 28. August den Verkehr zwischen Kiel und Oslo bis auf weiteres ein.

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