Mehrwertsteuersenkung: Darum ist Amazon der große Gewinner, nicht du

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Was für eine Überraschung am Mittwochabend: Schon ab 1. Juli sinkt die Mehrwertsteuer in Deutschland. Je nach Produkt geht sie um drei oder zwei Prozentpunkte runter. Merken wirst du das vor allem bei teuren Produkten, im Ausverkauf – und bei Amazon schätzt unser Redakteur Thorsten Neuhetzki.
Geld in Hosentasche
Bildquelle: Africa Studio/Shutterstock.com

Ich erinnere mich zurück: Anfang 2007 stieg die Mehrwertsteuer von damals 16 auf dann 19 Prozent. Es war jene Mehrwertsteuererhöhung, die im Wahlkampf zuvor ausgeschlossen worden war. Und es war ein irrsinniger Aufwand für Handel und Dienstleister, alle Verträge und Preise anzupassen. Die Folge waren entweder krumme Preise oder Preiserhöhungen über die drei Prozentpunkte hinaus.

Nun soll die Mehrwertsteuer für sechs Monate gesenkt werden. Das heißt, dass jeder Supermarkt und jeder Klamottenladen zweimal alle Preisschilder im Laden austauschen müsste. Denn nur die wenigsten arbeiten wie Media-Saturn mit digitalen Preisschildern, die binnen Sekunden umgestellt sind. Die Folge wird sein: Die wenigsten stationären Geschäfte werden dir die Mehrwertsteuersenkung weitergeben – allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Eher noch ist zu erwarten, dass Anfang 2021 die Preise steigen.

Streichpreise bei teuren Produkten zu erwarten

Anders wird es bei teuren Produkten sein: Küchenstudios, Möbelhäuser und Autohäuser werden die Mehrwertsteuersenkung nutzen, und dir mit Streichpreisen die günstigeren Preise schmackhaft machen und auf regen Absatz hoffen. Viele Preise sind ohnehin individuell kalkulierte Preise und die Preisschilder an den 30 Vorführwagen im Autohaus sind schnell ausgetauscht. Und: Der Absatz muss wieder angekurbelt werden. In Zeiten von Kündigungen und Kurzarbeit halten zu viele ihr Geld zurück.

Der große Gewinner aber wird Amazon und der Onlinehandel im Allgemeinen sein. Hier reicht in der Regel ein Knopfdruck in der Datenbank des Shops und schon sind die günstigeren Endpreise im System sichtbar. Gerade Amazon pfeift auf sogenannte Schwellenpreise wie 9,99 Euro. Hier kostet ein Artikel auch schon mal 8,71 Euro, wenn man damit günstigster im Markt sein kann. Da kommen drei weitere Prozentpunkte Absenkung gerade recht. Amazon kann sich somit nach der Schließung des stationären Handels im April ein zweites Mal die Hände reiben.

Ersparnis durch Mehrwertsteuersenkung im Alltag überschaubar

Übrigens: Jenseits von außergewöhnlichen Ausgaben wie einer neuen Küche oder einem neuen Auto sparst du dir mit der Mehrwertsteuer nur ein paar Euro monatlich. Die Miete der Wohnung unterliegt nicht der Mehrwertsteuer. Davon ausgehend, dass du im Monat 1.000 Euro ausgibst, rechnen wir einmal nach: Die Mehrwertsteuer für Lebensmittel (und einige andere Dinge wie Bahn-Fahren) sinkt um 2 Prozentpunkte und jene für andere Produkte um 3 Prozent Prozentpunkte. Würde sie bei allen Artikeln weitergegeben und würdest du im Mittel 2,5 Prozentpunkte Mehrwertsteuer einsparen, so läge deine Ersparnis im Monat bei 21 Euro. In einem halben Jahr also gerade einmal 126 Euro.

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6 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Carsten

    Diejenigen, die am wenigsten in der Tasche haben, werden am wenigsten von der Mehrwertsteuersenkung haben, am meisten die, die große Ausgaben planen, also die, die ein dickes Gehalt haben. Mittel- und Oberschicht WIE IMMER. Oder glaubt jemand, dass der Käse beim Discounter statt 1.99€ nun 1.93€ kostet?

    Dazu bekommt Frauchen, die ihre 2 kids mit ihrem Volvo XC90 zur Schule spazieren fährt, für jedes Kind 300€. Genial. Wieder die, die es am nötigsten haben.

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  2. Nutzerbild André

    Frauchen mit dem XC90 hat leider nur was davon, wenn das zu versteuernde
    Familieneinkommen <86.000€ liegt.
    Bei dem Kinderbonus sind Gutverdiener eher benachteligt. 🙂

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  3. Nutzerbild Carsten Müller

    Sehr wahrscheinlich, dass die mehr als 86k Familieneinkommen haben. Ich weiß, womit ihr Mann sein Geld verdient. 86k sind für die Peanuts.
    Aber ich denke auch mit 80k Familieneinkommen hat man es nicht unbedingt nötig.
    Wahlgeschenke… Denk dran, wenn du nächstes Jahr an der Wahlurne stehst und zeige dich dankbar 😉

    Naja, Umweltprämie wurde auch verdoppelt. Vielleicht kann sich der Geringverdiener zum Trost ein e-Auto kaufen… 😀 Oder auch wieder nur wieder Mittel- und Oberschicht? Ich erkenne da einen ganz zarten Trend.

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  4. Nutzerbild Mike

    Und jeder kleine Bäcker und Kneipen und Taxifahrer muss seine Fiskalkassen / Fiskaltaxameter 2 mal für viel Geld Umprogrammieren und Eichen lassen
    Wäre nicht ( Helikopter-Geld) sozusagen jedem Bürger pauschal 150 Euro zu schenken besser und einfacher
    Ich kapiere diese Entscheidung der Politik überhaupt nicht

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  5. Nutzerbild Rechenmeister

    Warum müssen Supermärkte jetzt alle Preisschilder umtauschen? Würde ein Werbeplakat nicht ausreichen mit der Aufschrift: „x Prozent Abzug auf y Waren an der Kasse“? Und das habe halt für sechs Monate.

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  6. Nutzerbild Wollfgang

    So wenig Aufwand wie möglich und da nn wahre es machbar. Alles andere ist Augenwischerei

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